Die Bedeutung von Käufern aus den Emerging Markets (EM) in Deutschland hat sich von 2004 bis 2009 vervierfacht und liegt seither bei 8 Prozent. 2012 und 2013 wurden die einzelnen Deals größer, die absolute Dealzahl sank, so dass der Anteil der EM-Aktivität in Deutschland konstant blieb. Der Grund hierfür ist die allgemeine Flaute auf dem weltweiten M&A-Markt in den letzten Jahren. BCG-Berater Jens Kengelbach geht jedoch davon aus, dass der Trend zunehmender EM-Acquirer in Deutschland „mit hoher Wahrscheinlichkeit langfristig anhalten“ wird.
Der Löwenanteil der EM-Outbound-Deals entfällt nach wie vor auf die BRIC-Staaten, die zusammen 60 Prozent des EM-Dealvolumens ausmachen. Dabei orientieren sich Brasilien und Indien verhältnismäßig wenig am deutschen Markt. Russland präferiert noch immer Nordamerika, doch mittlerweile machen Russlands M&A-Deals hierzulande einen Anteil von 34 Prozent aller EM-Transaktionen aus. 36 Prozent der EM-Aquisitionen in Deutschland gehen auf das Konto chinesischer Investoren.
China nach wie vor Nummer 1 in Deutschland
Der wichtigste Grund für den Rückgang der chinesischen Dealaktivität in Deutschland ist nach Meinung von China-Experte Jens Peter Otto von PwC die aktuelle Zurückhaltung chinesischer Privatunternehmen, die 2012 noch sehr aktiv waren. Zum einen haben es diese Unternehmen derzeit schwerer an Kredite zu kommen, andererseits hat sich der wirtschaftspolitische Kurs der neuen Regierung noch nicht herauskristallisiert. Zudem müssen sich die chinesischen Investoren wegen des geschrumpften BIPs fragen, „ob der Grund für die Akquisition noch trägt“, erklärt Otto. Der Rückgang der durchschnittlichen BIP-Wachstumsraten auf aus Ottos Sicht noch immer „traumhafte“ 7 Prozent werde dafür sorgen, „dass die Kauflust der Chinesen wiederkommen wird“. Bei der Dealanzahl ist Europa bereits an Nordamerika vorbeigezogen. Das gesamte Dealvolumen liegt jedoch noch unterhalb der chinesisch-amerikanischen Benchmark. Transaktionen im Energiesektor machen 52 Prozent der chinesischen Outbound-Aktivitäten aus. Davon findet ein Großteil in Nordamerika statt. Knapp 1,5 Milliarden Euro berappte der petrochemische Konzern Sinopec für den kanadischen Konkurrenten Daylight. Für das geistige Eigentum des Solarunternehmens Solibro zahlte Hanergy dagegen „nur“ 35 Millionen Euro.
Fokuswechsel bei chinesischen Acquirern
Bislang konzentrierten sich chinesische Unternehmen im rohstoffarmen Deutschland primär auf Targets, die technologische Expertise versprachen: Der Gabelstaplerhersteller Kion, der Betonpumpenanbieter Putzmeister, der Betonpumpenhersteller Schwing sowie der Maschinenbauer Pfaff sind nur wenige Beispiele. Doch allmählich zeichnet sich ein Wandel ab: Chinesische Investoren sind zunehmend an Unternehmen interessiert, die sich durch ihre besonderen Erfolgsmethoden (best-practice) auszeichnen. Gerade im Bereich Verhandlungstaktik erkennen chinesische Unternehmen selbst ihren Nachholbedarf. So gab es trotz zunehmender Professionalisierung bei der Aquisition auch in jüngster Zeit einige Übernahmen, die ohne vorherige Due Diligence durchgeführt wurden, erklärt Otto. Ein anderer Aspekt dürfte den deutschen CFOs hingegen sehr gelegen kommen: Mandarin Capital-Investor Markus Solibieda schätzt, dass chinesische Investoren bei M&A-Deals oft bis zu zwanzig Prozent zu viel zahlen.
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