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Surteco kämpft mit der Süddekor-Integration

Nur wenige Süddekor-Mitarbeiter wollten den Arbeitsplatz wechseln, darunter litt die Produktion von Surteco. Das wirkt sich auf die Synergien aus dem M&A-Deal aus.
SURTECO SE

Kaum ein Vorstand möchte seinen neuen Posten mit einer Gewinnwarnung beginnen. Herbert Müller, seit 2001 Vorstandsmitglied beim Folienhersteller Surteco und seit Juli 2015 dessen CEO, musste aber genau das tun. Erst wenige Tage vor seinem Amtsantritt war Surteco aufgrund zu geringer Handelsaktivität aus dem SDax gerutscht, der Aktienkurs zeigte seit Wochen klar nach unten, und im August musste Müller letztlich die Gewinnprognose für das laufende Geschäftsjahr kassieren. Zwar peilt Surteco nach wie vor einen Umsatz leicht über dem Vorjahreswert von  618 Millionen Euro an, doch der Vorsteuergewinn wird eher unter statt wie erwartet über 30 Millionen Euro liegen.

Grund für die Gewinnwarnung im Sommer war ein transformatorischer M&A-Deal, mit dem das Unternehmen bis heute ringt: Ende 2013 übernahm Surteco den Wettbewerber Süddekor. Der Umsatz stieg durch den Zukauf auf einen Schlag von rund 400 auf deutlich über 600 Millionen Euro im Jahr. CFO Andreas Riedl sorgte damals mit einer parallel umgesetzten Kapitalerhöhung als Transaktionsfinanzierung für Furore. 

Weniger Süddekor-Mitarbeiter wollten wechseln

Der M&A-Deal fußte klar auf Synergien: Bereits im ersten Quartal nach der Übernahme von Süddekor bündelte Surteco die Einheiten für Vertrieb und Marketing. Im Mai 2014 kündigte das Unternehmen an, auch Teile der Produktion zusammenzulegen. Die Dekor-Druckaktivitäten von Süddekor sollten hierfür aus Laichingen an den rund 100 Kilometer entfernten Surteco-Standort in Buttenwiesen umziehen. Doch das gestaltete sich schwieriger als gedacht: „Wir haben die Flexibilität der Mitarbeiter überschätzt“, räumt Müller rückblickend ein.

Anstatt der erwarteten 70 bis 80 Mitarbeiter nahmen nur knapp 50 Kollegen das Angebot an, nach Buttenwiesen zu wechseln. Die meisten davon waren Führungskräfte. Zwar gelang es Surteco, im Laufe des Jahres 2015 die Maschinen wie geplant sukzessive nach Buttenwiesen umzuziehen, doch es fehlte an erfahrenem Personal, das sie bedienen konnte.

Es folgte ein Einstellungsmarathon: Zu den bestehenden 170 Mitarbeitern der Surteco-Einheit kamen neben den Kollegen aus Laichingen nochmals mehr als 100 Neueinstellungen hinzu. „Insgesamt hat sich der Standort von März bis Oktober auf rund 340 Mitarbeiter verdoppelt“, sagt Müller. Das war ein Kraftakt, der seine Spuren hinterlassen hat.

Integrationskosten hebeln die Gewinnprognose von Surteco aus

Viele der neuen Mitarbeiter mussten für spezielle Aufgaben noch geschult werden. Darunter litt erwartungsgemäß die Produktivität, die Lieferzeiten für Surteco-Produkte stiegen durch den Umbau beträchtlich. „Die Standardlieferzeit beträgt im Schnitt drei bis vier Wochen, wir hatten durch den Umbau mehr als zehn, in Spitzenzeiten bis zu 19 Wochen“, erklärt Müller.

Bei den Personalkosten belasteten die Parallelstrukturen: Die Mitarbeiter in Laichingen waren noch auf der Gehaltsliste, während in Buttenwiesen bereits ihre Nachfolger an den Maschinen standen. Hinzu kamen Abfindungszahlungen. „Im Geschäftsjahr 2014 hatten wir bereits Rückstellungen von 9,4 Millionen Euro für den Sozialplan gebildet“, erklärt Müller.

