Es gibt viele Gründe, warum ein Gesellschafter Minderheitsanteile verkauft: Jemand möchte sich aus Altersgründen zurückziehen, ein Venture-Capital-Fonds will seine Anteile abgeben, in einem Familienunternehmen kommt es zu Zwistigkeiten in den Nachfolgegenerationen, oder es passt menschlich nicht mehr mit dem unternehmerischen Partner. Doch je geringer der Anteil an einem Unternehmen ist, den man verkaufen möchte, umso schwieriger ist es, einen Käufer zu finden. Der Aufwand für den M&A-Prozess steigt erheblich.
Vieles hängt bei einem Verkauf von Minderheitsanteilen vom Mehrheitsgesellschafter ab. Im Idealfall kann der Minderheitsgesellschafter seine Anteile an diesen zu einem fairen Preis verkaufen. Auch ein gemeinsamer Verkauf des gesamten Unternehmens ist denkbar. Damit sich die Fronten nicht verhärten, sollte der Verkäufer bei diesen Verhandlungen aber nach Möglichkeit keinen zu großen Druck auf den Mitgesellschafter aufbauen.
Schwieriger wird es, wenn der Mehrheitseigner möglichst wenig investieren möchte oder gar zu verhindern versucht, dass Anteile an einen externen Investor verkauft werden. Selbst wenn alle Gesellschafter offen für einen neuen Käufer sind, muss dieser erst einmal gefunden werden.
Sonderrechte machen Minderheitsanteile attraktiver
Das Problem: Nur eine kleine Gruppe von PE-Investoren und Family Offices ist überhaupt bereit, im Rahmen eines M&A-Deals Minderheitsanteile zu erwerben. Und das aus gutem Grund. Nur wer ein Unternehmen komplett besitzt, kann dieses auch vollständig kontrollieren.
Weitere Anteilseigner könnten strategische Pläne zum Beispiel durch Anfechtungsklagen, den Verweis auf Informationsrechte oder durch die Blockade eines Gesamtverkaufs durchkreuzen. Wie viel Mitspracherecht ein Gesellschafter hat, hängt von der Anteilsverteilung ab: Gesellschafter mit mehr als 25,1 Prozent Anteilen können sogar Satzungsänderungen oder Teilverkäufe des Unternehmens verhindern.
Minderheitsgesellschafter mit einem Anteil von weniger als 25,1 Prozent haben von Gesetzes wegen nur wenige Rechte, allerdings können in einer Satzung oder der Gesellschaftervereinbarung abweichende Absprachen getroffen werden.
Verkäufer können in diesem Punkt ansetzen: Eine Möglichkeit, die Minderheitsanteile für potentielle Käufer interessanter zu machen, besteht darin, für diese bestimmte Sonderrechte zu erwirken. Diese Rechte umfassen unter anderem Vorzugsdividenden, Mitverkaufsrechte oder (Veto-)Rechte bei der Bestellung von Organen wie Aufsichtsräten, Beiräten oder Geschäftsführern.
Zudem gibt es die Möglichkeit, einen Katalog zustimmungspflichtiger Maßnahmen zu definieren. Wenn ein gutes Verhältnis mit dem Mehrheitsgesellschafter besteht, kann der Minderheitsgesellschafter mit diesem auch Put/Call-Optionen für die Minderheitsanteile vereinbaren.
Mehrheitsgesellschafter will beim M&A-Deal oft mitreden
Forderungen nach Anpassungen und Sonderrechten lösen während der M&A-Verhandlungen allerdings oft heftige Diskussionen mit dem Mehrheitsgesellschafter aus. Für Transaktionsbegleiter geht es daher nicht nur darum, für den Verkäufer einen angemessenen Kaufpreis zu erzielen, Vielmehr muss der Mehrheitsgesellschafter den potentiellen Käufer als geeigneten Mitgesellschafter akzeptieren. Erst dann wird er bereit sein, sich mit diesem an einen Tisch zu setzen und in die möglicherweise schwierigen und zeitintensiven M&A-Verhandlungen einzusteigen.
Sollte die Überzeugungsarbeit für den potentiellen Käufer nicht fruchten – und das ist in einer Mehrheit der Projekte der Fall – bleiben dem verkaufswilligen Minderheitsgesellschafter nur juristische Maßnahmen wie Anfechtungsklagen, Sonderprüfungen, Auskunftsansprüche oder das Bestehen auf Form- und Fristerfordernissen, um den Verkaufsprozess zu einem Ende zu bringen.
Die menschliche Komponente spielt beim Verkauf von Minderheitsanteilen oft eine zentrale, zuweilen auch blockierende Rolle, beispielsweise wenn es innerhalb des Gesellschafterkreises zu Streit gekommen ist. Externe Transaktionsbegleiter und M&A-Berater können und müssen als Außenstehende häufig vermitteln, um den M&A-Deal erfolgreich zum Abschluss zu bringen.
Manch ein Mehrheitsgesellschafter hat sich in einem M&A-Prozess nach anfänglichem Zögern schon davon überzeugen lassen, die Minderheitsanteile zu einem angemessenen Preis zu übernehmen, weil er im Gegenzug Unterstützung beim Arrangieren der erforderlichen Finanzierung erhalten hat. Für Verkäufer ist ein solcher Ausgang die günstigste Variante: Sie spart sowohl die schwierige Käufersuche als auch zeitraubende und womöglich teure Verhandlungsrunden.