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So lief das M&A-Jahr 2019

2019 war ein durchwachsenes Jahr am deutschen M&A-Markt.
linetic/iStock/Getty Images

2019 war ein durchwachsenes Jahr am deutschen M&A-Markt: Zwar gab es einige wenige große Deals mit deutscher Beteiligung – wie beispielsweise die Übernahmen von Cypress durch Infineon oder die von Wabco durch ZF. Doch große, transformatorische Deals in zweistelliger Milliardenhöhe – wie der Markt sie noch im Jahr 2018 mit Vodafone/Unitymedia erlebte – sind in diesem Jahr weitestgehend ausgeblieben.

Das spiegelt sich auch in den Volumina der Deals mit deutscher Beteiligung wider: Daten des Finanzportals „Mergermarket“ zufolge fanden hierzulande bis Ende September 2019 Transaktionen mit einem Gesamtvolumen von 64 Milliarden Euro statt. Im vergleichbaren Vorjahreszeitraum hatte das Dealvolumen in Deutschland noch bei insgesamt 95 Milliarden Euro gelegen.

Hinzu kommt, dass auch die Anzahl der deutschen Deals im Vergleich zum Vorjahr gesunken ist – laut „Mergermarket“-Daten von 748 Transaktionen in den ersten neun Monaten des Jahres 2018 auf etwas mehr als 700 Deals im Vergleichszeitraum des laufenden Jahres.

Deutscher M&A-Markt erreicht Normalniveau

Dass 2019 M&A-technisch hinter dem Vorjahr zurückbleibt, überrasche nicht, meint Thomas Krecek, Rechtsanwalt und Partner bei Clifford Chance: „2017 und 2018 waren in vielerlei Hinsicht außerordentliche Jahre – mit besonders großen Deals und vielen Cross-Border-Transaktionen, vor allem zwischen chinesischen Investoren und größeren deutschen Mittelständlern.“

Den Rückgang bei der Anzahl und dem Volumen der Deals dürfe man daher nicht als dramatischen Einbruch verstehen: „Vielmehr nähert sich das M&A-Niveau nach außerordentlich guten Jahren wieder dem ‚normalen Pegelstand‘ an, so wie er noch vor drei bis vier Jahren war“, beobachtet Krecek.

Kreceks Kollege Stefan Bruder fasst das deutsche M&A-Jahr 2019 hingegen mit nur drei Worten zusammen: Umtriebig, diffus und vielseitig. „Das Jahr war M&A-technisch umtriebig, weil wir viele verschiedene Deal-Strukturen gesehen haben, und es war diffus, weil sich trotz alledem kein klarer Trend erkennen ließ.“ Vielseitig war 2019 laut dem M&A-Experten, da sich in diesem Jahr viele Deal-Opportunitäten für die Unternehmen und Finanzinvestoren aufgetan hätten.

M&A-Treiber 2019: P2Ps und Carve-outs

Einen klares M&A-Muster können die Berater für das Jahr 2019 zwar nicht ausmachen. Nichtsdestotrotz kristallisierten sich zumindest einige Regelmäßigkeiten bei deutschen Deals heraus. „Zu Beginn des Jahres waren Public-to-Private-Deals in aller Munde“, erinnert sich Stefan Bruder, und nennt mit Scout24 und Osram die zwei prominentesten Beispiele. Diese hätten gezeigt, dass große öffentliche Übernahmen durch Private-Equity-Investoren operativ möglich seien, und die Regulatorik keinen Hemmschuh darstelle. Am Ende sind jedoch beide Transaktionen gescheitert. Bei Scout24 wurde die angepeilte Annahmequote nicht erreicht, bei Osram machte schließlich AMS das Rennen.

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Ein weiterer Trend, der sich schon im Vorjahr angekündigt hatte, nahm in 2019 an Fahrt auf: Immer mehr Unternehmen trennen sich von Bereichen, die nicht mehr zum Kerngeschäft passen. So hat etwa BASF in diesem Jahr sein Pigmentgeschäft verkauft, Bayer und Lanxess trennen sich von dem Chemieparkbetreiber Currenta, und Vossloh will sein Lokomotivengeschäft an Chinesen veräußern.

Dass Deutschland demnächst eine regelrechte Carve-out-Welle erreichen könnte, davon gehen auch die M&A-Experten von Clifford Chance aus. Die prominentesten Beispiele sind die Pläne von ThyssenKrupp zum Verkauf der Aufzugsparte und der angestoßene M&A-Prozess für die Kabelsparte des angeschlagenen Autozulieferers Leoni.

Joint-Ventures senken M&A-Risiko

Mit dem Verkauf einzelner Geschäftsteile reagieren deutsche Unternehmen auf die sich andeutende konjunkturelle Eintrübung. Auf der Käuferseite hat sich hingegen weniger verändert: Hier buhlen liquiditätsstarke Investoren – allen voran Private-Equity-Investoren – immer noch um die Gunst der profitablen Zielunternehmen.

Sehr große Transaktionen rufen zudem vermehrt Konsortien auf den Plan, berichtet Thomas Krecek: „Investoren haben sich in diesem Jahr öfter mit Co-Investoren verbündet, um für ein Target zu bieten.“ So hätten es in diesem Jahr und im letzten Jahr zahlreiche Finanzinvestoren exemplarisch vorgemacht, z.B. bei der Privatisierung der HSH Nordbank oder der versuchten Osram-Übernahme.

Auch Joint-Ventures seien neben Co-Investments eine Möglichkeit, sich zunächst an einem Unternehmen zu beteiligen – mit der Option, die Anteile später aufzustocken. So gelinge Krecek zufolge der Einstieg in einen neuen Markt, ohne das volle Transaktionsrisiko alleine zu tragen.

Letztlich sind sich Bruder und Krecek darin einig, dass das Jahr 2019 vor allem im Industriesektor eher durch defensives M&A, denn durch aggressive Zukaufstrategien geprägt war. Das dürfte sich 2020 ändern.

olivia.harder[at]finance-magazin.de

Info

Welche Trends die M&A-Experten für 2020 prognostizieren, erfahren Sie in unserem M&A-Ausblick 2020, der kommende Woche Montag erscheint.

Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.

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