Mit diesem Angebot hat Vattenfall sicher nicht gerechnet, als es sein deutsches Braunkohlegeschäft zum Verkauf stellte: Ausgerechnet die Umweltorganisation Greenpeace will jetzt beim Verkaufsprozess mitbieten. Mit dieser kuriosen Offerte will Greenpeace verhindern, dass Braunkohle zur Energiegewinnung genutzt wird und damit konkrete Verantwortung für das Klima übernehmen. Wie der alternative Business Case für die Vattenfall-Einheit aussehen soll, hat Greenpeace freilich noch nicht dargelegt.
„Wir werden eine ernsthafte Diskussion mit Vattenfall über den Kauf führen“, lässt sich Greenpeace-Managerin Annika Jacobson in einer Pressemitteilung von Greenpeace Schweden zitieren. „Die schwedische Regierung darf es nicht hinnehmen, wenn ein anderer Käufer weiter große Kohlemengen verbrennt.“ Offenbar hält sich die Umweltorganisation für einen geeigneten neuen Eigentümer. Man kenne sich gut aus mit den Zukunftsfragen des Energiemarktes und der Entwicklung der Klimapolitik, ließ Greenpeace verlauten . Ein anderer Käufer würde bloß fünf neue Gruben zum Braunkohlenabbau eröffnen und den CO2-Ausstoß erhöhen.
Greenpeace will Vattenfall-Deal über die Crowd finanzieren
Der M&A-Prozess wird von der Citigroup organisiert und läuft schon seit geraumer Zeit. Bis Dienstag konnten alle Kaufinteressenten ihr Interesse bekunden. In einem zweiten Schritt werden die ersten Preisindikationen nun gesichtet und anschließend die Interessenten dann zu näheren Angaben aufgefordert. Als Favoriten für die Übernahme gelten derzeit die beiden tschechischen Energiekonzerne CEZ und EHP.
Während einige Medien einen PR-Gag hinter der Aktion vermuteten, scheint es Greenpeace mit seinem Angebot tatsächlich ernst zu meinen. Aber ob es alle Voraussetzungen der Verkäuferseite erfüllt, ist fraglich. Unklar ist vor allem, wie ein Kauf finanziert werden soll. Eine Sprecherin sagte gegenüber dem Spiegel, dass eine Finanzierung über Crowd-Funding im Netz oder über Spendengelder möglich sei.
Damit wäre aber nur die Eigen- und noch nicht die Fremdkapitalseite abgedeckt. Und die Summen, die im Raum stehen, sind hoch für ein Crowd-Funding. Die Braunkohlesparte von Vattenfall ist etwa 2 bis 3 Milliarden Euro wert, schätzt Analyst Rodger Rinke von der Landesbank Baden-Württemberg einem Bloomberg-Bericht zufolge.
Vattenfall gehört zu 100 Prozent dem schwedischen Staat und hatte vor rund einem Jahr angekündigt, sich von der Braunkohle-Förderung in der Lausitz trennen zu wollen. Der Energiekonzern betreibt in den Bundesländern Sachsen und Brandenburg fünf Kohlegruben und drei Kraftwerke mit rund 8.000 Arbeitsplätzen. Hintergrund ist eine politische Umorientierung nach einem Regierungswechsel in Schweden. Dort bilden Sozialdemokraten und Grüne seit knapp einem Jahr eine Minderheitsregierung.
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Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.