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Gerresheimer zahlt 9,8x Ebita für US-Konkurrent Centor

M&A-Coup für den Pharmazulieferer Gerresheimer und seinen CFO Rainer Beaujean: Wie die Düsseldorfer mitteilen, habe man sich mit der Luxemburger Nemera Development auf die Übernahme aller Anteile an der Centor US Holding geeinigt, einem Hersteller von Kunststoffverpackungen und Verschlüssen für Medikamente. Mit dem M&A-Deal will Gerresheimer das Geschäft mit pharmazeutischen Primärverpackungen weiter ausbauen. Centor gehörte zuletzt dem PE-Investor Montagu, der das Unternehmen seit der Übernahme 2013 von Randaktivitäten entlastet hatte, die damals Gerresheimer von einem Einstieg abhielten. Centor ist in seinem Segment mit einem Marktanteil von 50 Prozent klarer Marktführer in den USA.

Der Kaufpreis beläuft sich ohne Barmittel und Schulden auf 725 Millionen US-Dollar, umgerechnet rund 650 Millionen Euro. Dieser Preis entspricht laut Gerresheimer in etwa dem 9,8-fachen des Gewinns von Zinsen, Steuern und Firmenwertberichtigungen (pro forma Ebita) der vergangenen zwölf Monate. Beraten wurde Gerresheimer von der Kanzlei Hengeler Mueller.

Den Zukauf finanziert Gerresheimer komplett durch Fremdkapital. Der schnelle Abbau der Schulden nach der Akquisition sei wegen der hohen Generierung von Barmitteln durch Gerresheimer zu erwarten, schreibt der MDax-Konzern. Wie genau das geschehen soll, teilte das Traditionsunternehmen nicht mit. Die Akquisition von Centor muss noch durch die zuständigen Behörden freigegeben werden, der Abschluss wird für das vierte Quartal dieses Jahres erwartet.

Centor liegt am unteren Rand des Gerresheimer-Zielkorridors

Mit dem Zukauf von Centor gelingt Gerresheimer nun die langersehnte Akquisition in den USA. Bereits im November 2014 hatte Vorstandschef Uwe Röhrhoff angekündigt, er könne sich einen Kauf von 200 bis 300 Millionen Euro Umsatz durchaus vorstellen. Damals hatte der Manager noch über die hohen Preise auf dem US-Markt geklagt. Centor liegt mit seinem Erlös von 167 Millionen US-Dollar im Geschäftsjahr 2014 ein gutes Stück unter Röhrhoffs Vorgabe.

Die 100-prozentige Fremdfinanzierung des Deals zeigt, dass CFO Rainer Beaujean Gerresheimer gut für Zukäufe gerüstet hat. Erst Anfang Juli war es Gerresheimer gelungen, sein Röhrenglasgeschäft für 196 Millionen Euro an den US-Konzern Corning zu veräußern. Im Juni hat Gerresheimer außerdem einen Konsortialkredit über 450 Millionen Euro refinanziert.

Für das erste Halbjahr 2015 wies Gerresheimer eine Nettofinanzverschuldung in Höhe von 465 Millionen Euro aus, was einem angepassten Ebitda-Leverage von soliden 1,8x entspricht. Röhrhoff hatte seine Bereitschaft signalisiert, den Leverage für den richtigen Zukauf bis auf 3x Ebitda steigern zu wollen.

Diese Grenze wird Gerresheimer nach der Konsolidierung von Centor wohl ziemlich genau erreichen. Durch den voll fremdfinanzierten Kaufpreis von 650 Millionen Euro dürfte Gerresheimers Nettoverschuldung – abzüglich der Zuflüsse aus dem Verkauf des Röhrengeschäfts – am Jahresende bei knapp 900 Millionen Euro liegen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr erzielten die Düsseldorfer ein Ebitda von 253,4 Millionen Euro, das dieses Jahr auf 255 bis 265 Millionen Euro anwachsen soll.

Gerresheimer schraubt Margenziele deutlich nach oben

Wie schnell sich Gerresheimer anschließend wieder deleveragen könnte, zeigt der im Zusammenhang mit der Dealankündigung aktualisierte mittelfristige Geschäftsausblick. Wenn die Transaktion noch 2015 über die Bühne gehen sollte, verspricht sich Gerresheimer durch die Einbeziehung Centor schon 2016 eine bessere Profitabilität.

Der Umsatz soll zwischen 2016 und 2018 im Schnitt zwar nur noch um 4 bis 5 Prozent wachsen (vorher 4 bis 6 Prozent), doch die angepasste Ebitda-Marge soll durch die Akquisition in besagtem Zeitraum mit 22 Prozent durchschnittlich 2 Prozentpunkte höher liegen als bislang kommuniziert. Ddas wäre eine deutliche Verbesserung – in den vergangenen sechs Jahren lag die Ebitda-Marge meistens zwischen 19 und 20 Prozent.

Die Gerresheimer-Aktionäre zeigen sich erfreut: Die Aktie springt um 15 Prozent in die Höhe und ist damit der mit Abstand größte Tagesgewinner im MDax.

jakob.eich[at]finance-magazin.de

Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.

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