Insolvenzverwalter Volker Grub klingt selbstbewusst:„Wir befinden uns derzeit im Gespräch mit rund 30 strategischen Investoren.“ Wie FINANCE aus Verhandlungskreisen erfuhr, gilt der österreichische Lichtkonzern Zumtobel, der bereits als Hess-Distributor im Projektgeschäft für Straßenleuchten in mehreren Ländern auftritt, als Favorit unter den möglichen strategischen Käufern. Zumtobel bestätigt ein persönliches Treffen auf Vorstandsebene mit dem Insolvenzverwalter, will sich gegenüber FINANCE aber nicht zu den Inhalten des Gesprächs äußern. Eine Übernahme sei Spekulation. Immerhin gab der Konzern komplementäre Produktportfolios zu, was einen Kauf sinnvoll erscheinen lässt.
Zumtobel aus dem österreichischen Dornbirn stellt Lampen und LEDs her und erzielte 2012 einen Umsatz von knapp 1,3 Milliarden Euro. Auch auf Turnaround-Situationen spezialisierte Finanzinvestoren gelten als interessiert. FINANCE-Informationen zufolge soll es sich um Orlando und Aurelius handeln, die bereits einen Blick in den Datenraum geworfen haben. Die Gespräche mit den Strategen sind schon in einem weiteren Stadium. Als eher unwahrscheinlich gilt eine Übernahme durch eine der strategischen Marktgrößen Philips oder Osram. „Die sind doch schon in einer anderen Größenordnung“, sagt der Kenner weiter. Auch der belgische Konzern Schréder soll sich für den Kauf von Hess interessieren .
Dealbreaker ist die Unternehmensbewertung
Knackpunkt dürfte indes die Unternehmensbewertung nach Enterprise Value werden. Was sind Käufer bereit, für ein seit zwei Jahren defizitäres Unternehmen zu zahlen, und auf welcher Basis wird verhandelt? Gerade hat Hess die Jahresabschlüsse 2011 und 2012 nochmals um 6 bzw. 9 Millionen Euro nach unten korrigiert. 2012 fielen somit 15 Millionen Euro Verlust an, auch 2011 endete rot. Das Grundkapital ist aufgezehrt.
Die Käufer, insbesondere die Finanzinvestoren, werden den Preis drücken wollen. Insolvenzverwalter Volker Grub muss hingegen auf einen Verkaufspreis drängen, der die Gläubiger befriedigt. FINANCE-Berechnungen zufolge haben die größten Gläubiger um die Hausbanken Sparkasse Villingen-Schwenningen und Deutsche Bank noch ausstehende Kredite von 46 Millionen Euro. Die Forderungen von Lieferanten lagen Ende Q3/2012 bei gut 6 Millionen Euro. In der Kasse dürfte sich aus dem IPO-Erlös dem Vernehmen nach nicht viel mehr als ein mittlerer einstelliger Millionenbetrag befinden, so dass die Gläubiger einen großen Teil ihrer Forderungen werden abschreiben müssen. Die Cashburn-Rate von Hess lag zuletzt bei gewaltigen 3 Millionen Euro pro Monat und basierte auf einem wegen zu optimistischen Wachstumsprognosen überdimensionierten Verwaltungsapparat. Da könnten die 6 Millionen Euro, die der Konzern von den Ex-Vorständen zurückfordert, die Verhandlungsmasse erhöhen.
„Das operative Geschäft hingegen ist intakt“, glaubt ein Insider. Allerdings leidet es zusehends unter der Unsicherheit. „Wenn die Kostenstrukturen der Lage angepasst werden, ist das Unternehmen auch wieder profitabel.“ Diese Konstellation macht Hess dann auch für einen Finanzinvestor interessant, der mit eisernem Besen kehrt. Eine erste Entlassungsrunde hat Hess hinter sich, eine weitere könnte folgen.
Schon jetzt ist jedoch klar, dass die Hess-Aktionäre und der Finanzinvestor Holland Private Equity durch den avisierten Asset Deal einen Totalverlust erleiden werden. Schließlich wird die AG entkernt und dadurch zum wertlosen Mantel.