Stefan Sommer, der CEO des Automobilzulieferers ZF Friedrichshafen, steht übereinstimmenden Medienberichten zufolge offenbar kurz von seiner Abberufung durch den Aufsichtsrat des Stiftungskonzerns. Laut diesen Berichten soll spätestens bei der kommenden Aufsichtsratssitzung am 12. Dezember über Sommers Zukunft entschieden werden. Grund für die personelle Veränderung soll das zu hohe M&A-Tempo des Vorstandschefs sein. Die Inhalte der Medienberichte wollte ZF auf eine FINANCE-Anfrage nicht kommentieren.
Laut einem Artikel der „Schwäbischen Zeitung“ sollen die Unternehmenswächter von Deutschlands drittgrößtem Automobilzulieferer sogar bereits am heutigen Montag zusammenkommen, um eine Entscheidung über die Demission von Sommer zu fällen. Die Zeitung beruft sich bei ihren Informationen auf Unternehmenskreise. Sommers Vertrag läuft regulär noch bis Frühjahr 2022.
Das „Handelsblatt“ hatte zuvor berichtet, der ZF-Eigentümer – die von der Stadt Friedrichshafen kontrollierte Zeppelin-Stiftung – habe dem Vorstandschef nahegelegt, von sich aus zu gehen. Dagegen habe Sommer sich aber gesperrt.
Rücktritt von Aufsichtsratschef Giorgio Behr
Der Dissens über die strategische Ausrichtung und das Wachstumstempo besteht offenbar schon länger, wurde aber in der vergangenen Woche offensichtlich: Am Dienstag hatte ZF-Aufsichtsratschefs Giorgio Behr seinen Vertrag, der noch bis zum Frühjahr 2018 läuft, vorzeitig aufgelöst. Er wolle nach eigenen Angaben den Weg für Veränderungen im Konzern freimachen, hatte Behr erklärt. Dies war als Deutung verstanden worden, dass der langjährige Aufsichtsratschef den von ihm geförderten ZF-Chef Sommer nicht stürzen wollte.
Als Nachfolger für den scheidenden Aufsichtsratschef gab ZF am Montag Franz-Josef Paefgen bekannt. Bereits im Vorfeld berichtete die „FAZ“ darüber, dass der 71-Jährige als neuer Aufsichtsratschef gehandelt werde. Der frühere Audi-Chef gehört dem Kontrollgremium des drittgrößten Automobilzulieferers der Welt seit 2008 an.
Geplanter Zukauf von Wabco war offenbar zu viel
CEO Sommer verfolgte gemeinsam mit seinem Finanzvorstand Konstantin Sauer in den vergangenen drei Jahren eine offensive M&A-Strategie. Vor drei Jahren übernahm ZF den amerikanischen Konkurrenten TRW für rund 12,4 Milliarden Euro. Es war der mit Abstand größte Zukauf in der einhundertjährigen Geschichte des Stiftungsunternehmen.
Im Sommer 2016 wollte ZF dann den schwedischen Bremsenhersteller Haldex für rund 515 Millionen Euro übernehmen, unterlag in einem spektakulären Wettbieten aber dem Konkurrenten Knorr-Bremse. Der geplante Deal ist inzwischen zwar geplatzt. ZF-Chef Sommer verfolgte derweil aber schon eine Alternative und plante im Sommer den belgisch-amerikanischen Bremsenhersteller Wabco zu übernehmen.
Doch der Aufsichtsrat bremste das Management aus: Der Deal wäre mit einem kolportierten Dealvolumen von 6 Milliarden Euro etwa zehnmal so groß gewesen wie Haldex – zu viel für den konservativen Eigentümer. Dort wollte man sich zunächst auf den Schuldenabbau nach der TRW-Übernahme konzentrieren. Diesen hatte ZF-CFO Sauer vor drei Jahren nahezu ausschließlich fremdfinanziert.
Seither hatte Sauer zwar konsequent auf Entschuldung gesetzt. Zum Halbjahr lag die Nettoverschuldung allerdings immer noch bei 6,5 Milliarden Euro. In Relation zum Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibung (Ebitda), der im vergangenen Jahr bei 3,8 Milliarden Euro lag, ergibt sich daraus ein Verhältnis von 1,7x. Sowohl S&P als auch Moody’s sehen ZF mit BB+ und Ba1 knapp unterhalb des Investmentgrade-Bereichs.
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