Der Industriekonzern ThyssenKrupp könnte vor einem entscheidenden Wandel stehen: Wie die Rheinische Post unter Berufung auf Berliner Regierungskreise berichtet, soll der indische Stahlgigant Tata Steel an einem Einstieg in die europäische Stahlsparte der Essener interessiert sein. Die Gespräche seien weit vorangeschritten, berichtet die Zeitung. Derzeit stünden mehrere Varianten zur Diskussion. Favorisiert werde ein Joint Venture mit der Option für Tata, später weitere Anteile aufzustocken, heißt es. ThyssenKrupp ließ die Spekulationen zunächst unkommentiert.
Tata Steel Europe hatte erst vor wenigen Tagen angekündigt, sich von seinen britischen Stahlwerken trennen zu wollen. Bereits damals hatten Analysten über einen möglichen Schulterschluss mit Thyssen spekuliert, die Aktie der Essener legte deshalb schon am Mittwoch deutlich zu. ThyssenKrupp hatte mit seinem europäischen Stahlgeschäft zuletzt wenig Freude. Die Branche leidet weltweit unter Überkapazitäten und hohem Preisdruck.
ThyssenKrupp-Aktie legt nach M&A-Gerücht fast 6 Prozent zu
Die Aktionäre von ThyssenKrupp können sich über das M&A-Gerücht freuen. Die Aktie legte im frühen Handel zwischenzeitlich um fast 6 Prozent zu und erreichte den höchsten Stand seit Dezember 2015.
Die Aussicht auf einen möglichen Teilverkauf des europäischen Stahlgeschäfts dürfte auch Großaktionär Cevian freuen. Der aktivistische Investor ist mit einem Anteil von rund 15 Prozent der zweitgrößte Einzelaktionär hinter der Krupp-Stiftung. Cevian hatte in der Vergangenheit bereits darauf gedrängt, dass ThyssenKrupp sein Portfolio bereinigen solle.
CFO Guido Kerkhoff setzt bei ThyssenKrupp auf strikten Sparkurs
Ein zumindest teilweiser Verkauf des europäischen Stahlgeschäfts dürfte CFO Guido Kerkhoff durchaus willkommen sein. Er hatte das Unternehmen zuletzt durch einen harten Sparkurs wieder in die Spur gebracht. Das Sparprogramm „Impact“ wurde zunächst verlängert. Im Geschäftsjahr 2014/15, das im September endete, sparte ThyssenKrupp deutlich mehr als die zunächst geplanten 850 Millionen Euro.
Auch einen seit langem schwelenden Streit um die Betriebsrenten hat Kerkhoff durch eine zugesagte Aufstockung beigelegt. Der Konzern ächzt wie viele andere unter hohen Pensionsverpflichtungen, per Ende 2015 hatte ThyssenKrupp rund 7,6 Milliarden Euro an Rückstellungen in der Bilanz verbucht. Im Rahmen eines M&A-Deals müsste auch für die Versorgungsleistungen der Mitarbeiter eine Regelung gefunden werden.