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M&A-Experte Meller: „Vorgehen unprofessionell“

Flugzeugabfertigung am Flughafen Hahn: Endet der geplante Verkauf an die chinesische SYT-Gruppe in einem M&A-Debakel?
Flughafen Frankfurt-Hahn

Eigentlich war der Verkauf des Flughafens Hahn im Hunsrück, den Ryanair als „Flughafen Frankfurt Hahn“ als zentrale Drehscheibe in Deutschland nutzt, schon unter Dach und Fach. Der Deal sollte den Bundesländern Rheinland-Pfalz und Hessen rund 15 Millionen Euro an Verkaufserlösen bringen und dafür sorgen, dass die laufenden Verluste des defizitären Flughafens nicht mehr den Landeshaushalt belasten.

Doch jetzt stockt der geplante Verkauf an den chinesischen Investor Shanghai Yiqian Trading (SYT). Die Chinesen haben einen Zahlungstermin versäumt, und es kursieren Gerüchte, dass das Unternehmen überhaupt nicht existiert. Ausgerechnet ein M&A-Deal droht sich zur ersten großen Regierungskrise des frisch gewählten Kabinetts von Ministerpräsidentin Malu Dreyer zu entwickeln. FINANCE sprach mit dem China-Experten Hermann Meller von der Kanzlei Dentons über das drohende Scheitern des China-Deals.   

Herr Meller, Viele sprechen im Zusammenhang mit dem chinesischen Käufer des Flughafens Hahn schon von einer Luftnummer. Was genau ist da schiefgelaufen?
Der Flughafen wurde an ein chinesisches Unternehmen verkauft, das in China niemand kennt. Bei dem Käufer scheint es sich um ein Vehikel ohne Geschäftsbetrieb zu handeln, hinter dem chinesische Privatpersonen stehen. Und keiner weiß, wer diese Leute sind. Kennen die sich mit dem Betrieb eines Flughafens überhaupt aus? Sie wurden anscheinend allein deshalb ausgewählt, weil sie den höchsten Preis geboten und einen Finanzierungsnachweis geliefert haben. Das war ein Risiko.

Der Innenminister von Rheinland-Pfalz, Roger Lewentz, behauptet, das Land hätte an den Meistbietenden verkaufen müssen, weil die EU-Vorgaben das so vorsehen.
So einfach ist das nicht. Ja, es gibt die Vorgabe für öffentliche Verkäufer, das beste Gebot zu berücksichtigen. Aber es ist mitnichten so, dass bei der Beurteilung einzig und allein der Kaufpreis gilt. Aspekte wie der Businessplan, das Nutzungskonzept und die Erfahrung des Bieters in dem entsprechenden Geschäftsbereich können bei öffentlichen Verkaufsprozessen ohne weiteres als wichtige Faktoren definiert werden.

Jetzt hat Lewentz das Problem, dass der Höchstbietende offenbar nicht zahlen kann. Die Chinesen wiegeln ab und behaupten, dass es nun mal eine Weile dauert, bis man Geld aus China herausschaffen kann. Stimmt das?
Das kann schon sein, denn es ist richtig, dass der Transfer größerer Summen ins Ausland von dem zuständigen Ministerium in China genehmigt werden muss. Aber professionelle Käufer aus China bereiten diesen Antrag im Vorfeld der Transaktion schon vor, und dann wird die Zahlung in aller Regel auch schnell genehmigt. Dass es daran jetzt scheitern soll, klingt unprofessionell.

Kein gutes Zeugnis für die Verkäufer.
Das ist so, denn es gab auch seriöse, bekannte Bieter in dem Prozess, zum Beispiel  Henan Civil Aviation Development and Investment (HNCA). Denen wäre das sicherlich nicht passiert.

M&A mit Chinesen: Verkäufer müssen Due Diligence machen

M&A-Deals mit Chinesen waren ja schon immer etwas pikant und komplex. Es gibt aber auch viele Beispiele für gelungene Investorenprozesse, zum Beispiel bei Kion und Putzmeister oder aktuell auch der Einstieg von Midea bei Kuka und von Chiho-Tiande bei Scholz. Woran können Verkäufer und ihre M&A-Berater seriöse von unseriösen chinesischen Käufern unterscheiden?
Background-Checks helfen ungemein. Ist es ein seriöses Unternehmen, kennt es auch jeder China-Experte. Auch wenn der Bieter eine Börsenzulassung in China hat, rechtfertigt das ein gewisses Vertrauen. Wenn der erste Check positiv ausfällt, sollte man in China konkrete Referenzen einholen, zum Beispiel darüber, wie sich der betreffende Investor bei anderen M&A-Deals in der Vergangenheit verhalten hat – und ob es eine M&A-Historie überhaupt gibt.

Theoretisch hätte der Hahn-Käufer SYT da schon auffliegen müssen. Aber der M&A-Prozess bei Hahn ist ja mit KPMG von einer professionellen Adresse gemanagt worden. Sofern KPMG nicht schlampig gearbeitet hat, ist es dann offenbar doch nicht ganz so einfach, wie Sie behaupten.

Einfach ist es tatsächlich nicht, aber ich bleibe dabei, dass bei einer vernünftigen Due Diligence der Kaufinteressenten durch den Verkäufer das Risiko sehr gering ist, dass der Deal aus Gründen scheitert, die mit dem Bieter an sich zusammenhängen.

Gibt es Warnsignale im M&A-Prozess mit Chinesen, die Verkäufer auch stutzig machen sollten?
Wenn der Zugang zu den Entscheidungsträgern konsequent verhindert wird, ist das kein gutes Zeichen. Ebenfalls nicht, wenn neue Vertragsentwürfe wochenlang in China geprüft werden, bis eine Antwort kommt. Das Gleiche gilt, wenn schon ausverhandelte Vertragspunkte plötzlich und unter fadenscheinigen Begründungen wieder in Frage gestellt werden.

All das galt vor zwei, drei Jahren noch als normal bei M&A-Verhandlungen mit Chinesen.
Heute ist das aber nicht mehr normal. Die professionellen Investoren aus China – Unternehmen wie Fosun, Chemchina oder Midea, die weltweit viele Deals machen – haben in ihrer M&A-Praxis mittlerweile westlichen Standard erreicht. Wenn ein Kaufinteressent stark davon abweicht, ist das ein untrügliches Zeichen dafür, dass er keine Erfahrung hat. Dann wäre ich als Verkäufer vorsichtig.  

Info

Due Diligence, Timing, Preisverhandlungen: Was man bei China-Deals alles beachten muss – hier geht es zu unserem FINANCE-Ratgeber zu M&A-Deals mit China

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