Solarworld hat sich für die Entwicklung eines Lithium-Projekts im Osterzgebirge einen Partner an Bord geholt. Der an der Londoner Börse gelistete Projektentwickler Bacanora Minerals mit Sitz in Kanada übernimmt zunächst einen Anteil von 50 Prozent an dem Projekt und zahlt dafür 5 Millionen Euro an den kriselnden Solarkonzern. Das Joint Venture wird künftig unter dem Namen Deutsche Lithium operieren und von beiden Unternehmen gemeinsam geführt.
Solarworld hatte 2011 mit der Erkundung von Lithium-Vorkommen in der Region begonnen, da Lithium als Rohstoff für Speichertechnologien relevant ist. Diese gelten wiederum als Schlüsseltechnologie, um Solarstrom besser nutzbar zu machen.
Finanzielle Dimension des Deals nicht zu unterschätzen
Obwohl die erste Zahlung der Kanadier mit 5 Millionen Euro gering erscheint, ist die finanzielle Dimension des Schulterschlusses nicht zu unterschätzen: Solarworld verschafft sich mit dem Anteilsverkauf nicht nur eine kleine Liquiditätsspritze, sondern kann auch die Kosten für die weitere Erkundung und Erschließung der Lithium-Mine an den neuen Projektpartner auslagern. Bacanora Minerals wird in den kommenden 18 bis 24 Monaten eine laufende Machbarkeitsstudie abschließen und auch sämtliche finanziellen Investitionen tätigen, teilte Solarworld am heutigen Dienstag mit.
Mittelfristig dürfte sich Solarworld sogar komplett aus dem Projekt verabschieden: Bacanora hat die Option, innerhalb von 24 Monaten auch die übrigen 50 Prozent der Anteile zu kaufen. Solarworld bekäme dann nach eigenen Angaben einen nicht genau bezifferter Betrag „im mittleren zweistelligen Millionenbereich“. CEO Frank Asbeck zufolge sollen „das Knowhow und die finanziellen Mittel unseres Partners das Projekt weiter voranbringen“. Alles in allem könnte der Deal die Solarworld-Kasse also um einen mittleren bis hohen zweistelligen Millionenbereich entlasten.
Solarworld wehrt sich gegen US-Klage von Hemlock
Die Entlastung bringt Solarworld nach derzeitigem Ermessen allerdings nur eine leichte Entspannung der Finanzlage – existenzbedrohend ist eine Schadenersatzklage in den USA, die wie ein Damoklesschwert über den Unternehmen schwebt. Der Siliziumlieferant Hemlock streitet sich mit einer Solarworld-Tochter vor Gericht, Hemlock fordert von Solarworld 585 Millionen US-Dollar zuzüglich 208 Millionen Dollar Zinsen. Im vergangenen Juli hat ein Richter in einem erstinstanzlichen Urteil der Klage Hemlocks stattgegeben.
Solarworld hat Rechtsmittel gegen die Entscheidung eingelegt, das zweitinstanzliche Verfahren soll insgesamt rund ein Jahr dauern. Damit würde sich im Sommer entscheiden, ob Solarworld die hohe Summe von rund 800 Millionen Dollar wirklich zahlen muss. Der Konzern zweifelt an, dass das Urteil auch in Europa tatsächlich vollstreckt werden kann.
Für Solarworld wäre eine Vollstreckung existenzgefährdend, denn die geforderte Summe übersteigt die vorhandenen Mittel deutlich. CFO Philipp Koecke konnte zum Jahresende 2016 noch liquide Mittel von 88 Millionen Euro ausweisen, nicht einmal mehr die Hälfte des Vorjahreswertes (189 Millionen Euro). Großes Potential um neue Schulden aufzunehmen hat Solarworld nicht mehr, nachdem CEO Asbeck und CFO Koecke bereits 2013 die Solarworld-Gläubiger um einen umfangreichen Schuldenerlass bitten mussten, um der Pleite zu entgehen.
Solarworld rutscht tiefer in die Verluste und muss fokussieren
Um zumindest operativ die Kehrtwende zu schaffen, hat Solarworld kürzlich entschieden, sein Geschäft auf monokristalline Produkte zu fokussieren. Damit will Solarworld den Aufwand in Produktion, Vertrieb und Verwaltung senken und bis zu 400 Mitarbeiter einsparen. Die Fertigung multikristalliner Wafer, Zellen und Module wird im Laufe dieses Jahres stillgelegt.
Damit reagiert das Management auf eine erneute Verschärfung der Ertragskrise, denn Solarworld ist wieder tiefer in die roten Zahlen gerutscht: Den vorläufigen Geschäftszahlen für das Jahr 2016 zufolge stieg der Konzernumsatz um 5 Prozent auf 803 Millionen Euro, doch das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) lag mit einem Minus von 26 Millionen Euro deutlich im roten Bereich. Darin enthalten sind bereits Rückstellungen über 12 Millionen Euro für die Fokussierung der operativen Aktivitäten bis 2019.
Das vorläufige Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) liegt 2016 bei einem Minus von 99 Millionen Euro und damit deutlich unter dem Vorjahr, als ein Minus von 4 Millionen Euro berichtet wurde. Für 2017 erwarten Asbeck und Koecke zwar einen Rückgang der Verluste, allerdings nicht den Sprung in die schwarzen Zahlen.
Info
Alles über die wechselhafte Geschichte des Solarunternehmens und ein FINANCE-TV-Interview, in dem CFO Koecke über die harten Monate der Restruktrurierung erzählt, finden Sie auf unserer Themenseite zu Solarworld.