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Lockt CSR aktivistische Investoren an?

CSR-Aktivitäten haben nicht nur Sonnenseiten: Sie könnten aktivistische Investoren auf Unternehmen aufmerksam machen.
jozsitoeroe – stock.adobe.com

Sich als nachhaltig und langfristig denkendes Unternehmen zu positionieren, wirkt auf den ersten Blick wie eine gute Idee. Gerade deshalb kommunizieren viele Unternehmen zum Thema Corporate Social Responsibility (CSR) sehr offensiv.

Doch eine allzu rege CSR-Aktivität könnte unerwünschte Nebenwirkungen mit sich bringen, hat eine Studie der Pennsylvania State University herausgefunden. Demnach steigt die Wahrscheinlichkeit, von aktivistischen Investoren angegriffen zu werden, wenn ein Unternehmen starke CSR-Signale sendet. Für die Analyse nahmen die Studienautoren die Aktivitäten von 506 Hedgefonds-Angriffe in den Vereinigten Staaten zwischen 2000 und 2016 unter die Lupe. Viele von ihnen suchen auch in Deutschland regelmäßig nach Targets.

Die Logik hinter den Attacken ist simpel: Aktivistische Investoren wie AOC oder Elliott haben laut Studie einen Investitionshorizont von durchschnittlich sechs Monaten, während nachhaltiges Verhalten langfristig greifen soll. Aktivisten betrachten hohe CSR-Aktivität daher als Indiz dafür, dass das Unternehmen nicht sein volles Potential für kurzfristige Gewinnmaximierung ausschöpft. „Aktivistische Hedgefonds sehen aber nicht CSR an sich als Problem an, sondern werden dadurch auf Unternehmen aufmerksam und schauen sich diese genauer an“, sagt Co-Autor Emilio Marti von der Erasmus Universität Rotterdam.

CSR: Höheres Risiko für Hedgefonds-Angriff

Die Studienergebnisse legen einen nicht-linearen Zusammenhang nahe. Wenn die CSR-Signale eines Konzerns um einen Punkt vom Durchschnitt abweichen, steigt das Risiko eines Hedgefonds-Angriffs nur leicht von 3 auf 3,8 Prozent. Bei einer Abweichung von zwei Punkten, was allerdings schon der Spitzengruppe entspräche, steigt die Gefahr schon auf 5,1 Prozent.

Die Zahlen mögen auf den ersten Blick niedrig erscheinen, Autor Marti spricht gegenüber FINANCE jedoch von einem „hochsignifikanten Ergebnis“. Denn kaum ein anderer Faktor erhöhe die Wahrscheinlichkeit eines Hedgefonds-Angriffs so stark wie CSR Aktivitäten. „Eine Attacke ist zudem ein dramatisches Erlebnis, das einen ganzen Konzern lahmlegen kann“, betont er. Eine Aktivisten-Attacke koste ein Unternehmen im Durchschnitt 12,5 Millionen US-Dollar, das sind umgerechnet rund 10,5 Millionen Euro.

Auch wenn für die Analyse ausschließlich US-Unternehmen untersucht wurden, sind die Ergebnisse für deutsche CFOs relevant. Zum einen, weil viele der aktivistischen Investoren auch hierzulande nach Targets suchen.

„Eine Attacke kann einen ganzen Konzern lahmlegen.“

Emilio Marti, Erasmus Universität Rotterdam

Zum anderen dürfte die sogenannte Informationsasymmetrie den in der Studie beschriebenen Effekt verstärken. So achten Aktivisten stärker auf CSR-Signale, je weiter sie vom anvisierten Unternehmen entfernt sitzen. Da viele aktivistische Hedgefonds aus den Vereinigten Staaten kommen, ist der Weg nach Deutschland weit. „Wir haben die Auswirkungen auf deutsche Unternehmen zwar nicht empirisch untersucht, die Schlussfolgerung liegt aber nahe“, sagt Marti. „Hinzu kommen Sprachbarrieren, die die Asymmetrie noch einmal verstärken können.“

Muss der Gesetzgeber einspringen?

Wie sollten Unternehmen mit der Erkenntnis also umgehen, dass nachhaltiges Wirtschaften Aktivisten auf den Plan rufen könnte? Wissenschaftler Marti rät dazu, sich starke Ankeraktionäre zu suchen, die die langfristige CSR-Strategie mittragen. „Hedgefonds analysieren die Shareholder-Struktur genau und schauen, ob sich ein Angriff lohnt“, sagt er.

Zudem könnten aus Sicht der Studienautoren regulatorische Rahmenbedingungen die Unternehmen schützen. „In den Niederlanden wird gerade eine Cooling-off-Periode diskutiert“, berichtet Marti. Der Aufsichtsrat soll dabei im Zuge einer Hedgefonds-Attacke gesetzlich 250 Tage zugesichert bekommen, um sich mit Shareholdern zu treffen und die Unternehmensstrategie zu überdenken. „Das nähme den aktivistischen Hedgefonds die Möglichkeit, das Management zeitlich unter Druck zu setzen.“

jakob.eich[at]finance-magazin.de

Info

Immer wieder attackieren Hedgefonds Unternehmen in Deutschland. Bleiben Sie auf dem Laufenden mit der FINANCE-Themenseite Aktivistische Investoren.

Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.

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