Siltronic sagt „Ja“ zu GlobalWafers
Die Milliardenfusion am Chipmarkt ist besiegelt: Die beiden Chiphersteller Siltronic und GlobalWafers haben eine Zusammenschlussvereinbarung (Business Combination Agreement) unterzeichnet, mit der die Taiwanesen ihre Übernahmeabsicht bestätigen. GlobalWafers will demnach alle im Umlauf befindlichen Siltronic-Aktien kaufen. Je Anteilsschein zahlt GlobalWafers 125 Euro, das entspricht einer Unternehmensbewertung von 3,75 Milliarden Euro. Die Offerte ist zudem an eine Mindestannahmeschwelle von 65 Prozent geknüpft, die Annahmefrist soll noch im Dezember beginnen.
Die Transaktion ist an weitere Bedingungen geknüpft: Die Taiwanesen verpflichten sich dazu, das Werk in Burghausen als den führenden Forschungsstandort von Siltronic zu erhalten und „angemessene Investitionen“ in die bestehenden Wafer-Produktionslinien zu tätigen. Außerdem dürfen bis Ende 2024 keine Mitarbeiter betriebsbedingt gekündigt oder deutsche Siltronic-Standorte geschlossen werden. Vorstand und Aufsichtsrat beider Unternehmen haben den Übernahmeplänen bereits zugestimmt, nun müssen die Behörden noch ihren Segen erteilen.
Seinen Segen erteilt hat bereits der Siltronic-Großaktionär Wacker Chemie: Die Münchener haben eine verbindliche Vereinbarung (Irrevocable Undertaking Agreement) zum Verkauf aller Siltronic-Aktien unterzeichnet. Wacker Chemie darf demnach keine konkurrierenden Übernahmeangebote annehmen. Das MDax-Unternehmen, das gerade auch einen Vorstandswechsel durchlebt, ist derzeit mit 30,8 Prozent an Siltronic beteiligt.
Für die Akquisitionsfinanzierung hat GlobalWafers bereits Zusagen der singapurischen DBS Bank erhalten. Sollten die Taiwanesen alle Aktien einsammeln, würde der pro-forma-Verschuldungsgrad auf 2,6x Ebitda steigen. Alleiniger Financial Advisor ist die Investmentbank Nomura Securities, Linklaters und White & Case waren als Rechtsberater von GlobalWafers tätig. Siltronic wurde von Hengeler Mueller (Federführung: Simon Patrick Link) beraten.
EQT verkauft Apleona an PAI Partners
Im Bieterwettstreit um Apleona hat sich Private Equity durchgesetzt: Wie der schwedische Finanzinvestor EQT mitteilte, verkauft er den Immobiliendienstleister aus Neu-Isenburg für rund 1,6 Milliarden Euro an den französischen Private-Equity-Investor PAI Partners. Das entspricht – gemessen am geschätzten operativen Gewinn für 2020 in Höhe von 135 Millionen Euro – einem Multiple von fast 11,8x Ebitda. 450 bis 470 Millionen Euro der Verkaufserlöse erhält der früheren Apleona-Eigentümer Bilfinger: Der Mannheimer Industriedienstleister hatte das Segment „Building and Facility“ im Jahr 2016 an EQT verkauft und sich damals am Wiederverkaufserlös beteiligt.
Erste Übernahmegerüchte kamen bereits Ende Oktober auf: Medienberichten zufolge soll EQT „Informationspakete“ an potentielle Kaufinteressenten für Apleona gesendet haben. Unter ihnen befanden sich angeblich die strategischen US-Konkurrenten CBRE, Cushman & Wakefield sowie Jones Lang Lasalle, aber auch Finanzinvestoren. Neben einem Verkauf des Gebäudemanagers soll damals aber auch ein Börsengang eine weitere Option gewesen sein.
Die aktuelle Transaktion, die noch unter Vorbehalt der kartellrechtlichen und regulatorischen Genehmigungen steht, soll zu Beginn des zweiten Quartals 2021 abgeschlossen werden. Die Schweden wurden bei dem M&A-Deal von der Deutschen Bank und Milbank (Federführung: Norbert Rieger und Andrea Eggenstein) beraten. PAI wurde von der Anwaltssozietät Hengeler Mueller (Federführung: Emanuel Strehle und Daniel Möritz) unterstützt.
