Der Übernahmekampf zwischen dem Branchenprimus der deutschen Immobilienbranche Vonovia (vormals Deutsche Annington) und der Nummer zwei Deutsche Wohnen geht in die heiße Phase. Wie aus der neuesten Wasserstandsmeldung hervorgeht, hat Vonovia bislang 16,9 Prozent der Deutsche-Wohnen-Aktien ergattert.
Von einer erfolgreichen Akquisition ist der Dax-Konzern also noch ein gutes Stück entfernt: Bis zum Dienstag der kommenden Woche (26. Januar) um Mitternacht müssen Deutsche-Wohnen-Aktionäre 57,1 Prozent ihrer Aktien an Vonovia übergeben haben, damit der M&A-Deal glückt. Dann würde Vonovia auch nach einer Verwässerung durch etwa den Umtausch zweier Wandelanleihen von Deutsche Wohnen noch auf die notwendigen 50 Prozent plus eine Aktie kommen. Immerhin: Am 11. Januar hatte die Annahmequote noch bei 7,8 Prozent gelegen.
M&A-Kampf: Vonovia ist noch entspannt
Der M&A-Kampf spitzt sich also zu. Denn bei Übernahmen dienen Aktionäre ihre Wertpapiere oft erst in den letzten Stunden vor Fristende an, um noch ein eventuell verbessertes Angebot abzuwarten. Eine eindeutige Aussage, wie die Aktionäre das Angebot von Vonovia beurteilen, lässt sich also noch nicht treffen.
Entsprechend gelassen gibt sich Vonovia. Ein Sprecher des Unternehmens sagte gegenüber FINANCE, dass es wie erwartet ein enges Rennen wird. Er verwies darauf, dass die Annahmequote bei der Gagfah-Übernahme vor rund einem Jahr zum vergleichbaren Zeitpunkt noch bei unter 1 Prozent gelegen habe. 40 Prozent der Aktien seien in den letzten sechs Stunden der Annahmefrist über den Tisch gegangen.
Deutsche Wohnen buhlt um seine Aktionäre
Bei der Übernahme stand das Gagfah-Management aber an der Seite von Vonovia-CEO Rolf Buch und CFO Stefan Kirsten. Der Vorstand der Deutsche Wohnen um Unternehmenschef Michael Zahn und Finanzvorstand Lars Wittan wehrt sich dagegen mit Händen und Füßen gegen die Übernahme durch den Konkurrenten.
Sie sagen, dass die Deutsche Wohnen sich ohne Zusammenschluss besser entwickeln würde und seinen Aktionären so mehr Wert liefern könnte. Zudem sei das Vonovia-Angebot zu niedrig. Der Fokus der Deutschen Wohnen liegt stark auf dem Berliner Immobilienmarkt, der sich zurzeit glänzend entwickelt. Das Unternehmen sieht sich mit seinem regionalen Ansatz gut aufgestellt. Die vorläufigen Jahreszahlen stützen die Einschätzung von CEO Zahn und CFO Wittan: Das Ergebnis der Deutsche Wohnen ist im Jahr 2015 um 38 Prozent auf 300 Millionen Euro gestiegen.
Vonovia argumentiert mit höherer Dividende
Die Bochumer Vonovia bietet für den kleineren Konkurrenten Deutsche Wohnen insgesamt 14 Milliarden Euro. Vonovia sieht den kleineren Wettbewerber, der immerhin die klare Nummer Zwei unter dne deutschen Wohnungsinvestoren ist, als ideale Ergänzung zum bestehenden Immobilienportfolio und erhofft sich erhebliche Synergieeffekte. Das Vonovia-Management lockt die Deutsche-Wohnen-Aktionäre unter anderem mit einer um 60 Prozent höheren Dividende für das Jahr 2015 im Falle einer Übernahme. Den für die Deutsche Wohnen wichtigen Berliner Wohnmarkt sieht Vonovia am Höhepunkt angelangt.
Marktbeobachter halten beide Argumentationen für stichhaltig. Sie gehen davon aus, dass sich der Erfolg der Übernahme erst ganz zum Schluss entscheiden wird. Die Spannung im Markt steigt in jedem Fall: Die Aktien beider Unternehmen zogen im Laufe des Vormittags deutlich an. Vonovia führte den Dax mit einem Zuwachs von 6,5 Prozent auf 27,60 Euro an. Die Deutsche Wohnen setzte sich hingegen an die Spitze des MDax: Die Papiere gewannen 6,6 Prozent und liegen bei knapp über 25 Euro.
Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.