Der Energieversorger Innogy muss seine verlustreiche Tochter Npower vorerst behalten. Wie die Essener mitteilten, ist die geplante Zusammenlegung des britischen Vertriebsgeschäfts mit dem Wettbewerber SSE geplatzt. Man habe keine einvernehmliche Lösung über die notwendigen direkten und indirekten Finanzierungsbeträge gefunden, heißt es von Innogy.
„Wir haben intensiv mit SSE über Anpassungen der im November 2017 bekannt gegebenen Transaktion verhandelt. Leider konnten wir keine Einigung erzielen, die für beide Seiten akzeptabel war“, erklärte Innogy-Vertriebsvorstand Martin Herrmann. Die Innogy-Aktie verlor vorbörslich etwa 3,5 Prozent, hat sich aber inzwischen wieder erholt.
Den Deal hatte der ehemalige Innogy-Chef Peter Terium auf den Weg gebracht, der zuvor lange Zeit vergeblich versucht hatte, Npower aus der Krise zu führen. Der Konzern wolle nun „alternative Handlungsoptionen“ für die britische Tochter prüfen.
Innogy veröffentlicht Gewinnwarnung
Vorerst muss Innogy die britischen Vertriebsaktivitäten jedoch behalten – und das dürfte den Essenern gar nicht passen. Denn der Konzern um CFO Bernhard Günther hatte Npower bereits als nicht fortgeführte Aktivität in der Bilanz ausgewiesen. Nun muss die defizitäre Tochter wieder mit einbezogen werden, was eine Gewinnwarnung nach sich zieht.
Innogy erwartet für das laufende Jahr jetzt nur noch ein bereinigtes Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von rund 2,6 Milliarden Euro sowie ein bereinigtes Nettoergebnis von über 1 Milliarden Euro. Zuvor hatten diese Werte 100 Millionen Euro höher gelegen. Der Vorstand kündigte zudem für das kommende Jahr Belastungen in Höhe von 250 Millionen Euro an.
Für die Innogy-Aktionäre, allen voran für die frühere Mutter und Großaktionärin RWE, ist das eine bittere Nachricht. Denn die Dividende dürfte damit deutlich geringer ausfallen als im vergangenen Jahr – falls Innogy die Ausschüttungsquote von 70 bis 80 Prozent des Nettoergebnisses beibehält.
Innogy und SSE konnten sich nicht einigen
Dass die Npower-Transaktion wackelt, zeichnete sich bereits im November ab: Damals teilten Innogy und SSE mit, es seien Anpassungen am bereits ausgehandelten Deal nötig. Dabei ging es unter anderem um Finanzierungsfragen. Als Grund nannten die beiden Versorger das schlechtere Marktumfeld in Großbritannien.
Außerdem hätte die ab dem kommenden Jahr geltende Obergrenze für Energiepreise in Großbritannien „erhebliche Auswirkungen auf den Ausblick der fusionierten Gesellschaft“. Grundsätzlich wollten beide Parteien damals aber an dem Joint Venture festhalten, Innogy zeigte sich durchaus optimistisch, dass der Deal noch gelingt.
SSE nicht mehr von Joint Venture überzeugt
Nun kam es anders. Offenbar glaubt vor allem das Management von SSE nicht mehr, dass der ursprüngliche Plan im Interesse des Unternehmens ist. Dieser sah vor, dass das Joint Venture in London an die Börse gebracht werden sollte. Innogy sollte an dem neuen Unternehmen rund 34 Prozent halten, SSE knapp 66 Prozent. SSE plante, diesen Anteil an die eigenen Aktionäre weiterzugeben.
Wie SSE am heutigen Montag mitteilte, sei man nicht mehr davon überzeugt, dass das neue Unternehmen in der Lage wäre, im Premium-Segment der Londoner Börse zu bestehen. Die Veränderungen am britischen Energiemarkt träfen das Joint Venture genau in der Phase, wo der Großteil der Integrationskosten anfalle. SSE strebe daher nun einen alleinigen Demerger des Vertriebsgeschäfts mit anschließendem Listing oder einen Verkauf an. Die Briten betonten, dass die eigenen Aktivitäten auch in den kommenden beiden Geschäftsjahren profitabel und cashflow-positiv seien werden.
E.on gibt sich nach dem geplatzten Deal gelassen
Wie es nun für die Innogy-Tochter Npower weitergeht, ist unklar. Verkompliziert werden die Pläne für das Innogy-Management zusätzlich dadurch, dass das Unternehmen selbst bis Ende kommenden Jahres zerschlagen werden soll. RWE nimmt das Ökostromgeschäft von Innogy zurück, Wettbewerber E.on übernimmt den Großteil der Innogy-Geschäftsaktivitäten, dazu zählt das Vertriebs- und Netzgeschäft.
E.on erklärte heute gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, der geplatzte Deal habe „keine grundsätzlichen Auswirkungen auf unsere Innogy-Transaktion und ändert nichts an unserem Zeitplan“.