Wenn das nächste Mal über einen M&A-Deal berichtet wird, der eigentlich noch geheim sein sollte, dann wurde die Information wahrscheinlich gezielt durchgestochen. Das sagt eine Studie des Mergers and Acquisitions Research Center der Cass Business School an der City University London im Auftrag von Intralinks. Für die Studie „When no one knows – Pre-announcement M&A activity and its effect on M&A outcomes“ wurden 519 Fusionen und Übernahmen analysiert, die zwischen 2008 und 2012 öffentlich angekündigt worden waren. 30 M&A-Experten gaben in Interviews ihre Einschätzung zu den Ergebnissen ab.
In den untersuchten Fällen standen die Leaks oft im Zusammenhang mit dem vereinbarten offiziellen Ankündigungstermin des M&A-Deals. Die Autoren vermuten daher ein strategisches Vorgehen bei der Weitergabe von Informationen. Genauer untersucht wurden 142 Transaktionen mit börsennotierten Targets. Ungewöhnlich hohe Handelsaktivitäten und außergewöhnliche Preisschwankungen wurden als Hinweise auf Leaks gewertet. Die Autoren fanden in den Daten keine Hinweise auf Leaks in einem frühen Verhandlungsstadium. Dabei schätzen die Forscher das Risiko, dass unbeabsichtigt etwas durchsickert, in dieser Phase als besonders hoch ein: Alle Beteiligten führen viele Gespräche, mehrere Verhandlungsfäden laufen parallel. Eine falsch adressierte E-Mail ist schnell geschrieben. Dass es keine Hinweise auf Leaks in dieser Phase gibt, erklärt sich für die Autoren schnell: Weder Käufer noch Verkäufer hätten in diesem frühen Stadium einen Vorteil. Auch zur Öffnung des virtuellen Datenraums und bis zu 40 Tage danach fänden sich keine Hinweise darauf, dass Informationen an die Öffentlichkeit gelangen.
Leaks häufen sich während der Due Diligence
Der Studie zufolge häufen sich Leaks in einem fortgeschrittenen Stadium des M&A-Prozesses. Die Due Diligence läuft, die Verhandlungen nähern sich einem Ergebnis – und nicht immer ist dieses für beide Seiten befriedigend. Es sei daher wahrscheinlich, dass eine Partei die Transaktion durch einegezielte Indiskretion in ihre Richtung drehen wolle, schlussfolgern die Autoren. Auch die befragten Marktteilnehmer hätten angegeben, dass gezielte Leaks häufiger vorkommen als versehentliche.
Eine vorhergehende Studie im April 2013 hatte bereits gezeigt, dass M&A-Deals oft höhere Übernahmeprämien bringen, wenn sie vor Abschluss der Verhandlungen bekannt werden. Durch Leaks werden Wettbewerber auf die Transaktion aufmerksam, womöglich entsteht ein Bieterwettstreit. Ein spanischer Unternehmensvertreter bestätigte in der jüngsten Studie, dass manche Verkäufer Leaks nutzten, um den Käufer dazu zu bringen, die Due Diligence abzukürzen und den Deal schnell zu unterzeichnen – mit allen Risiken, die dies für den Käufer bringt. Eine Alternative bringt ein britischer Wirtschaftsprüfer ins Spiel: Demnach kann ein gezielter Leak durchaus ein Eigentor sein. So könnten Käufer durch Leaks auch dazu gebracht werden, ihre Prüfungen zu intensivieren, um dadurch auch die undichte Stelle aufzuspüren.