Softwarehaus Avira geht an Nortonlifelock
Investcorp trennt sich schon wieder von Avira: Wie die britische Beteiligungsgesellschaft bekanntgab, verkauft sie den baden-württembergischen Spezialisten für Sicherheitssoftware an den US-Rivalen Nortonlifelock. Der Kaufpreis beträgt 360 Millionen US-Dollar, das sind umgerechnet rund 297 Millionen Euro. Investcorp hatte Avira erst im April dieses Jahres für rund 165 Millionen Euro zugekauft.
Den schnellen Weiterverkauf begründet der Geschäftsführer des Private-Equity-Geschäfts von Investcorp Technology Gilbert Kamieniecky so: „Diese Transaktion spiegelt den schnellen Fortschritt wider, den wir bei der Planung und Umsetzung unserer vereinbarten Wachstumsstrategie gemacht haben.“ Die Transaktion soll im ersten Quartal 2021 abgeschlossen werden und benötigt noch die behördlichen Genehmigungen. Die Anwaltssozietät McDermott Will & Emery (Federführung: Michael Cziesla und Norman Wasse) hat die Verkäuferseite bei dem Deal beraten.
Six und Sbi gründen Joint-Venture für digitale Assets
Der Schweizer Börsenbetreiber Six und der japanische Finanzkonzern Sbi gründen ein Joint-Venture in Singapur: Wie die Schweizer bekanntgaben, wollen die Tochterunternehmen Six Digital Exchange und Sbi Digital Asset ein Gemeinschaftsunternehmen aufbauen, das die Liquidität für institutionelle digitale Vermögenswerte steigern soll. Das Joint-Venture soll – vorbehaltlich der regulatorischen Genehmigungen der singapurischen Finanzaufsicht – 2022 den Betrieb aufnehmen. Das neue Unternehmen verkauft direkt an institutionelle Kunden und verwendet Technologien beider Unternehmen, um Dienste wie Emissionen oder die Verwahrung digitaler Vermögenswerte zu leisten.
Six war in dieser Woche aber nicht nur auf dem internationalen M&A-Markt aktiv, sondern auch im eigenen Land: Six Digital Exchange hat eine „größere Beteiligung“ an dem Schweizer Krypto-Verwahrungsspezialisten Custodigit übernommen. Das Unternehmen ist ein Joint-Venture des Telekom-Konzerns Swisscom und der Schweizer Kryptobank Sygnum. Über die genaue Höhe der Beteiligung und den Kaufpreis ist nichts bekannt.
DFL konkretisiert Einstieg von Private Equity
Ein möglicher Einstieg von Private-Equity-Investoren bei der Deutschen Fußball-Ligawird immer konkreter: Der Organisator der Fußball-Bundesliga gab bekannt, einen Prozess aufsetzen zu wollen, „um die Angebote der Private-Equity-Firmen unter strategischen und finanziellen Gesichtspunkten zu prüfen“. Dieser Prozess startet voraussichtlich im Februar kommenden Jahres und soll frühestens im zweiten Quartal 2021 abgeschlossen werden. Die Frankfurter könnten dann – mit Zustimmung der DFL-Mitgliederversammlung – einen Minderheitsanteil an einer noch zu gründenden DFL-Tochtergesellschaft, die sich um die internationale Vermarktung kümmert, verkaufen.
Der Wert der internationalen Medienrechte der Bundesliga wird auf bis zu 1 Milliarde Euro geschätzt. Mit dem Verkauf eines Aktienpakets von 10 bis 25 Prozent könnte die DFL einen dreistelligen Millionenbetrag einfahren, so Marktbeobachter. Der „Financial Times“ zufolge haben rund 30 PE-Häuser ihr Interesse bekundet, zu denen auch die Investoren Advent, Apax, Bain Capital, General Atlantic, Ardian, Apollo, oder BC Partners gehören sollen. Bereits im Oktober wurde bekannt, dass die DFL Gespräche mit interessierten Finanzinvestoren vorbereitet – damals stand noch eine Beteiligung an der Tochter Bundesliga International im Raum.
Boehringer Ingelheim mit Milliarden-Deal
Boehringer Ingelheim macht einen Milliarden-Deal: Für 1,18 Milliarden Euro übernimmt der Pharmakonzern das Schweizer Biotech NBE-Therapeutics, einen Spezialisten in der Krebstherapie. Das Unternehmen aus Basel wurde mit finanzieller Unterstützung eines Konsortiums aus Unternehmen und institutionellen Investoren gegründet, zu denen unter anderem der Boehringer Ingelheim Venture Fund und die PPF Group sowie die dänische Novo Holdings gehören.
