Rocket Internet trennt sich von einem weiteren Portfoliounternehmen. Die Berliner Startup-Schmiede hat 44 Prozent ihrer Beteiligung an der Online-Handelsplattform Lazada verkauft, die sie 2011 gegründet hat. Das entspricht rund 9,1 Prozent an dem Unternehmen, dass aus Singapur heraus in Südostasien operiert und das Geschäftsmodell von Amazon kopiert. Lazada expandiert stark und hatte zuletzt Angaben der Nachrichtenagentur dpa zufolge 8,7 Millionen aktive Kunden. Doch das Wachstum ist teuer erkauft: Im vergangenen Jahr häufte Lazada einen bereinigten Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 213 Millionen US-Dollar an. Der Umsatz lag bei 191 Millionen Dollar.
Die Rocket-Anteile gehen für 137 Millionen US-Dollar (knapp 120 Millionen Euro) an die chinesische Handelsplattform Alibaba. Die Chinesen stellen Lazada zudem eine Kapitalerhöhung über 500 Millionen Dollar zur Verfügung , wodurch sich die Unternehmensbewertung auf 1,5 Milliarden Dollar beläuft. Nach der Transaktion wird Alibaba beherrschender Anteilseigner sein. Für den noch bei Rocket verbleibenden Lazada-Anteil von 8,8 Prozent bestehen wechselseitige Put-/Call-Optionen zwischen Rocket und Alibaba, die sich auf die nächsten zwölf bis achtzehn Monate erstrecken.
Lazada ist für Rocket Internet ein lukratives Investments
Rocket Internet macht durch den Verkauf schon jetzt einen Cashgewinn von mehr als 100 Millionen Euro und kann im Falle eines Verkaufs des Restanteils zu vergleichbaren Konditionen seinen Einsatz bei Lazada damit eigenen Aussagen zufolge in etwa verfünfzehnfachen. Die Berliner haben insgesamt lediglich rund 18 Millionen Euro in Lazada investiert, erklärte ein Sprecher gegenüber FINANCE.
Den Portfoliowert (Last-Portfolio-Value) hatte Rocket Internet bei der letzten Finanzierungsrunde Ende 2014 bei einem Anteil von 23,8 Prozent allerdings schon mit 228 Millionen Euro angegeben. Dies führt dazu, dass aus dem Exit nur noch ein vergleichsweise kleiner Buchgewinn im niedrigen bis mittleren zweistelligen Millionenbereich anfallen wird.
Rocket Internet reduziert Cash-Burn-Rate
Der Verkauf der E-Commerce-Plattform in Asien reiht sich ein in eine Reihe von Deals, die Rocket Internet in den vergangenen Monaten vollzogen hat. Die Berliner wollen sich von Beteiligungen trennen, die nicht zum Kerngeschäft gehören und keine Marktführerschaft erlangen. So soll die Komplexität des Rocket-Portfolios reduziert werden, dessen Granularität viele Investoren seit dem Börsengang von Rocket Internet bemängeln. In diesem Zuge verkaufte Rocket Internet im Februar zum Beispiel Essenslieferdienste für 125 Millionen Euro in Spanien, Italien, Brasilien und Mexiko.
Auch der Lazada-Exit ist vor diesem Hintergrund zu sehen, denn Lazada war eines von zwei Portfoliounternehmen, für welches das Rocket-Management kurzfristig noch steigende Cash-Burn-Raten vorhergesagt hatte. Der Exit reduziert nun die Sorgen der Investoren vor dem rasanten Kapitalverzehr der Berliner. „Zumindest für die nächsten Jahre werden die Befürchtungen um neuerlichen Kapitalbedarf bei Rocket nun verschwinden“, kommentierte die Berenberg Bank.
Die Umkehr geschieht auch auf Druck des Kapitalmarkts, der die Wachstumsstory von Rocket Internet zuletzt ins Stocken gebracht hatte. Nachdem sich das Berliner Unternehmen viel Geld mit einer Kapitalerhöhung und einer Wandelanleihe beschafft hatte, reagierten die Investoren empört, der Aktienkurs brach auf rund 18 Euro ein und lag damit bei weniger als der Hälfte des Ausgabepreises von 42,50 Euro beim IPO im Oktober 2014.
Dies hat Rocket Internet dazu gebracht, den Kapitalmarkt bis auf weiteres nicht mehr anzapfen zu wollen. Das Unternehmen sammelte stattdessen fast eine halbe Milliarde Dollar für einen Venture-Fonds ein, der an der Seite von Rocket investieren soll. Die Investoren scheinen auf die neue Strategie positiv zu reagieren: Mittlerweile ist der Aktienkurs wieder auf rund 26 Euro gestiegen. Auch heute geht es um 3 Prozent nach oben. Am Donnerstag wird das Rocket-Management um CFO Peter Kimpel die Jahreszahlen präsentieren.
Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.