Kuriosum bei der Übernahme des Lichtkonzerns Osram: Nach den Finanzinvestoren Bain und Carlyle schien es kurzzeitig so, als würde mit dem österreichischen Sensorenhersteller AMS ein weiterer Interessent seinen Hut in den Ring werfen. Osram veröffentlichte gestern Abend gegen 19 Uhr eine Ad-hoc-Mitteilung, laut der das Unternehmen „eine unverbindliche, vorläufige Interessenbekundung“ der AMS erhalten habe, um „in Gespräche über eine öffentliche Übernahme von Osram durch AMS einzutreten.“
Keine sechs Stunden später reagierte das Unternehmen aus der Steiermark jedoch mit einer kurzen Pressemitteilung: Demnach habe man mit Osram zwar Gespräche über eine mögliche Transaktion geführt, doch „nach Evaluierung der jüngsten Entwicklungen sieht AMS keine ausreichende Basis dafür, die Gespräche fortzuführen.“ Die Österreicher betonen, dass ein M&A-Deal für sie „strategisch überzeugend und nachweislich wertsteigernd“ sein müsse.
AMS hätte Investorenangebot übertrumpft
Auch wenn sowohl in Osrams Ad-hoc als auch in der Mitteilung von AMS nur von „vorläufigen“ und „unverbindlichen“ Interessensbekundungen die Rede ist, scheinen die Gedankenspiele doch konkreter gewesen zu sein: Osram nennt einen Angebotspreis von 38,50 Euro je Aktie, was das Unternehmen mit einem Eigenkapitalwert von 3,7 Milliarden Euro bewerten würde, fast 340 Millionen Euro mehr, als Bain und Carlyle bieten. Das entspricht in etwa dem Jahresumsatz Osrams für 2018 und mehr als dem Doppelten des 2018er-Umsatzes von AMS.
Die beiden Finanzinvestoren hatten Anfang des Monats ein Angebot von 35 Euro je Aktie veröffentlicht, was einer Gesamtbewertung inklusive Finanzschulden von über 4 Milliarden Euro entspricht. Finanzieren wollte AMS die Osram-Übernahme laut Osram über eine Brückenfinanzierung von 4,2 Milliarden Euro, welche durch eine Kapitalerhöhung von AMS von mindestens 1,7 Milliarden Schweizer Franken (etwa 1,5 Milliarden Euro) teilweise refinanziert werden sollte.
FINANCE-Köpfe
Osram war von AMS-Angebot nicht überzeugt
Doch das Management von Osram machte direkt deutlich, was es von dem Angebot hält: Man schätze die Transaktionswahrscheinlichkeit „als sehr gering“ ein. Grund dafür: Seitens AMS lägen weder für die Fremdfinanzierung noch für den Eigenkapitalanteil verbindliche Zusagen vor, auch die Deckung des weiteren Finanzbedarfs sei noch nicht offengelegt. „Osram wird AMS dennoch ermöglichen, durch eine weitere Due Diligence unter strikter Beachtung wettbewerbsrechtlicher Erfordernisse die erheblichen Zweifel an der Finanzierbarkeit der von AMS angestrebten Transaktion zu beseitigen“, hieß es. Nun muss Osram dem Wettbewerber AMS immerhin nicht die eigenen Bücher öffnen.
Obwohl sich das Osram-Management so skeptisch äußerte, sorgte das mögliche Angebot an den Märkten für einen kurzzeitigen Kurssprung bei Osram: Im nachbörslichen Handel kletterte das Papier um 6 Prozent auf über 35 Euro – nur um zum Börsenstart wieder auf 33 Euro zu fallen. Nach dem Rückzug von AMS dürften die Hoffnungen der Aktionäre auf eine Bieterschlacht, die den Preis nach oben treibt, vorerst verflogen sein.
Osrams Kurs macht einen kurzen Sprung (Tradegate 5-Tages-Chart)
Osram geht wohl doch an Bain und Carlyle
Damit bleiben die US-Investoren Carlyle und Bain aktuell die einzigen Bieter für den Lichtkonzern. Osram ist zum Übernahmeziel geworden, nachdem es bei dem Unternehmen bereits seit einiger Zeit kriselt. Die Münchner rechnen für das laufende Jahr mit sinkenden Umsätzen, im März musste CFO Ingo Bank die Umsatz- und Gewinnerwartung zudem deutlich nach unten korrigieren. Im vergangenen Geschäftsjahr passierte dies sogar mehrfach.
Klappt die Übernahme durch die beiden Finanzinvestoren, könnte Osrams Börsenabschied nach der Übernahme von Stada durch die Private-Equity-Häuser Bain und Cinven im Jahr 2017 zu einem der größten Public-to-Private-Deals Deutschlands werden.
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