Glencores-ehrgeiziger Chef Ivan Glasenberg ist mit seinen großen Ambitionen fürs Erste gescheitert. Glasenberg wollte den Schweizer Rohstoffhändler Glencore in einem M&A-Megadeal mit dem britisch-australischen Bergbaukonzern Rio Tinto zu einem integrierten Bergbau- und Handelskonzern fusionieren. Doch er hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht: Rio Tinto lehnt das Angebot von Glencore ab. Mit einem kolportierten Kaufpreis im unteren dreistelligen Milliarden-Euro-Bereich wäre die Transaktion der Megadeal im M&A-Jahr 2014 in der DACH-Region schlechthin gewesen.
Der Bergbaukonzern teilte am Dienstag in Melbourne mit, der kleinere Rivale Glencore habe im Juli Kontakt aufgenommen, um eine mögliche Fusion auszuloten. „Das Rio Tinto-Board kam nach Beratungen mit seinen Juristen und Finanzberatern einmütig zu dem Ergebnis, dass ein Zusammenschluss nicht im besten Interesse der RioTinto-Aktionäre wäre“, erklärte der Bergbaukonzern in einer Stellungnahme an die australische Börse. Die Ablehnung des Angebots sei Glencore bereits Anfang August mitgeteilt worden. Seitdem habe es keinen weiteren Kontakt dazu gegeben, erklärte Rio Tinto.
Glencore: Weiter hungrig nach M&A-Deals
Der seit 2011 börsennotierte Schweizer Rohstoffhändler befindet sich auf einer aggressiven Einkaufstournee, die auch nach der Megaübernahme der Schweizer Xstrata offenbar noch nicht beendet ist. Mit Blick auf die hohe Verschuldung von Glencore scheint allerdings eine Übernahme von Rio Tinto derzeit nicht möglich zu sein. 2013 stieg die Nettoverschuldung auf 35,8 Milliarden US-Dollar an (Stand: 31.12.2013), umgerechnet rund 28,5 Milliarden Euro.
Die im Mai 2013 abgeschlossene Multi-Milliarden Euro-Übernahme ist bis heute die größte der Branchengeschichte. Schon damals fürchteten verschiedene Experten einschließlich der CFOs das neu erschaffene Schwergewicht im Rohstoffmarkt.
Glencore: Welcher M&A-Deal kommt jetzt?
Eine Fusion von Glencore mit Rio Tinto hätte diese Furcht wohl noch deutlich verschlimmert, da der Zusammenschluss zum weltgrößten, integrierten Bergwerkkonzern zu einer weiteren Marktkonzentration hätte führen können und den Zugang von Industrieunternehmen zu Rohstoffen durch die steigende Marktmacht wohl verteuert hätte. Glencore produziert, verarbeitet und handelt mit Aluminium, Aluminiumoxid, Bauxit, Eisenlegierungen, Nickel, Zink, Kupfer, Blei, Kohle und Öl, sowie Agrarprodukten. Rio Tinto fördert Eisen, betreibt Kohlebergwerke, produziert Aluminium und baut Kupfer und Gold ab.
Ob der Deal damit endgültig vom Tisch ist, oder in anderer Konstellation ein Thema wird, ist abzuwarten. Wer den Ehrgeiz von Glencore-Chef Ivan Glasenberg kennt, dem Analysten auch Interesse an Anglo American nachsagen, sollte Glencore als Marktkonsolidierer in einer Phase der niedrigen Rohstoffpreise nicht abschreiben.
Sabine Paulus ist seit 2008 Redakteurin beim Fachmagazin FINANCE und der Online-Publikation DerTreasurer. Ihre Themenschwerpunkte sind Personal, Organisation, Karriere und Finanzierung. Sie ist M.A. und hat an der Universität Konstanz unter anderem das Hauptfach Deutsche Literatur studiert.