Der US-Konzern Standard Industries greift beim Versuch, den Dachziegelhersteller Braas Monier zu übernehmen, zu juristischen Mitteln. Wie beide Unternehmen mitteilten, haben die Amerikaner eine einstweilige Verfügung gegen eine Kapitalerhöhung bei Braas Monier erworben.
Das Argument von Standard Industries: Die vor rund einer Woche von Braas Monier angekündigte Ausgabe von rund 4 Millionen Gratisaktien verstoße gegen das für die Übernahme relevante luxemburgische Übernahmerecht. Standard Industries zeigt sich überzeugt, dass „die angekündigten Maßnahmen gegen rechtliche Verpflichtungen des Board verstoßen und unzulässige Verteidigungsmaßnahmen darstellen“, heißt es in der Pressemitteilung der Amerikaner.
Braas Monier wehrt sich gegen Vorwürfe von Standard Industries
Standard Industries sieht in den Gratisaktien keinen Mehrwert für die Aktionäre. Eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftermitteln, die keinen Wert schafft und ein rein buchhalterischer Vorgang ist, könne niemals zu einer verpflichtenden Erhöhung des Kaufpreises führen, so der Konzern weiter.
Braas Monier hält in einer ebenfalls am heutigen Dienstag veröffentlichten Stellungnahme dagegen, die einstweilige Verfügung habe keine Grundlage. Braas Monier bewege sich innerhalb des von Standard Industries gesteckten Angebotsrahmens. Dieser erlaube Braas Monier unter anderem eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftermitteln um 10 Prozent. An diese Vorgabe habe sich Braas Monier gehalten.
Zudem hätte Standard Industries die Möglichkeit gehabt, eine Kapitalerhöhung von vornherein auszuschließen, was nicht der Fall war. Braas Monier will deshalb „alle verfügbaren rechtlichen Schritte ergreifen“, um die einstweilige Verfügung aufzuheben. Bis ein Gericht endgültig über den Fall urteilt, darf Braas Monier keine Aktien ausgeben.
Am 23. Dezember kommt es bei Braas Monier zum Showdown
Je nach Blickwinkel ist entweder Standard Industries eine Nachlässigkeit in den Angebotsunterlagen unterlaufen, die von Braas Monier clever ausgenutzt wurde – oder Braas Monier hat mit der Ausgabe von Gratisaktien gegen Übernahmerecht verstoßen. Auf einen eindeutigen Paragraphen, der die Ausgabe von Gratisaktien ausdrücklich verbietet, bezieht sich Standard Industries wohl nicht. Vielmehr scheint es um die Grundsatzfrage zu gehen, ob solch eine Abwehrmaßnahme gesetzlich toleriert wird und damit ein Präzedenzfall für künftige Übernahmekämpfe geschaffen wird.
In Frankreich, an dessen Übernahmerecht sich das luxemburgische stark anlehnt, entschied die Börsenaufsicht im April bei einem ähnlichen Fall zugunsten des potenziellen Käufers. Damals versuchte das Pharmaunternehmen Aventis die Übernahme durch den Konkurrenten Sanofi durch eine Kapitalerhöhung zu erschweren.
Am 23. Dezember läuft das Übernahmeangebot von Standard Industries aus. Braas Monier dürfte also versuchen, möglichst schnell das zuständige Gericht davon zu überzeugen, dass die Kapitalerhöhung rechtmäßig wäre – schließlich müssen die Hessen den Schritt wenigstens einige Tage vor Ablauf der Frist vollziehen, um die Übernahme für Standard Industries teurer zu machen.
Diese haben sich bereits 40 Prozent an Braas Monier gesichert und bieten für die restlichen Anteile 25 Euro je Aktie. Bekommen die Frankfurter Recht, müsste Standard Industries für die restlichen 60 Prozent rund 650 Millionen Euro auf den Tisch legen. Gewinnen dagegen die Amerikaner läge der Transaktionswert bei 588 Millionen Euro.