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Financial Fact Book kann Verkaufspreise bei M&A-Deals erhöhen

Schlechte Informationslagen sorgen in Due Diligence-Prozessen oft für Preisabschläge, insbesondere in komplizierten M&A-Prozessen.
Thinkstock / Getty Images

Häufig verkaufen sich eigentlich attraktive Targets mit solider Marktstellung und guten Entwicklungsperspektiven in M&A-Prozessen unter Wert. Denn vielfach ist die für den Käufer notwendige Informationsbasis, um den Unternehmensstatus in der Due Diligence zu verifizieren, nicht ausreichend vorhanden. Das führt oftmals zu Kaufpreisabschlägen oder einer schwächeren Verhandlungsposition des Verkäufers. Daher empfiehlt sich für den Verkäufer ein klar strukturierter Transaktionsprozess und die Erstellung eines Financial Fact Books.

In der ersten Phase des Verkaufsprozesses werden relevante Informationen zum Unternehmen für potenzielle Interessenten überblicksartig, auf wesentliche Kennzahlen fokussiert aufbereitet und dargestellt. Üblicherweise geschieht das durch das Informationsmemorandum des engagierten M&A-Beraters.

Zur Objektivierung und bei hoher Komplexität des Zahlenwerks erfolgt parallel zur Erstellung des Informationsmemorandums die Erstellung eines Financial Fact Books. Dieses ermöglicht es, die Darstellung der Finanzdaten und die daraus abgeleiteten Analysen vorausschauend und eigeninitiativ zu steuern.

Financial Fact Books: Hilfreich bei Carve-out-Prozessen

Hilfreich ist ein Financial Fact Book auch bei einem Carve-out, wenn Teile eines Unternehmens oder einer Gruppe verkauft werden, die bisher nicht als rechtlich selbstständige Einheiten agiert haben. Hier sind eigenständige Pro-forma-Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Bilanzen zu ermitteln. Gleiches gilt, wenn sich ein Unternehmen in der jüngeren Vergangenheit stark verändert hat, beispielsweise durch den transformatorischen Verkauf eines wesentlichen Geschäftsfeldes. In solchen Fällen sind die aktuellen Zahlen und die Plandaten wirtschaftlich meist nicht mit den Vorjahren vergleichbar. Hier sorgen Als-ob-Zahlen für mehr Transparenz und Vergleichbarkeit.

Regelmäßig werden im Financial Fact Book folgende Themen diskutiert.

  1. Vergangenheitsanalyse: Den Käufer interessiert, wie sich die Umsätze nach Branchen, Kunden und Produktbereichen entwickelt haben. Gleiches gilt für die Entwicklung der Deckungsbeitragsmarge im Zeitablauf (Preis, Menge, Mix oder bestimmter Kunde). Auch ist relevant, ob gesellschafterbezogene Kosten vorhanden sind, die unter einem neuen Gesellschafter nicht mehr anfallen werden und ergebniserhöhend zu bereinigen sind. Bei der Bilanz- und Cash Flow-Darstellung müssen wesentliche Investitionen sowie die Working Capital-Entwicklung anhand von Umschlagskennzahlen etc. analysiert und erklärt werden.
  2. Aktuelle Geschäftsentwicklung und Planung: Üblicherweise werden im Financial Fact Book unterjährige Zahlen sowie eine Hochrechnung für das laufende Geschäftsjahr dargestellt. Diese Zahlen zeigen (hoffentlich) einen positiven Geschäftsverlauf. Wichtig ist, worauf etwa aktuelle Margenverbesserungen beruhen und wie der Jahresplan erreicht werden soll. Notwendige Daten sind hier die Auftragseingangszahlen im Zeitverlauf sowie die Zusammensetzung des Auftragsbestands.
  3. Ferner wünschen sich Käufer eine Erklärung, ob die Prämissen des Plans konsistent zur historischen Entwicklung und plausibel sind und ob die Konsistenz zur historischen Entwicklung belastbar dargestellt werden kann. Zudem sollte erläutert werden, ob die einzelnen Detailpläne vorhanden und aufeinander abgestimmt sind.
  4. Schließlich gilt es ggf. zu belegen, ob die vorhandene Saisonalität durch unterjährige Working Capital- und Cash Flow-Zahlen unterlegt werden kann und wie hoch ein normales Working Capital-Niveau ist. Darzulegen ist auch die Altersstruktur des Maschinenparks sowie die Zusammensetzung der kaufpreisrelevanten Fremdfinanzierung durch Kredite, Factoring, Leasing, Pensionen etc.

Das Financial Fact Book wird zunächst für den Verkäufer erstellt und später an potentielle Erwerber weitergegeben, die auf dieser Datenbasis, ergänzt um weitere Informationen in einem (virtuellen) Datenraum ihre Due Diligence durchführen.

Der Mehrwert eines Financial Fact Books besteht in einer guten Vorbereitung des M&A-Prozesses, der Reduzierung der Arbeitsbelastung des Verkäufers in der Due Diligence-Phase sowie der Minimierung von Überraschungen im Verkaufsprozess. Darüber hinaus wird der Verkaufsprozess beschleunigt. Zudem können mehrere Bieter für eine möglichst lange Zeit parallel im Verkaufsprozess gehalten werden. Und last, but not least wird dadurch üblicherweise eine Steigerung des Verkaufspreises erreicht.

redaktion[at]finance-magazin.de

Frau Martina Schaaf ist Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin und Partner bei Ebner Stolz in Stuttgart. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte sind M&A, Due Diligences, Unternehmensbewertung sowie die Prüfung und Beratung mittelständischer Unternehmen.

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