E.on plus 5 Prozent, RWE plus 9 Prozent, Innogy plus 15 Prozent: Der Aktienmarkt hat die geplante Filetierung von Innogy durch E.on und RWE am gestrigen Montag gefeiert. Heute profitiert vor allem E.on von den neuen Details, die ans Tageslicht gekommen sind. Die E.on-Aktie steigt bis zum heutigen Mittag um weitere 5 Prozent, während RWE nicht mehr weiter zulegen kann.
Die beiden Chefs von RWE und E.on, Rolf Schmitz und Johannes Teyssen, sowie ihre beiden Finanzchefs Markus Krebber und Marc Spieker haben heute Vormittag vor Presse und Investoren zusätzliche Einblicke in die Transaktion gegeben. Der Deal ist gigantisch: Es werden Vermögenswerte mit einem mittleren zweistelligen Milliardenbetrag bewegt.
E.on-Chef spricht von „nochmaliger Transformation“
„Für E.on ist es der erste wirkliche Wachstumsschritt seit mehr als einer Dekade“, sagte E.on-Chef Teyssen heute Morgen bei der gemeinsamen Pressekonferenz. Er hält die Zerschlagung von Innogy und die Abgabe des Ökoenergie- und des Atomgeschäfts an RWE für „einen der kreativsten Gestaltungsdeals der deutsche Industriegeschichte“. Für E.on bedeute die Übernahme des Netzgeschäfts von Innogy eine „nochmalige Transformation“ des Energiekonzerns.
Eine andere Aussage Teyssens dürfte in den Reihen des Übernahmeziels Innogy aber bitter aufgenommen werden: „Vorab mit dem Management von Innogy zu sprechen, wäre nicht angemessen gewesen“, findet Teyssen.
Die Innogy-Führung hatte gestern bei der Vorstellung der Jahreszahlen einen überrumpelten Eindruck gemacht. Innogy steht zudem unter dem Eindruck des schweren Anschlags auf Finanzvorstand Bernhard Günther. RWE-Chef Schmitz richtete zu Beginn der Pressekonferenz persönliche Worte an Günthers Familie und Kollegen: „Der feige Anschlag auf Bernhard Günther hat uns alle schwer erschüttert“.
Trotz Milliardeninvestments senkt RWE den Leverage
RWE wird der Deal mindestens so stark verändern wie E.on. „Wir verkaufen eine Finanzbeteiligung und erhalten dafür eine operative Plattform. Jedes einzelne unserer Geschäftsfelder wird dadurch gestärkt“, sagte Schmitz. Sein Finanzchef Markus Krebber rechnete vor, dass allein die Umbuchung der Assets in der Bilanz enorme Folgen habe: „Unsere Nettoverschuldung in Relation zum Ebitda wird von 3,4x auf 2,5x bis 3,0x sinken.“
Der Grund dafür: Während die Erträge der 76-Prozent-Beteiligung an Innogy bislang nicht ins operative Ergebnis (Ebitda) einfließen, sondern nur in Form von Dividenden in das Finanzergebnis, wird sich allein durch die Vollkonsolidierung der neu erworbenen Geschäfte das RWE-Ebitda laut Krebber verdoppeln. „Wir haben unsere Finanzbeteiligung Innogy wie versprochen wertmaximierend eingesetzt und machen RWE finanziell sicherer“, so der CFO.
Das Übernahmeangebot an die freien Innogy-Aktionäre dürfte noch im zweiten Quartal diesen Jahres anlaufen, mit den notwendigen Kartellgenehmigungen für den Tausch der Vermögenswerte mit E.on rechnet Krebber für Mitte 2019.
E.on: Synergien kompensieren AKW-Abschaltungen
Krebber zeigte sich überzeugt, dass die Transaktion „das Investmentgrade-Rating von RWE untermauern wird“. Auch CFO-Kollege Marc Spieker von E.on erwartet für seinen Konzern keine Bonitätsverschlechterung – obwohl der Deal die ökonomische Nettoverschuldung E.ons von derzeit 19 auf 35 Milliarden Euro explodieren lassen wird: „Wir bekennen uns zu einem stabilen Triple-B-Rating.“ In Zukunft werde E.on 80 Prozent seiner Gewinne mit regulierten, risikoarmen Geschäften erzielen.
Spieker versprach den E.on-Aktionären steigende Dividenden und jährlich wiederkehrende Synergien zwischen 600 und 800 Millionen Euro ab dem Jahr 2022. „Das sind 10 bis 15 Prozent der künftigen beeinflussbaren Kosten“, so Spieker. „Und allein die Synergien werden die durch die Abschaltung unserer deutschen Atomkraftwerke wegfallenden Gewinne deutlich überkompensieren.“ Bis zu 5.000 Stellen will E.on im Zuge der Innogy-Übernahme streichen, rund 7 Prozent der gemeinsamen Beschäftigtenzahl.
RWE-Chef muss Zickzackkurs rechtfertigen
Bedeckt hielten sich Spieker und Krebber beim Thema Beraterkosten. Für E.on sind die Investmentbank Perella Weinberg, die BNP Paribas und die Kanzlei Linklaters angetreten, RWE hat die beiden US-Banken Bank of America Merrill Lynch und Citigroup sowie die Kanzlei Freshfields mandatiert. „Die Höhe der Beraterkosten wollen wir nicht offenlegen“, sagte Spieker. Krebber ergänzte lediglich, dass „das Schöne an Investmentbankern“ sei, „dass sie nur im Erfolgsfall bezahlt werden müssen“.
Trotzdem wirft der strategische Zickzackkurs beider Energiekonzerne Fragen auf. Als RWE-Chef Schmitz vollmundig behauptete, „konventionelle und erneuerbare Stromerzeugung seien zwei Seiten der gleichen Medaille, das habe ich schon immer gesagt“, erntete er die Gegenfrage, warum RWE sein Ökostromgeschäft über Innogy denn überhaupt vor zwei Jahren abgespalten habe. „Beide Geschäfte zusammenzuhalten, hätten wir uns damals finanziell nicht leisten können“, antwortete Schmitz. RWE-CFO Krebber hatte im Herbst gegenüber FINANCE-TV erklärt, dass es ohne den Innogy-Spin-off für RWE „eng geworden wäre“.
RWE-CFO Krebber zum Innogy-Spin-off
RWE-Chef „hat Dollarzeichen in den Augen“
Eine ähnlich prägende Rolle wie bei Innogy kann RWE als künftig größter Aktionär von E.on aber nicht mehr spielen, so viel wurde heute Vormittag deutlich. „RWE begrenzt sich als E.on-Aktionär auf die Rolle eines reinen Finanzinvestors“, zeigte E.on-Chef Teyssen die vereinbarten Grenzen auf. „RWE darf seine E.on-Beteiligung von dann 16,7 Prozent weder aufstocken noch an einen Wettbewerber verkaufen.“
RWE-Chef Schmitz sekundierte, dass das Investment in erster Linie auf das Kassieren regelmäßiger Dividenden ausgerichtet sei – und als Kriegskasse, falls RWE weitere Milliarden für Großinvestitionen benötigen sollte. „Als künftiger E.on-Aktionär hoffen wir ab sofort auf Kurssteigerungen. Bei mir leuchten jetzt schon die Dollarzeichen in den Augen“, so Schmitz. Ex-Wettbewerber Teyssen freute sich. Die Führung von Innogy schweigt indes weiterhin und will sich erst „zu gegebener Zeit“ zu den Plänen von RWE und E.on äußern.
„RWE darf seine E.on-Beteiligung weder aufstocken noch an einen Wettbewerber verkaufen.“