In dem Kaufpreis inbegriffen sind bereits weitere Zahlungen, die fließen, wenn bestimmte klinische und regulatorische Meilensteine erreicht werden. Die Transaktion stärkt den strategischen Fokus tumorzell-gerichtete Therapien und ergänzt einige bestehende Forschungsprojekte, heißt es in der Unternehmensmitteilung. Zudem passe der Deal zu den jüngsten Übernahmen von AMAL Therapeutics und ViraTherapeutics. Das Closing erwarten die Ingelheimer im ersten Quartal des neuen Jahres.
Zudem übernimmt der Pharmakonzern das Biotech Labor Dr. Merk & Kollegen. Wie die Ingelheimer mitteilten, können sie durch die Akquisition ihre Forschungsaktivitäten zur Entwicklung virusbasierter Therapien ausweiten und beschleunigen. Dem Deal muss das Bundeskartellamt noch zustimmen. Über finanzielle Transaktionsdetails haben die Unternehmen Stillschweigen vereinbart. Boehringer Ingelheim und das Labor Dr. Merk arbeiten bereits seit 2015 zusammen. Die Gesellschafter des Biotechs wurden beim Verkauf von der Kanzlei CMS (Federführung: Thomas Meyding) unterstützt.
Zudem hat der Pharmakonzern seit kurzem einen Neuzugang im M&A-Team: Wie dem Karrierenetzwerk „Linkedin“ zu entnehmen ist, hat der ehemalige Lincoln–M&A-Berater Simon Salzman auf die Unternehmensseite gewechselt und ist nun Senior Manager M&A bei dem Pharmakonzern.
Weitere Meldungen
Statt einem Börsengang nun der Verkauf: Nachdem Velero Immobilien im Oktober die geplante Privatplatzierung und Börsennotierung in Frankfurt abgeblasen hat, geht der Berliner Property-Manager nun mehrheitlich an KKR. Wie der Finanzinvestor mitteilte, bleiben die Verkäufer der Anteile – die Velero-Gründer Sascha Giest und Thomas Lange – weiterhin am Unternehmen beteiligt. Die Transaktion umfasst auch den Erwerb eines Portfolios von rund 7.500 Wohneinheiten, für die die Berliner bisher nur Dienstleistungen erbringen. Mithilfe von KKR soll sich Velero zu einer unabhängigen, vollintegrierten Immobilienplattform entwickeln. Finanzielle Details des M&A-Deals, der bis Ende dieses Jahres abgeschlossen werden soll, wurden nicht genannt. KKR wurde bei der Transaktion von Hengeler Mueller (Federführung: Thomas Müller und Thomas Lang) beraten.
Baywa findet endlich einen Minderheitsaktionär für Baywa r.e. Renewable Energy. Wie der Münchener Agrarhandelskonzern mitteilte, hat der zur Credit Suisse gehörende Vermögensverwalter Energy Infrastructure Partners (EIP) 49 Prozent der Anteile an der Baywa-Tochter für Erneuerbare Energien übernommen. Durch die Transaktion, die im Rahmen einer Kapitalerhöhung von Baywa erfolgt, fließen den Münchenern eine Eigenkapitalanlage in Höhe von rund 530 Millionen Euro zu. Baywa bleibt mit 51 Prozent weiterhin Mehrheitsaktionär der Wind- und Solarsparte. Die Münchener haben ihre Tochter vor über einem Jahr ins Schaufenster gestellt – die Coronavirus-Krise legte die Pläne jedoch zunächst auf Eis. Bei der laut Baywa größten Transaktion der Unternehmensgeschichte wurden die Münchener von der Wirtschaftskanzlei Latham & Watkins (Federführung: Rainer Traugott und Stephan Hufnagel) beraten. EIP wurde von der Wirtschaftskanzlei Skadden (Federführung: Jan Bauer) begleitet.
Der US-Riese Gilead Sciences übernimmt das hessische Biotech-Start-up MYR für 1,15 Milliarden Euro. Weitere bis zu 300 Millionen Euro fließen dem Start-up beim Erreichen bestimmter Ziele zu. MYR mit Sitz in Bad Homburg ist auf Therapeutika zur Behandlung des chronischen Hepatitis-Delta-Virus spezialisiert. Freshfields fungierte bei der Transaktion als Rechtsberater von MYR. Gilead ließ sich von Gibson, Dunn & Crutcher (Federführung: Christopher D. Dillon und Dirk Oberbracht) beraten.
