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Fresenius und Akorn ab heute vor Gericht

Fresenius und Akorn stehen sich nun vor Gericht gegenüber. Der Ausgang des Verfahrens ist ungewiss und für die Bad Homburger steht viel auf dem Spiel.
Fresenius

Für Fresenius wird es ernst: Der Dax-Konzern befindet sich seit dem heutigen Montag offiziell im Rechtsstreit mit dem US-Generikahersteller Akorn – dem Unternehmen, das Fresenius im Zuge eines 4,75 Milliarden Dollar schweren Deals eigentlich übernehmen wollte. Mit dem Zukauf sollte die auf Infusionsprodukte und klinische Ernährung spezialisierte Sparte Kabi gestärkt werden.

Fresenius-Chef Stephan Sturm hatte den zweitgrößten M&A-Deal der Unternehmensgeschichte jedoch platzen lassen, nachdem seine Leute behaupteten, bei Akorn schwerwiegende Verstöße gegen die Regeln der US-Gesundheitsbehörde FDA gefunden zu haben. Es geht um mögliche Gesetzesverstöße im Umgang mit Daten sowie in der Produktentwicklung.

Akorn bestreitet das und pocht auf die Einhaltung der Übernahmevereinbarung. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Der Wirbel um die vermeintlichen Gesetzesbrüche sowie eine schwache operative Geschäftsentwicklung haben die Akorn-Aktie auf 18 Dollar einbrechen lassen. Fresenius hat mit 34 Dollar fast das Doppelte geboten. Nun soll der Court of Chancery im US-Bundesstaat Delaware über den Fall entscheiden. Mit einem Richterspruch ist im nächsten Jahr zu rechnen.

Drei schlechte Szenarien für Fresenius

Bei dem Gerichtsprozess steht für Fresenius viel auf dem Spiel. Es stehen drei  mögliche Szenarien im Raum, für Fresenius ist eines schlechter als das andere.

Szenario eins wäre noch das Beste für Fresenius-Chef Sturm und seine neue Finanzchefin Rachel Empey: Das Gericht gibt Fresenius Recht, und der Konzern darf den Akorn-Deal kippen. Dann blieben unter dem Strich für Fresenius lediglich ein spürbarer, aber nicht irreparabler Reputationsschaden sowie umsonst gezahlte Beratermandate in zweistelliger Millionenhöhe hängen.

Szenario zwei: Die Richter beurteilen die Fresenius-Vorwürfe nicht als schwerwiegend und verpflichten die Deutschen zum Vollzug der Übernahme. Dann müsste Fresenius fast 5 Milliarden Dollar für eine Firma zahlen, die der Konzern selbst öffentlich demontiert hat. Der Wertverlust, den Akorn seit dem Signing der Transaktion erlitten hat, ist so gravierend wie offensichtlich. Es wäre davon auszugehen, dass Fresenius in diesem Fall sehr rasch wahrscheinlich den Goodwill von Akorn wertberichtigen müsste. Die Höhe der Abschreibung könnte mehrere Milliarden Dollar erreichen.

Szenario drei: Unter dem Druck des Prozesses einigen sich die beiden Parteien auf neue Parameter des Deals, mit denen beide leben könnten. Ein reduzierter Kaufpreis könnte Fresenius Wertberichtigungen ersparen. Vielleicht könnten sich auf lange Sicht sogar noch die strategischen Vorteile entfalten, die sich Fresenius ursprünglich von der Zusammenführung seiner US-Kabi-Aktivitäten mit Akorn versprochen hatte.

Außerdem könnte Finanzchefin Empey das M&A-Budget dann wieder freigeben. Derzeit sind Fresenius für größere Deals die Hände gebunden, da Empey die 4,3 Milliarden Dollar vorhalten muss, die Fresenius im Fall einer Prozessniederlage als direkten Kaufpreis an die Akorn-Aktionäre bezahlen müsste.  

Fresenius vor turbulenter Unternehmensphase

In jedem Fall steht Fresenius eine turbulente Zeit bevor. Der Ausgang des Gerichtsverfahrens ist unabsehbar, und die Investoren werden jede neue Wendung rund um den Prozess genau unter die Lupe nehmen, um daraus Schlüsse für ihr Anlageverhalten zu ziehen. Schon jetzt ist die Fresenius-Aktie überdurchschnittlich volatil, sie hat sich seit der Ankündigung der Akorn-Übernahme auch deutlich schlechter als der Dax entwickelt.

Die Blicke werden sich auch auf den Aktienkurs von Akorn richten. Dessen Entwicklung gibt womöglich Hinweise auf den Verlauf des Verfahrens, denn mit der Akorn-Aktie können Investoren wesentlich besser auf den Ausgang des Milliardenverfahrens wetten als mit dem Fresenius-Papier.

Zuletzt ist der Akorn-Kurs wieder kräftig gestiegen, von 11 Dollar Anfang Mai auf 18 Dollar aktuell. Das ist aus Sicht von Fresenius noch nicht besorgniserregend. Aber sollte sich dieser Aufwärtstrend fortsetzen, könnte sich bei den Investoren die Sichtweise durchsetzen, dass Fresenius auf eine Prozessniederlage zusteuert.  

andreas.mehring[at]finance-magazin.de

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