Linde und Praxair kommen der kartellrechtlichen Freigabe ihrer geplanten Fusion näher: Die beiden Gasekonzerne befinden sich in fortgeschrittenen Verhandlungen mit der hessischen Messer Group und dem Private-Equity-Investor CVC über den Verkauf von Teilen ihres amerikanischen Gasegeschäfts. Der Deal soll den Weg für die Fusion freimachen.
Bei dem Verkauf geht es um den überwiegenden Teil des Gasegeschäfts von Linde in Nordamerika sowie einzelne Teile von Linde und Praxair in Südamerika. Linde erzielte 2017 einen Amerika-Umsatz von 4,9 Milliarden Euro, davon entfiel der überwiegende Teil auf die USA.
Den Verkauf der Geschäfte hatten die Kartellbehörden zur Auflage für die Fusion von Linde und Praxair zum dann weltweit größten Gasehesteller gemacht. Der hessische Gasekonzern Messer wollte zu dem möglichen Zukauf auf Anfrage keine Stellung nehmen.
Carlyle galt als Favorit für Lindes und Praxairs Geschäft
Linde hat die Verhandlungen mit dem Messer-CVC-Konsortium bestätigt, nachdem vorab die „Wirtschaftswoche“ darüber berichtet hatte. Reuters berichtete unter Berufung auf Insider, dass eine Entscheidung noch diese Woche fallen könne.
Die Nachrichtenagentur hatte noch im Juni berichtet, der US-Finanzinvestor Carlyle habe im Wettbewerb um das zu verkaufende Linde-Praxair-Geschäft die Nase vorn und habe rund 2,8 Milliarden Euro geboten. Offenbar haben Messer und CVC nun ein attraktiveres Angebot vorgelegt. Ohne die Unterstützung des Finanzinvestors, mit dessen Deutschlandchef Alexander Dibelius den Unternehmer Stefan Messer eine gemeinsame Vergangenheit aus einer früheren Private-Equity-Partnerschaft verbindet, wäre das Familienunternehmen nicht in der Lage, einen Zukauf in dieser Größenordnung finanziell zu stemmen.
Messer kehrt nach Amerika zurück
Für die 1898 gegründete Messer Group, die Industriegase, Gasgemische sowie Gasproduktionsanlagen herstellt, wäre der Zukauf eine Rückkehr nach Amerika. Das Unternehmen hatte die Geschäfte der Gesellschaften in Deutschland, Großbritannien und den USA 2004 an Air Liquide verkauft und ist aktuell nur im südamerikanischen Peru vertreten. Ansonsten ist das Familienunternehmen überwiegend in Europa und Asien unterwegs.
Vor wenigen Wochen erst präsentierte das Management unter Eigentümer und CEO Stefan Messer sowie dem langjährigen CFO Hans-Gerd Wienands die Zahlen für das Geschäftsjahr 2017. Der Umsatz ist um 7,5 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro angestiegen, der operative Gewinn verbesserte sich um 16 Prozent auf 290 Millionen Euro. Die Nettoverschuldung konnte stärker als erwartet gesenkt werden, gab Finanzchef Wienands an, ohne genaue Zahlen zu nennen.
Wie genau die mögliche Finanzierung der Übernahme des Linde-Praxair-Geschäfts aussehen könnte und wie dabei die Rollenverteilung zwischen der Messer Group und CVC aussieht, ist noch nicht klar.
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Praxair hat Europa-Geschäft nach Japan verkauft
Linde und Praxair gaben im Winter 2016 nach einem langen hin und her ihre 60 Milliarden Euro schwere Fusion bekannt. Doch die Freigabe der Kartellbehörden gestaltete sich als schwierig: Brüssel stand der Fusion skeptisch gegenüber und hatte im Februar eine vertiefte Prüfung des Vorhabens eingeleitet.
Bereits in der vergangenen Woche sind die beiden Konzerne einen wichtigen Schritt Richtung Kartellfreigabe gegangen und teilten mit, dass der japanische Rivale Taiyo Nippon Sanso ein 5 Milliarden Euro schweres Unternehmenspaket von Praxair in Europa kaufen werde. Praxair gibt damit einen Großteil seiner europäischen Geschäfte ab, um dem Zusammenschluss näher zu kommen.
Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.