Der Automobilzulieferer Grammer übernimmt den US-amerikanischen Wettbewerber Toledo Molding von dem Finanzinvestor Industrial Opportunity Partners. Eine entsprechende Vereinbarung sei unterzeichnet worden, teilt der SDax-Konzern am heutigen Dienstag mit. Demnach beläuft sich der Kaufpreis inklusive Schulden auf 271 Millionen Dollar (umgerechnet rund 230 Millionen Euro), was den Deal zum teuersten Zukauf der Unternehmensgeschichte macht.
Der Zulieferer mit Sitz in Toledo im US-Bundesstaat Ohio beschäftigt 1.600 Mitarbeiter und ist auf die Produktion von thermoplastischen Produkten für den Fahrzeuginnenraum spezialisiert. Eigenen Angaben zufolge gehören die drei größten US-Autobauer zu den Kunden von Toledo. Die Transaktion soll bis zum dritten Quartal 2018 abgeschlossen sein und komplett fremdfinanziert werden. Eine Freigabe durch die Kartellbehörden steht noch aus.
Investoren begrüßen Grammer-Zukauf
Die Aktionäre des bayerischen Unternehmens befürworten die Toledo-Übernahme. Nach Bekanntwerden der Transaktion stieg das Wertpapier um 4,2 Prozent auf 54 Euro. Mit der Übernahme will Grammer „seine Position in Nordamerika weiter ausbauen und seinen Umsatzanteil im weltweit zweitgrößten Automobilmarkt vergrößern“, so der Konzern.
Das Amberger Unternehmen übernimmt elf Produktionsstätten in den USA und Mexiko. Eigenen Angaben zufolge erwirtschaftete Toledo im Geschäftsjahr 2017 einen Umsatz von rund 300 Millionen Dollar (umgerechnet rund 255 Millionen Euro).
Die Grammer-Investoren reagieren positiv auf die Übernahmepläne
Grammer erholt sich von Übernahmestreit mit Hastors
Die große Übernahme kann als ein Zeichen gedeutet werden, dass sich Grammer von dem Übernahmeversuch durch den aktivistischen Investor Hastor erholt hat. Im Februar 2017 hatte die bosnische Investorenfamilie über ihr Vehikel Cascade International versucht, den Vorstand und den Aufsichtsrat neu zu besetzen.
Monatelang stemmte sich Grammer gegen die feindliche Übernahme – mit Erfolg. Der Abwehrkampf gegen die unliebsamen Investoren hinterließ aber deutliche Spuren in der Bilanz des Unternehmens. Das zeigte sich vor allem in den Zahlen für das zweite Quartal 2017: Der Zulieferer verzeichnete Auftragsrückgänge und Umsatzeinbußen, der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) sank verglichen mit dem ersten Quartal um 40 Prozent auf 12,6 Millionen Euro. Zudem fürchtete Grammer künftige Auftragsrückgänge durch eine Abschreckwirkung, die das Hastor-Engagement auf zukünftige Kunden haben könnte.
Diese Sorge scheint unbegründet gewesen zu sein: Im Geschäftsjahr 2017 konnte Grammer mit einem Zuwachs um mehr als 5 Prozent auf rund 1,8 Milliarden Euro einen neuen Umsatzrekord aufstellen. Das Ebit legte sogar um rund 18 Prozent auf 80,2 Millionen Euro zu. Im ersten Quartal 2018 präsentiert sich Grammer stabil, der Umsatz lag mit rund 455 Millionen Euro etwa auf Vorjahresniveau.
andreas.mehring[at]finance-magazin.de
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