Der finnische Kranhersteller Kronecranes verkauft seine Deutschland-Tochter Stahl Cranesystems. Eine zweistellige Anzahl von deutschen und internationalen Private-Equity-Häusern ist bei der Auktion im Rennen. Das hat FINANCE von mehreren mit der Sache vertrauten Personen erfahren.
Kronecranes und die Hamburger M&A-Berater von MCF Corporate Finance haben die so genannten Info-Memoranden – Informationspakete über das Asset, geschrieben aus der Sicht des Verkäufers – in der vergangenen Woche verschickt. Bis Anfang Oktober können die Kaufinteressenten nun ihre Gebote abgeben.
Kronecranes bestätigte gegenüber FINANCE, dass ein Verkauf geplant ist und MCF Corporate Finance als Berater mandatiert wurde, aber beantwortete keine Fragen zum veranschlagten Verkaufspreis oder zur Anzahl der Bieter. MCF gab keinen Kommentar ab.
Beim M&A-Prozess um Stahl Cranesystems herrscht Zeitdruck
Neben den PE-Investoren bieten nach FINANCE-Informationen auch internationale Konzerne auf den Fördertechnik-Spezialisten aus Künzelsau in Baden-Württemberg. Als dessen besondere Stärke gilt die Produktion von explosionsgeschützter Krantechnik, die auf Öl- und Gasfeldern zum Einsatz kommt. Doch die Finanzinvestoren sind in der Auktion in der Überzahl, sagen die Insider.
Und sie sind aus zwei Gründen im Vorteil: Erstens hat Kronecranes Bedenken, einen Konkurrenten durch den Verkauf des Nischenanbieters zu stärken. Zweitens muss der Deal bis Anfang Dezember unter Dach und Fach sein, denn Kronecranes verkauft Stahl Cranesystems, um von den Behörden die Genehmigung für den Kauf von Teilen des US-Rivalen Terex zu bekommen. Kronecranes muss bei Stahl also schnell handeln, damit der übergeordnete M&A-Deal nicht gebremst wird. Finanzinvestoren bewegen sich bei Transaktionen gemeinhin schneller als Konzerne, außerdem gibt es bei ihnen in aller Regel keine Kartellprobleme, so dass auch die nötigen Freigaben für die Deals schnell eingehen.
Ebitda-Multiple für Stahl Cranesystems könnte 11x bis 14x erreichen
Stahl Cranesystems hat im Jahr 2015 einen Umsatz von 145 Millionen Euro erzielt, teilte Kronecranes im August anlässlich des geplanten Verkaufs mit. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) liege, wenn man ihn aus dem Konzernergebnis herausrechne, bei rund 30 Millionen Euro. Das würde eine Ebitda-Marge von beachtlichen 20 Prozent ergeben.
Das Unternehmen dürfte den Besitzer zu einem Ebitda-Multiple wechseln, das deutlich im zweistelligen Bereich liege, sagte einer der Insider gegenüber FINANCE. An der Börse bewegen sich Terex und Kronecranes derzeit mit einem Multiple von knapp 11x Ebitda. Für den Zukauf des deutschen Kranherstellers Demag hatte Terex 2011 sogar ein Vielfaches von 13,7x Ebitda bezahlt, wie aus Daten des Branchendienstes Dealreporter hervorgeht. Auf dieser Basis ist für Stahl Cranesystems ein Verkaufspreis zwischen 330 Millionen Euro (bei einem Multiple von 11x) und 420 Millionen Euro (bei 14x) zu erwarten.
Eine Bedingung, um den Zuschlag zu bekommen: Der Käufer des Assets muss die Finanzierung für den Deal zeitgleich mit dem Abschluss Anfang Dezember sicher haben, sagte eine der eingeweihten Personen. Diese Besonderheit sei der Tatsache geschuldet, dass Kronecranes sichergehen will, dass die Transaktion gelingt, um den 1,13 Milliarden schweren Zukauf von Terex nicht zu gefährden.
Banken geben für Stahl Cranesystems Fremdkapital von 6x Ebitda
Eine andere eingeweihte Person erklärte, dass Banken Fremdfinanzierungspakete vorbereiten, deren Volumen das sechsfache Ebitda von Stahl Cranesystems erreicht – 4x Ebitda für die Darlehen und 2x Ebitda für die Übernahme von Pensionslasten. Das bedeutet, dass ein Käufer wahrscheinlich mehr als 200 Millionen Euro Eigenkapital in die Transaktion einbringen muss.
Das verengt das Spektrum an potentiellen Käufern auf große Midmarket-Häuser wie zum Beispiel die Deutsche Beteiligungs AG, Equistone oder HG Capital. Aber auch Large-Cap-Investoren könnten zu einer Übername bereit sein, beispielsweise KKR. Das US-amerikanische Private-Equity-Haus hat bereits Erfahrung in der Kranindustrie, seit es 2006 Demag Cranes an die Börse brachte.
Häufig sind Konzernabspaltungen günstig zu haben, weil die Gewinnmargen nach jahrelanger Vernachlässigung durch den Mutterkonzern niedrig sind. Das ist bei Stahl anders. Der Investment Case ist also nicht, ein zum Abschlag gekauftes Unternehmen auf Vordermann zu bringen. Stattdessen ziehen die Bieter Add-on-Akquisitionen in der Nische der Fördertechnikhersteller für die Öl- und Gasproduktion in Erwägung, um den Wert zu steigern, erfuhr FINANCE. Die dahinterstehende Annahme sei, dass sich der Ölpreis nach zwei Jahren des Verfalls mittelfristig wieder erholt – und damit auch die Investitionsbudgets der großen Öl- und Gaskonzerne.