Happy End im zweiten Anlauf? Die Fusion von Sunrise und UPC Schweiz findet jetzt wohl doch noch statt – wenn auch unter anderen Bedingungen. Wie der US-Kabelkonzern Liberty Global bekannt gab, will das Unternehmen den zweitgrößten Schweizer Mobilfunkbetreiber Sunrise vollständig übernehmen und mit seiner TV-Kabelnetztochter UPC Schweiz zusammenlegen.
Dafür bietet Liberty Global den Sunrise-Aktionären 110 Schweizer Franken je Aktie. Das entspreche einem Aufschlag von 32 Prozent gegenüber dem volumengewichteten Durchschnittkurs der vergangenen 60 Börsentage. Insgesamt wird der Mobilfunkanbieter im Rahmen der Transaktion mit 6,8 Milliarden Schweizer Franken (umgerechnet 6,3 Milliarden Euro) bewertet.
Liberty Global zufolge entspricht dies einem Multiple von 10x auf das für 2020 erwartete operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von Sunrise. Rechne man die erwarteten Synergien der Transaktion über 3,1 Milliarden Schweizer Franken ein, sinke das Ebitda-Multiple auf 7,5x, erklärten die Amerikaner. Die Übernahme will das US-Unternehmen etwa zur Hälfte (3,5 Milliarden Franken) aus dem Cash bezahlen. Für die verbleibenden 3,2 Milliarden Franken setzt Liberty auf eine nicht näher genannte Finanzierungslösung.
Freenet will mit Sunrise-Erlös Schulden tilgen
Die Mindestannahmeschwelle für die Offerte liegt bei 66,6 Prozent. Die Chancen, dass genug Aktionäre zuschlagen, stehen nicht schlecht: So hat Sunrise-Großaktionär Freenet bereits mitgeteilt, dass man den Anteil von 24 Prozent komplett andienen werde. Freenet würde damit rund 1,2 Milliarden Franken (1,1 Milliarden Euro) erlösen. Freenet-CEO Christoph Vilanek begrüßte den Deal.
Gegenüber FINANCE erklärte er, dass das Unternehmen mit einem Großteil des Geldes den Schuldenabbau vorantreiben werde. Etwa 800 Millionen Euro sollen in die Rückführung fließen. Freenet muss im Oktober dieses Jahres und im kommenden März Schuldscheine im Wert von 700 Millionen Euro zurückzahlen. Um mögliche Refinanzierungsrisiken aufgrund des Coronavirus zu minimieren, hatte CFO Ingo Arnold Anfang Mai noch die Dividende von 1,65 Euro je Anteilsschein auf 4 Cent je Aktie eingedampft.
Teile des Restbetrags über 400 Millionen Euro könnten an die Freenet-Aktionäre ausgeschüttet werden: Auf Spekulationen über eine mögliche Sonderdividende angesprochen, ließ er wissen, dass er grundsätzlich eher ein Aktienrückkaufprogramm favorisiere. Vilanek kündigte an, auf der Roadshow in den nächsten Tagen mit Aktionären und Analysten in den Dialog treten zu wollen.
Freenet war zuerst gegen Fusion
Noch im Oktober 2019 hatte Vilanek gemeinsam mit Freenet-Finanzvorstand Ingo Arnold ein Zusammengehen von Sunrise und UPC Schweiz torpediert. Damals trat allerdings noch Sunrise als potenzieller Käufer auf, der 6,3 Milliarden Franken für UPC Schweiz auf den Tisch legen wollte.
Freenet sträubte sich damals gegen die Übernahme: Das Telekomunternehmen aus Büdelsdorf in Schleswig-Holstein bemängelte den vermeintlich zu hohen Kaufpreis und die mit 2,8 Milliarden Franken umfangreiche Kapitalerhöhung, mit der Sunrise den M&A-Deal finanzieren wollte. Für Freenet hätte die Kapitalerhöhung eine Verwässerung ihrer Anteile bedeutet. Auch der aktivistische Investor AOC lehnte den Deal damals ab. Im Oktober begrub Sunrise die Übernahmepläne schließlich und zahlte eine Break-up-Fee von rund 120 Millionen Franken, wie später bekannt wurde.
FINANCE-Köpfe
Deal soll noch 2020 über die Bühne gehen
Nun dürfte es also umgekehrt kommen. Die angestrebte Übernahme von Sunrise durch Liberty Global soll bis Ende des Jahres in trockenen Tüchern sein. Die Vorzeichen, dass der Deal dieses Mal durch geht, stehen diesmal deutlich besser: Der Verwaltungsrat von Sunrise empfiehlt einstimmig die Annahme des Angebots von Liberty Global, wie die Schweizer in einer Mitteilung schreiben.
Zwar unterliegt der Deal noch den üblichen Freigaben der Schweizer Behörden. Allerdings rechnen die Deal-Parteien hier nicht mit Widerstand: Der Deal sei im Prinzip derselbe wie letztes Jahr, zitiert die „Neue Zürcher Zeitung“ den Sunrise-Verwaltungsratspräsident Thomas Meyer. Damals hatte die eidgenössischen Wettbewerbskommission (Weko) den Deal ohne Auflagen und Bedingungen genehmigt.
martin.barwitzki[at]finance-magazin.de
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Mehr Infos zur Vita des Freenet-CFOs bietet das FINANCE-Köpfe-Profil von Ingo Arnold.
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