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Fresenius interessiert sich für US-Generikahersteller Akorn

Fresenius-Chef Stephan Sturm will weiter zukaufen. Über seine Sparte Kabi führt der Dax-Konzern fortgeschrittene M&A-Gespräche mit dem US-Generikahersteller Akorn.
Fresenius

Der Gesundheitskonzern Fresenius steht offenbar kurz davor, seine ambitionierte Einkaufstour fortzusetzen. Wie der Dax-Konzern aus dem hessischen Bad Homburg bestätigte, ist die Tochter Kabi in „fortgeschrittenen Gesprächen“ über einen möglichen Erwerb des US-amerikanischen Spezialgenerikaproduzenten Akorn, der an der US-Börse Nasdaq notiert ist.

Noch  könne aber keine Gewähr dafür abgegeben werden, ob und zu welchen Konditionen der M&A-Deal zustande kommt, schreibt Fresenius. Der Fresenius-Vorstand und -Aufsichtrat sowie das Management von Akorn müssen einem Zusammenschluss noch zustimmen.

Fresenius-Interesse treibt Aktienkurs von Akorn in die Höhe

Gelingt der Deal, wovon viele Analysten in einer ersten Reaktion ausgehen, würde Akorn  für den ehemaligen CFO Stephan Sturm die zweite große Milliarden-Übernahme werden, seit er im Juli vergangenen Jahres zum Konzernchef aufgestiegen ist. Im September 2016 hatte Fresenius die 5,8 Milliarden Euro schwere Übernahme des spanischen Klinikbetreibers Quirónsalud angekündigt.

In ähnlichen Dimensionen dürfte sich auch der potentielle Zukauf von Akorn abspielen. Nach einem starken Kursanstieg um 18 Prozent am Freitag ist Akorn an der Börse über 4 Milliarden US-Dollar (umgerechnet 3,8 Milliarden Euro) wert. Inklusive der Nettoverschuldung errechnet sich ein Unternehmenswert von deutlich über 4,6 Milliarden Dollar. Möglicherweise muss Fresenius darauf noch eine Prämie bieten, so dass eine Einigung den Bad Homburger Dax-Konzern bis zu 5 Milliarden Dollar kosten könnte.

Fresenius wird für Akorn mindestens 12x Ebitda bezahlen müssen

Akorn ist auf die Herstellung spezieller Nachahmer-Medikamente (Generika) spezialisiert und hat 2016 etwas mehr 1,1 Milliarden Dollar umgesetzt. Der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) erreichte 509 Millionen Dollar. Für das laufende Jahr ist jedoch mit einem deutlichen Rückgang des Ebitda zu rechnen. Akorn prognostiziert eine recht weite Spanne, deren Mittelwert bei 382 Millionen Dollar liegt. Bei einem Preis von 5 Milliarden Dollar würde Fresenius Akorn also mit rund 13x Ebitda bewerten, was im Branchenvergleich nicht übermäßig viel wäre.

Allerdings handelt es sich bei Akorn um kein problemfreies Unternehmen. Das Geschäft ist fast komplett auf die USA ausgerichtet, wo derzeit eine hohe Unsicherheit bezüglich der weiteren Ausrichtung der Gesundheitspolitik herrscht. Zudem kämpft Akorn schon seit Jahren mit Bilanzierungsproblemen, die dem Unternehmen auch schon einige Klagen eingebracht haben.

Ebenfalls riskant ist, dass einige Akorn-Produkte schon so alt sind, dass sie nicht mehr über moderne Genehmigungen der zuständigen Gesundheitsbehörden verfügen. Deren Vertrieb ist zwar trotzdem zulässig, das Risiko von Interventionen durch staatliche Stellen ist aber überdurchschnittlich hoch, da ein gewisser Druck herrscht, ältere Produkte nachzulizensieren.

Fresenius-Chef Sturm könnte erneut voll auf Fremdkapital setzen

Andererseits könnte ein Erwerb Akorns Fresenius strategisch weit voranbringen. Derzeit ist das US-Geschäft der Generika-Tochter Fresenius Kabi noch ausschließlich auf die Produktionen von Generika-Medikamenten konzentriert, die injiziert werden. Seit Jahren profitiert Kabi von Produktionsproblemen der Konkurrenz. Es wird aber weithin angenommen, dass der Rückenwind in den nächsten Jahren nachlassen wird. Daher will Sturm die Geschäftsbasis von Fresenius Kabi in den USA verbreitern. Die Akorn-Produkte würden dies ermöglichen und damit das Risiko breiter diversifizieren.

Auch finanzmathematisch hätte ein Akorn-Kauf Vorzüge, da Fresenius auch diesen Erwerb aller Voraussicht nach ausschließlich oder zumindest überwiegend mit Fremdkapital finanzieren würde, das sich der Konzern sehr günstig am Bondmarkt beschaffen kann. Die Analysten der Berenberg Bank schätzen, dass eine Übernahme für Fresenius dadurch sofort wertsteigernd wirken würde. Und obwohl bereits der Kauf von Quirónsalud fremdfinanziert wurde, würde die Nettoverschuldung am Ende dieses Jahres nach Berenberg-Schätzungen nur auf 3,0 bis 3,2x Ebitda ansteigen – ein Ausmaß, das Fresenius auch in der Vergangenheit schon problemlos bewältigt hatte.

Allerdings wird eine reine Fremdfinanzierung unwahrscheinlicher, je höher der Kaufpreis steigt. Das Bankhaus Lampe etwa warnt, dass Fresenius sogar gezwungen sein könnte, bis zu 5,7 Milliarden Dollar zu bieten, um den Zuschlag zu erhalten. Auf diesem Niveau läge das Bewertungs-Multiple für Akorn auf Industrie-Durchschnitt. Um dann den Leverage nicht zu sehr über 3x Ebitda ansteigen zu lassen, wäre wohl zumindest eine Kapitalerhöhung ohne Bezugsrecht nötig. 

Fresenius will auch aus eigener Kraft deutlich wachsen

Sturm bliebe mit einem erneuten M&A-Deal seiner aggressiven Expansionsstrategie treu. Der frühere Investmentbanker ist seit 2005 Vorstand bei Fresenius und hat seitdem zahlreiche Milliarden-Deals eingefädelt. Dafür wurde er von FINANCE im Jahr 2014 zum „CFO des Jahres“ gekürt.

Doch nicht nur durch Übernahmen will Fresenius wachsen. Laut früheren Angaben will der Gesundheitskonzern seinen Umsatz bis 2020 von zuletzt 29 auf bis zu 47 Milliarden Euro nach oben treiben. Zukäufe sind dabei noch nicht einberechnet.

jakob.eich[at]finance-magazin.de

Info

Seit 2005 ist Stephan Sturm für Fresenius tätig und hat zahlreiche M&A-Deals eingefädelt. Was die Highlights seiner Zeit waren und was er vorher gemacht hat, können Sie auf dem FINANCE-Köpfe-Profil von Stephan Sturm nachlesen.

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