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M&A in China – was M&A-Chefs wissen müssen

Die Gerichte in der Metropole Shanghai haben sich in den letzten Jahren stark verbessert. Doch nicht überall im Reich der aufgehenden Sonne herrscht für ausländische Investoren Rechtssicherheit.
Liufuyu/iStock/Thinkstock/Getty Images

Chinesische Käufer haben das vergangene Jahr zu einem Rekordjahr für den deutschen M&A-Markt gemacht. Zuletzt wuchs im Westen allerdings der politische Widerstand gegen diese Übernahmen. Doch wie sieht es anders herum aus? 

Die China-Expertin der Wirtschaftskanzlei CMS, Ulrike Glück, lebt seit 1998 in China und leitet das Shanghaier Büro von CMS. Sie hält besonders einen Punkt in der aktuellen Lageanalyse für wichtig: „Fast alle kleinen und großen deutschen Mittelständler und Konzerne haben bereits eine chinesische Tochter. Die spannende Frage ist, ob sie diese für Zukäufe verwenden können.“ Hintergrund: Ausländische Investitionen unterstehen immer noch dem Katalog zur Lenkung ausländischer Investitionen („Lenkungskatalog“).

Dieser regelt, in welche Branchen die chinesische Regierung ausländische Investitionen fördert, einschränkt oder verbietet. Kritisch betrachtet werden laut Glück weiterhin die Telekommunikations- und Energiebranche, aber auch politisch relevante Branchen wie das Verlagswesen. 

M&A in China: Diese Behörden sind wichtig

Hinzu kommen die sogenannten „M&A-Provisions“. Diese Vorschriften schränken ausländische Käufer zusätzlich ein. Sie sehen vor, dass der Kaufvertrag zwischen einem ausländischen Käufer und einem chinesischen Verkäufer nur gilt, wenn die notwendigen Zustimmungen der Behörden vorliegen. Die Development and Reform Commission verifiziert den Kauf, die Authority of Commerce genehmigt ihn und die Administration for Industry and Commerce registriert die Transaktion.

„Ein weiteres Problem ist, dass der Kaufpreis innerhalb eines Jahres nach dem Abschluss des behördlichen Verfahrens bezahlt werden muss“, berichtet Glück. Das führe dazu, dass Earn-out-Klauseln, die in westlichen Kaufverträgen gängig sind, in China so nicht möglich sind. Um dennoch erfolgsabhängige Kaufpreiszahlungen zu ermöglichen, kann man diese unter dem Deckmantel einer Beratungsgebühr tarnen, oder man kauft bei der Transaktion nicht alle Unternehmensteile, sondern sichert sich für einen Teil eine Call-Option, rät die China-Expertin.

Chinesische Targets über lokale Töchter kaufen

„Die unkomplizierteste Lösung ist es jedoch, ein bestehendes chinesisches Tochterunternehmen für den Kauf zu verwenden“, rät Glück. In diesem Fall fänden die M&A-Provisions keine Anwendung. Wichtig sei, dass die Tochter ein produzierendes Unternehmen und keine Holding-Gesellschaft ist, denn für die Holding würden wieder die M&A-Vorschriften gelten. 

Früher gab es laut Glück auch für produzierende Töchter Einschränkungen. Sie mussten operativ tätig und profitabel sein und nicht auf der „schwarzen Liste“ der chinesischen Regierung stehen. „Offiziell wurden diese Restriktionen aufgehoben. In der Praxis sehen wir allerdings, dass sie von manchen Behörden immer noch angewandt werden“, beobachtet Glück.

Immerhin dürfen die chinesischen Tochterunternehmen seit 2015 Stammkapital für Akquisitionen verwenden. Bis dahin mussten Zukäufe aus Gewinnen oder dem operativen Cashflow gestemmt werden.

Achtung bei chinesischen Escrow-Accounts

Bei allen Lockerungen gilt es für deutsche M&A-Strategen dennoch einiges zu beachten. Die CMS-Anwältin rät deutschen Unternehmen, bei Treuhandlösungen (Escrow-Accounts) Besonderheiten zu beachten: „Wenn ich ein chinesisches Unternehmen über ein ausländisches Akquisitionsvehikel kaufe und eine Escrow-Lösung verwende, muss dieses Treuhandkonto zwingend auf den Verkäufer in China eröffnet werden.“ Es geht nicht, dass der ausländische Käufer einen Teil des Kaufpreises bei sich auf einem Treuhandkonto zurückhält.

Glück berichtet von einem aktuellen Fall, bei dem ein ausländischer Käufer ein chinesischen Unternehmen übernehmen möchte, das ebenfalls in ausländischem Besitz ist. Den Kaufpreis möchte der Käufer über eine seiner chinesischen Töchter aus deren einbehaltenen Gewinnen bezahlen. Das Problem: Der Verkäufer hat aufgrund der dort geltenden Kapitalverkehrskontrollen Sorgen, den Verkaufserlös aus China herauszubekommen.

Chinesische Staatsunternehmen müssen ausgeschrieben werden

Komplizierter wird ein Kauf auch, wenn das chinesische Ziel im Staatsbesitz ist. In diesem Fall ist laut Glück ein Bewertungsbericht von einem speziell dafür qualifizierten Wirtschaftsprüfer nötig. „Im Anschluss muss die Bewertung und das Vorhaben der State Owned Assets Supervisin Administratin Commission vorgelegt werden und dann wird die Transaktion öffentlich ausgeschrieben.“ Dem Käufer fehlt damit die Transaktionssicherheit, da sich theoretisch noch ein Konkurrent einschalten kann. 

Neben der Transaktionssicherheit gilt es auch, auf die Rechtssicherheit zu achten. „Es ist wichtig, im Vertrag eine Schiedsklausel zu verankern“, rät Glück. Gerichte in Shanghai und Peking hätten sich zwar sehr verbessert. Doch je weiter man in das Landesinnere vorstößt, desto schwieriger wird die rechtliche Durchsetzung. Insgesamt orientiert sich das chinesische Vertragsrecht aber stark an dem deutschen BGB.

philipp.habdank[at]finance-magzin.de

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