Der Investor Tahoe baut seinen Anteil an Alno aus. Durch mehrere Aktiengeschäfte hat sich die Beteiligungsgesellschaft die Kontrolle über 33,2 Prozent der Anteile am hoch verschuldeten schwäbischen Küchenbauer erkauft.
Erstens hat der Investor, hinter dem die bosnische Unternehmerfamilie Hastor steckt, mit anderen Alno-Aktionären um CEO Max Müller eine Stimmrechtsvereinbarung geschlossen, über die er 16,52 Prozent der Stimmrechte kontrolliert. Zweitens hat Tahoe über ein Termingeschäft weitere 2,65 Prozent gekauft.
Schon im August hatte Tahoe sich außerdem über eine Call-Option den Zugriff auf gut 14 Prozent des Kapitals gesichert. Bis Ende Oktober kann der Investor diesen Anteil vom bisherigen Ankeraktionär Whirlpool kaufen.
Tahoe will Alno nicht komplett übernehmen
Weil Tahoe die Schwelle von 30 Prozent überschritten hat, musste der Investor den Alno-Aktionären ein Übernahmeangebot machen. Tahoe bietet 50 Cent pro Anteilsschein, 5 Cent mehr als der Schlusskurs vom Donnerstag. Damit bewertet Tahoe Alno mit nur rund 38 Millionen Euro. Alno ist allerdings hochverschuldet, und zwar mit einer Anleihe und mehreren Gesellschafterdarlehen. Laut dem Jahresabschluss 2015 beträgt die Nettofinanzverschuldung rund 134 Millionen Euro, dazu kommen noch Pensionsverpflichtungen in Höhe von 55 Millionen Euro.
Die Übernahme ist an eine Mindestannahmeschwelle von 30 Prozent geknüpft. Tahoe will Alno aber nicht komplett: Der Investor plant, seine Stimmrechte unter 50 Prozent zu halten und Aktienangebote, die darüber hinausgehen, selbst an Dritte weiterzugeben, heißt es in der Pflichtmitteilung.
Obwohl Tahoe also nur eine Minderheitsbeteiligung anstrebt, will der Investor beim Küchenbauer offenbar auch operativ ins Geschäft eingreifen: „Mit Tahoe gewinnen wir einen strategischen Großinvestor, der uns Stabilität sowie eine klare Perspektive für die Zukunft gibt und die Entwicklung und Zukunft unseres Unternehmens aktiv mitgestalten wird“, lässt sich CEO-Max Müller in einer Pressemitteilung zitieren.
Die Aktie von Alno, die in den vergangenen Jahren im konstanten Sinkflug war, legte auf das Angebot hin um 2 Euro-Cent auf 47 Cent zu. Die im Mai 2018 fällige Anleihe sprang sogar um knapp 23 Prozentpunkte auf 52 Prozent. Alno muss neben dem Papier in den kommenden Jahren diverse weitere kurz- und langfristige Schulden bedienen, das hatte die Gläubiger zuletzt verunsichert.
Alno ist wieder in die roten Zahlen gerutscht
Der Küchenbauer ist seit vielen Jahren in der Krise. Im ersten Halbjahr 2016 ist Alno operativ wieder in die roten Zahlen gerutscht. Der Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) lag nach den ersten sechs Monaten bei 13,5 Millionen Euro.
Im Vorjahr stand noch ein Gewinn von 20,8 Millionen Euro, dieser war allerdings vor allem durch Einmaleffekte zustande gekommen. Aktuell verbucht Alno ein negatives Eigenkapital von rund 63,7 Millionen Euro. Im Interview mit FINANCE betonte CFO Ipek Demitras zuletzt, dass das zweite Halbjahr deutlich umsatzstärker sein werde.
Info
Der Küchenbauer hangelt sich seit Jahren von einer Krise zur Nächsten. Einen Überblick verschafft die FINANCE-Themenseite zu Alno. Mehr Krisenfälle aus der Welt der Mini-Bonds finden Sie auf unserer Themenseite zu Mittelstandsanleihen.
Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.