Die IKB beteiligt sich minderheitlich an dem Fintech Fundingport. Wie die Unternehmen in einer gemeinsamen Mitteilung bekanntgaben, beteiligt sich die Industriebank mit 30 Prozent an der Corporate-Finance-Plattform um einen neuen Vertriebskanal zu erschließen. Die IKB will ihre Expertise im deutschen Mittelstand und ihre Strukturierungskompetenz für Firmenkundenkredite im Fördermittelgeschäft einbringen. Die Hypoport-Tochter Fundingport stellt im Gegenzug ihre Corporate-Finance-Plattform zur Verfügung. Die IKB ließ sich bei der Übernahme von Hengeler Mueller (Federführung: Lucina Berger) beraten. Finanzielle Transaktionsdetails sind nicht bekannt. Hypoport wurde von P+P Pöllath + Partners (Federführung: Tobias Jäger und Eva-Juliane Stark) unterstützt.
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Bereits im Juli hatte sich der Verkauf des Daimler–Smart-Werks im französischen Hambach an den britischen Chemiekonzern Ineos angebahnt – nun haben der Autobauer und Ineos eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet. Wie die Stuttgarter bekanntgaben, wird Ineos Automotive – die Geländewagentochter des Konzerns – alle Gesellschaftsanteile an Smart France erwerben und das Werk in Hambach „nach Klärung der letzten Details in den nächsten Wochen übernehmen“. Alle rund 1.300 Arbeitsplätze im Werk sollen erhalten bleiben. Zu finanziellen Transaktionsdetails wurden keine Angaben gemacht.
Carlyle schlägt in dieser Woche gleich zweimal auf dem M&A-Markt zu. Wie der US-amerikanische Private-Equity-Investor mitteilte, übernimmt er die Münchener IC Consult Group, einen Spezialisten für IAM-Dienstleistungen (Identity and Access Management). Verkäufer ist der Unternehmensgründer und CEO Jürgen Biermann, der gemeinsam mit dem IC-Consult-Management weiterhin mit einem „signifikanten Anteil“ am Unternehmen beteiligt bleibt. Die Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek (Federführung: Boris Dürr) beriet Carlyle bei der Transaktion. Einen Tag zuvor gab Carlyle außerdem bekannt, den Schweizer Uhrenzulieferer Acrotec übernehmen zu wollen. Mit dem Abschluss der beiden Transaktionen rechnen die US-Amerikaner im ersten Quartal kommenden Jahres. Finanzielle Transaktionsdetails sind nicht bekannt.
Geht die SAP-Tochter Qualtrics nach ihrem geplanten Börsengang in den USA auf Einkaufstour? Es kann bei dem US-Softwarehersteller zu Deals kommen, sagte SAP-Chef Christian Klein in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Die Walldorfer selbst planen derzeit keine Zukäufe – man werde sich auch nach der knapp 28 Milliarden Dollar schweren Slack-Übernahme durch den Konkurrenten Salesforce nicht zu Akquisitionen drängen lassen. „Wir sehen keinen Grund, uns Umsatz kaufen zu müssen”, zitiert der Bericht Klein. Der Dax-Konzern hatte Qualtrics im Jahr 2018 für 8 Milliarden US-Dollar übernommen.
Übernahme-Wirr-Warr bei Klöckner & Co.: Zuletzt waren Gerüchte aufgekommen, dass der Großaktionär Friedhelm Loh und der US-Finanzinvestor Apollo an einem Kauf des Duisburger Stahlhändlers interessiert seien. Nun bestätigte Klöckner & Co. zwar, dass Lohs Beteiligungsgesellschaft Swoctem und Apollo eine unverbindliche Interessenbekundung unterbreitet haben. Das Konsortium habe diese mittlerweile jedoch wieder zurückgezogen und wolle „die Transaktion derzeit nicht weiter verfolgen“.
Info
Die wichtigsten Transaktionen der vergangenen Wochen finden Sie im Überblick auf unserer Themenseite M&A-Deals. Hinweise zur Bewertung im Rahmen von Transaktionen liefern unsere neuen FINANCE-Multiples, die Sie auch in der aktuellen FINANCE-Ausgabe finden.
Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.