Der Finanzinvestor KKR greift nach dem größten deutschen Marktforscher GFK. Über das Investmentvehikel Acceleratio Capital haben die US-Amerikaner ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot für die Aktien des SDax-Konzerns abgegeben.
KKR bietet 43,50 Euro je GFK-Aktie, was einem deutlichen Aufschlag von 44 Prozent auf den volumengewichteten Drei-Monats-Durchschnittskurs entspricht. Der Börsenwert von GFK liegt dem Angebot zufolge bei knapp 1,6 Milliarden Euro.
Inklusive der Nettoverschuldung von GFK in Höhe von 375 Millionen Euro bewertet KKR die Nürnberger mit fast 2 Milliarden Euro. Auf Basis des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 231 Millionen Euro aus dem Jahr 2015 entspricht das einem Multiple von 8,7. KKR will sich mit dem Angebot mindestens 18,5 Prozent der GFK-Aktien sichern.
Das GFK-Management rund um CEO Gerhard Hausruckinger und CFO Christian Diedrich begrüßt die Offerte von KKR und will seine Aktien andienen. Auch der Mehrheitsaktionär GFK-Verein, der 56,5 Prozent der GFK-Aktien hält, unterstützt das Angebot des Finanzinvestors, will seine Wertpapiere jedoch nicht abgeben.
KKR und GFK-Verein machen gemeinsame Sache
Stattdessen haben die beiden Parteien einen Gesellschaftervertrag abgeschlossen, der bei Vollzug des M&A-Deals in Kraft tritt. GFK-Verein und KKR gehen in dem Fall eine gleichberechtigte Partnerschaft ein und werden gemeinsam mindestens drei Viertel der GFK-Aktien halten, heißt es. Ein Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrag sei nicht geplant. Die Unternehmenszentrale soll weiter in Nürnberg liegen. Der Abschluss der Transaktion wird für das erste Quartal des kommenden Jahres erwartet.
Das Übernahmeangebot durch KKR beflügelt die Wertpapiere des Marktforschers. Notierten diese in den vergangenen Wochen stets um die 30 Euro, schnellten die Aktien nach Bekanntwerden der Offerte um mehr als die Hälfte nach oben und stehen derzeit mit 43,90 Euro leicht über dem Angebotspreis.
Dass die Aktionäre das Angebot annehmen ist wahrscheinlich. GFK hat in den vergangenen Jahren schwere Zeiten durchlebt. Unter der Ägide von CEO Matthias Hartmanns hatte GFK seit 2011 vier Mal die Prognosen verfehlt, zuletzt zweimal binnen eines Jahres. Das hat dem Aktienkurs deutlich zugesetzt. Das Unternehmen hatte sich vor Hartmanns Antritt durch mehrere M&A-Deals vom lokalen Anbieter zum globalen Konzern entwickelt. Die Integration der Zukäufe erwies sich aber als schwieriger als erwartet.
Die schwache Performance hatte zu einem Streit mit dem Großaktionär GFK-Verein geführt, der jetzt mit KKR kooperiert. Hinter ihm verbirgt sich ein Zusammenschluss aus 550 Firmen, Institutionen und Privatleuten. Vorstandschef Hartmann musste den CEO-Posten räumen und übergab diesen Anfang September an Gerhard Hausruckinger.
Der Umsatz von GFK ist in den ersten neun Monaten dieses Jahres um 4 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro zurückgegangen. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) lag bei minus 76 Millionen Euro. Eine Abschreibung auf Firmenwerte über knapp 140 Millionen Euro hat GFK das Ergebnis verhagelt.
Digitalisierung setzt Marktforscher GFK unter Druck
Zudem setzt dem SDax-Mitglied die Digitalisierung zu, welche die alten Geschäftsmodelle der Meinungsforscher unter Druck setzt. GFK ist in Deutschland vor allem dafür bekannt, dass das Unternehmen die Einschaltquoten im Fernsehen erhebt.
Speziell beim Thema Digitalisierung könnte KKR den Nürnbergern helfen, nicht ins Hintertreffen zu geraten und neue Einnahmequellen zu erschließen. KKR konzentriert sich immer stärker auf Unternehmen aus der Medienbranche, um diese durch den digitalen Wandel zu begleiten. KKR war unter anderem bei dem heutigen Dax-Konzern ProSiebenSat.1 investiert. Jüngst hat der Finanzinvestor bekanntgegeben, dass er einen 711 Millionen US-Dollar schweren Tech-Fonds geschlossen hat. Das Geld aus dem GFK-Deal stammt FINANCE-Informationen zufolge jedoch zu großen Teilen aus dem European Fund IV.
Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.