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First-Sensor-Verkauf: „Kein Finanzinvestor in der engeren Wahl“

First-Sensor-CFO Mathias Gollwitzer sprach mit FINANCE darüber, wie er die Übernahme durch TE Connectivity erlebt hat und wie seine weiteren Pläne aussehen.
First Sensor

Hinter First-Sensor-CFO Mathias Gollwitzer liegen ereignisreiche Tage: Der US-Schweizer Wettbewerber TE Connectivity hat gerade das offizielle Übernahmeangebot für First Sensor vorgelegt. Die bereits seit längerem als Kaufkandidat gehandelte TE Connectivity bietet den Aktionären 28,25 Euro je Aktie in bar, das entspricht einem Unternehmenswert von rund 307 Millionen Euro inklusive Nettoverschuldung und Minderheitsanteilen. Eine Mindestannahmeschwelle gibt es nicht.

Wenn die Kartellbehörden keinen Einwand erheben, kann TE Connectivity sich die Mehrheit an First Sensor einverleiben. Der Ankerinvestor Deutsche Private Equity will seine 40 Prozent der Anteile andienen, ebenso die mit 13 Prozent an First Sensor beteiligte Teslin Capital Management. Insgesamt hat sich TE Connectivity bereits 67 Prozent der ausstehenden Aktien gesichert. Bei der Auswahl des Käufers hat Großaktionär DPE dem Management große Freiheiten gewährt, verrät Finanzchef Mathias Gollwitzer im CFO-Interview mit FINANCE:

Bereits seit vergangenem Herbst kursierten Gerüchte, dass die Deutsche Private Equity ihren 40-prozentigen Anteil an First Sensor zum Verkauf stellen würde. Wie weit waren Sie als First-Sensor-Management in diesen Prozess eingebunden?

Der Ankeraktionär hat uns da große Freiheiten gelassen. Wir haben ein sehr gutes Arbeits- und Vertrauensverhältnis. So durften wir beispielsweise die Bank auswählen, die uns im Prozess begleiten sollte, und entschieden uns für Goldman Sachs. Auch bei der Auswahl der Kaufinteressenten durften wir stark mitsprechen, was nicht selbstverständlich war.

Wie haben Sie dieses Mitspracherecht genutzt?

Wir haben offen geäußert, wenn wir bei einigen Interessenten den Eindruck hatten, dass es beispielsweise kulturell mit einer Zusammenarbeit nicht so passen könnte. Am Ende war kein Finanzinvestor in der engeren Wahl. Unser Fokus lag klar auf strategischen Käufern.

Mit wie vielen Kaufinteressenten haben Sie in den zurückliegenden Wochen gesprochen?

Das Memorandum ging an einige Dutzend potentieller Käufer, im Februar hatten wir Meetings mit mehreren Interessenten, danach verengte sich die Auswahl immer mehr. Zuletzt waren wir mit weniger als zehn potentiellen Käufern in ernsthaften Verhandlungen. Wir haben bei den aussichtsreichsten Kandidaten auch Treffen mit Mitgliedern der zweiten Managementebene arrangiert. Deren Feedback ist stark in unsere Empfehlung eingeflossen.

FINANCE-Köpfe

Dr. Mathias Gollwitzer, First Sensor AG

Nach seiner Promotion an der Universität Erlangen-Nürnberg startet Mathias Gollwitzer seine berufliche Laufbahn bei dem Luft- und Raumfahrtkonzern Deutsche Aerospace in München. Ab 1995 arbeitet er bei der Ulmer Telefunken Systemtechnik. 2002 wechselt er zum heutigen Daimler-Konzern, wo er zunächst die kaufmännische Leitung der Konzernforschung übernimmt. Später verantwortet Gollwitzer unter anderem das Konzerncontrolling und führt als CFO ausländische Tochtergesellschaften.

2012 wechselt er zu dem Energiekonzern ENBW, wo er neben dem Konzerncontrolling das Transformationsprogramm des Energieunternehmens leitet. Im August 2015 wird Mathias Gollwitzer CFO des Berliner Sensorikspezialisten First Sensor. Im Juni 2016 übernimmt Gollwitzer vorübergehend das Amt des CEO, da Vorstandschef Martin Schefter seinen Vertrag nicht verlängert. Im Zuge der Übernahmegespräche mit dem Schweizer Strategen TE Connectivity kündigt Gollwitzer im Juni 2019 an, nach Abschluss des Unternehmensverkaufs Mitte 2020 First Sensor verlassen zu wollen. Im März 2020 verlässt er dann First Sensor.

zum Profil

Mit der Übernahme rutscht First Sensor unter den Mantel eines sehr viel größeren Wettbewerbers: TE Connectivity erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von umgerechnet etwa 12,5 Milliarden Euro, First Sensor setzte zuletzt rund 155 Millionen Euro um. Wäre First Sensor alleine zu klein, um am Markt zu bestehen?

Wir können in der Kombination mit TE sicherlich deutlich schneller deutlich weiter kommen. Von unserer Seite waren wir schon länger an einer Zusammenarbeit mit TE interessiert, in der Vergangenheit gab es bereits Gespräche über einen Distributionsvertrag, um TE-Produkte in Deutschland zu vertreiben. Das erschien uns schon damals passend, jetzt findet beides zusammen. TE hat ähnliche Produkte und bespielt ähnliche Märkte. Dadurch fanden die Verantwortlichen beider Unternehmen schnell Zugang zueinander, wir hatten eine gemeinsame Gesprächsebene.

Was macht First Sensor für TE interessant?

Technologisch kann First Sensor das Know-how insbesondere bei der bildgebenden Sensorik einbringen, bei der Drucksensorik sind wir im hohen Maße komplementär aufgestellt. Und auch regional ist die Kooperation interessant: TE ist in Europa bislang weniger präsent, der Fokus liegt stark auf den USA und Asien. First Sensor soll ein Türöffner für den europäischen Markt sein.

Für Sie wird die Transaktion auch persönlich eine Zäsur sein: Sie wollen Ihren Posten nach dem Abschluss der Übernahme, der spätestens Mitte 2020 erwartet wird, zur Verfügung stellen.

Zunächst einmal hat die Transaktion noch oberste Priorität für mich. Aber der Zeitpunkt des Abschlusses scheint mir gut geeignet, einen Schlussstrich unter meine Zeit bei First Sensor zu ziehen. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich die CFO-Rolle mit der Übernahme durch TE perspektivisch verändern wird und ohnehin neu definiert werden muss. Zudem waren die zurückliegenden Übernahmeverhandlungen eine sehr intensive Zeit. Wenn wir diese zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht haben, möchte ich mir eine kleine Auszeit gönnen, bevor ich eine neue Aufgabe angehe.

Info

Mehr zum Werdegang des First-Sensor-CFOs lesen Sie im FINANCE-Köpfe-Steckbrief zu Mathias Gollwitzer. Weitere Gespräche mit Finanzvorständen über Themen, die sie aktuell bewegen, lesen Sie auf unserer Themenseite CFO-Interviews.