Der niederländische TV-Produzent Endemol Shine sorgt für großes Interesse am M&A-Markt. Einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters zufolge sollen zahlreiche Medienkonzerne an den Niederländern interessiert sein – darunter der US-Kabelnetzbetreiber Liberty Global, der britische Sender ITV und der kanadische Medienkonzern Lions Gate – aber auch der MDax-Konzern RTL über seine Tochter Freemantle Media. Keines der genannten Unternehmen stand für einen Kommentar zur Verfügung.
Die potentiellen Verkäufer, der Finanzinvestor Apollo und Rupert Murdoch’s Twenty-First Century Fox, hoffen dem Reuters-Bericht zufolge auf einen Verkaufserlös zwischen 2,5 und 3 Milliarden Euro, zitiert Reuters einen mit der Sache vertrauten Banker. Das würde in etwa dem 10-fachen des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) entsprechen.
Diese Preisvorstellung könnte sich als ambitioniert erweisen. Endemol soll über eine schwache Bilanz verfügen und zudem zahlreiche veraltete TV-Formate im Portfolio haben. Die Interessenten um RTL sollen daher lediglich bereit sein, 2 bis 2,5 Milliarden Euro für die Niederländer in die Hand zu nehmen.
Liberty könnte Unitymedia-Milliarden reinvestieren
Aber schon ein solcher Betrag würde RTL an die selbstgesteckte finanzielle Schmerzgrenze führen. Die Bertelsmann-Tochter weist aktuell eine Nettofinanzverschuldung von 545 Millionen Euro bei einem Ebitda von 1,5 Milliarden Euro aus. Dies entspricht einem sehr niedrigen Verhältnis von Net Debt zu Ebitda von etwa 0,4.
RTL hat sich am Kapitalmarkt allerdings explizit konservativ positioniert und will den Leverage laut Geschäftsbericht 2017 in einem Korridor zwischen 0,5 und 1x Ebitda halten. Würde CFO Elmar Heggen einen potentiellen Endemol-Kauf komplett über Schulden finanzieren, bräche der Medienkonzern mit einem Leverage von rund 1,7x Ebitda diese selbstgesteckte Vorgabe deutlich. Zusammen mit einer Übernahme müsste eine Kapitalerhöhung von bis zu 1 Milliarde Euro her, um dies zu vermeiden.
FINANCE-Köpfe
Der US-Konzern Liberty Global hätte hingegen keine finanziellen Probleme mit einem Zukauf. Der US-Konzern verhandelt derzeit mit Vodafone über den Verkauf der deutschen Kabelnetztochter Unitymedia sowie einige seiner europäischen Aktivitäten. Der Deal würde 18 Milliarden Euro in die Kasse spülen, sofern die Kartellbehörden ihn genehmigen. Ein Endemol-Kauf wäre mit dem frischen Kapital dann leicht möglich, käme für Liberty aber etwa ein halbes Jahr zu früh.
Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.