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EU will Unternehmensumbauten erleichtern

Schafft die EU ein Bürokratiemonstrum oder tragen die Reformbestrebungen aus Brüssel tatsächlich zur Erleichterung für Unternehmen bei?
sinonimas/iStock/Thinkstock/Getty Images

Die EU will klare Regeln für grenzüberschreitende Umwandlungen, Auf- und Abspaltungen von Unternehmen festlegen und zusätzlich die Verschmelzung insbesondere von Tochtergesellschaften erleichtern. Dafür arbeitet die EU-Kommission an einer umfangreichen Reform des Gesellschaftsrechts.

Ziel des sogenannten „Company Law Package“ soll unter anderem die Förderung der Mobilität kleiner und mittelgroßer Unternehmen sowie der Schutz von Gläubigern und Gesellschaftern innerhalb des EU-Wirtschaftsraums sein. Am 25. April legte die Kommission dafür einen ersten Richtlinienentwurf vor, in dem sie ihre Reformvorschläge fixiert hat.

EU-Reform schafft Rechtssicherheit

Inzwischen sind die Stärken und Schwächen dieses Entwurfs recht deutlich zu erkennen. Viele Experten haben sich zu dem Papier geäußert, die meisten von ihnen begrüßen die EU-Initiative – wie Helge-Torsten Wöhlert, Partner bei der Wirtschaftssozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek: „Grenzüberschreitende Umwandlungen und Spaltungen können künftig rechtssicher durchgeführt werden.“ Bisher gibt es noch keinen gesetzlichen Rahmen für diese Prozesse, weshalb Unternehmen bei grenzüberschreitenden Umwandlungen und Spaltungen noch sehr zurückhaltend agieren.

Durch den nun vorgelegten Reformvorschlag soll es Kapitalgesellschaften künftig möglich sein, sich in einem anderen EU-Mitgliedsstaat anzusiedeln, wobei der Firmensitz unabhängig vom Verwaltungssitz verlegt werden kann. Dies ist bisher nur auf Grundlage eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes möglich. Außerdem sollen Kapitalgesellschaften ihre Organisationsstruktur grenzüberschreitend ändern oder vereinfachen können.

Neben den neuen Regelungen soll außerdem die grenzüberschreitende Verschmelzung weiter vereinfacht werden. Anders als bei der Umwandlung und der Spaltung hat die EU hierfür bereits 2005 ein Regelwerk aufgestellt, das durch die Reform verbessert werden soll. So soll es künftig beispielsweise einfacher werden, Tochtergesellschaften miteinander zu verschmelzen. Zusätzlich sollen die bestehenden Regelungen in den Mitgliedsstaaten weiter harmonisiert werden.

Schafft die EU ein Bürokratiemonstrum?

Doch die EU-Reformideen haben ihren Preis. So droht auf Grundlage des aktuellen Entwurfs, ein Bürokratiemonstrum für die Unternehmen zu entstehen. Denn bei einer grenzüberschreitenden Umwandlung, Spaltung oder Verschmelzung müssen Unternehmen einen detaillierten Bericht erstellen, um die Auswirkungen der geplanten Maßnahmen für die Mitarbeiter darzulegen. Diese haben dann wiederum die Möglichkeit, Stellung zu den Vorhaben der Unternehmensspitze zu nehmen.

Zusätzlich müssen mittlere und größere Unternehmen ihre Pläne von einem unabhängigen Dritten prüfen lassen, der von den zuständigen Behörden entsandt wird. Ziel der EU ist es, zu verhindern, dass Unternehmen ihre Organisationsstruktur nur verändern, um durch künstliche Konstruktionen im Zielland bessere Konditionen zu erhalten, als es zuvor der Fall war. Dabei geht es um Konstruktionen, die darauf abzielen, unrechtmäßige Steuervorteile zu erlangen oder gesetzliche oder vertragliche Rechte der Arbeitnehmer, Gläubiger oder Minderheitsgesellschafter zu beschneiden. Unverständlich ist für Wöhlert allerdings, warum der Entwurf keine Regelungen zur Verhinderung künstlicher Konstruktionen für grenzüberschreitende Verschmelzungen vorsieht.

EU-Entwurf birgt noch viele Ungereimtheiten

Neben dem absehbaren bürokratischen Aufwand sieht der M&A-Anwalt noch weitere Verbesserungspunkte im aktuellen Reformentwurf. So bemängelt er, dass die EU den Anwendungsbereich der geplanten Richtlinie beschränkt hat. Beispielsweise seien grenzüberschreitende Umwandlungen, Spaltungen und Verschmelzungen nur für Kapital-, nicht aber für Personengesellschaften vorgesehen.

Insgesamt hält Wöhlert die Reformidee jedoch für gelungen: „Es wird mehr grenzüberschreitende Vorgänge geben, und das fördert den europäischen Binnenmarkt.“ Bis die neue EU-Regelungen zu grenzüberschreitenden Umwandlungen und Spaltungen in Kraft treten, wird es aber noch dauern. Wöhlert rechnet mit einer finalen Richtlinie in ein bis zwei Jahren und mit einer Überführung in nationales Recht in drei bis vier Jahren.

andreas.mehring[at]finance-magazin.de

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