Für einen Sozialtarifvertrag, den die Gewerkschaft durch Warnstreiks erstritten hatte und dafür, dass weniger Mitarbeiter wechselbereit waren, kamen 2015 weitere 3,2 Millionen Euro hinzu. „Insgesamt sind die Sozialplanaufwendungen dadurch auf 12,6 Millionen Euro gestiegen“, sagt der CEO – mehr als ursprünglich geplant. Ein weiterer Kostenblock lag in den nun gemeinsam bezogenen Produktionsgebäuden: Rund 7 Millionen Euro fielen für Sanierungen und Ausbauarbeiten an, die Surteco im Rahmen des Umzugs behoben hat.

Das Management entschied sich bewusst dafür, die Kosten nicht auf mehrere Geschäftsjahre zu verteilen, sondern auf einen Schlag zu verbuchen. „Das kostete uns zwar in diesem Jahr die Gewinnprognose, aber dafür ist jetzt ein Ende absehbar“, macht CEO Müller seinen Investoren Hoffnung. Für das erste Halbjahr 2016 rechnet er mit nochmals 2 Millionen Euro Integrationskosten. Das zweite Halbjahr soll dann ohne finanzielle Vorlasten beginnen.

Produktion entscheidet über Erfolg des M&A-Deals

Entscheidender als die sinkenden Kosten sind für die Investoren aber die vom Deal erhofften Synergien. Kostenvorteile über gut 2 Millionen Euro hat das Management bereits realisiert, indem es die Vertriebs- und Marketingeinheiten direkt nach dem Closing zusammengelegt hat. Eine übernommene Druckfarbenproduktion bringt Einsparungen von etwa 1 Million Euro, da Surteco einige zuvor zugekaufte Farben nun selbst herstellen kann.

Schwächer als erhofft verlief dagegen die Integration des Einkaufs: Durch größere Bestellvolumina wollte Surteco in diesem Bereich Synergien von deutlich über 5 Millionen Euro heben. Doch dazu kam es nicht: „Erzielte Synergien wurden durch die Euro-Schwäche beim Vorprodukt Zellstoff teilweise wieder zunichte gemacht. Dadurch war das Einsparpotenzial niedriger als angenommen“, sagt Müller. Der CEO rechnet nun noch mit Einkaufssynergien von etwa 2 bis 3 Millionen Euro.

Entscheidend für die Bilanz des M&A-Deals ist  jedoch die Lage in der Produktion: „Alles hängt davon ab, dass wir mit der neuen Mannschaft jetzt die Produktivität hochfahren“, meint Müller. Kostenvorteile von 8 Millionen Euro will Surteco in dem Bereich realisieren. Zu 100 Prozent sollen diese im Jahr 2017 sichtbar werden. Dann sollen die jährlichen Synergien die operative Ertragskraft (Ebitda) auf eine Zielmarge von 15 Prozent erhöhen.

Das zunächst fehlende Personal hat die Integrationspläne gebremst: „Insgesamt sind wir bei den Synergien fast ein Jahr hinter unserem Zeitplan“, sagt Müller. In den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2015 lag die Ebitda-Marge von Surteco bei 10,3 Prozent.

PE-Investoren treiben Preise bei M&A-Deals

Dem Markt hat Surteco damit noch nicht den Nachweis erbracht, dass der M&A-Deal wertstiftend war. Der Aktienkurs, der im vergangenen April noch bei 27,50 Euro lag, fiel bis Ende Oktober auf Werte um 17,75 Euro. Zwar berappelte sich Surteco danach dank ordentlicher Q3-Zahlen wieder auf Kurse um 22 Euro, doch die Gesamtmarktflaute nach dem China-Schock machte die zwischenzeitliche Aufholjagd wieder zunichte. „Das ist schon enttäuschend“, gibt Müller zu. Aktuell steht das Papier bei rund 19 Euro und hat damit auf Ein-Jahres-Sicht deutlich mehr verloren als der SDax.

Trotz der Verzögerungen will Müller weitere M&A-Deals nicht ausschließen – die Eigenkapitalquote liegt bei 49 Prozent und damit deutlich über der 40-Prozent-Marke, bei der die „Komfortzone“ des Managements beginnt. Das aktuelle Marktumfeld bezeichnet er allerdings als schwierig: „Es werden sehr hohe Preise aufgerufen“, sagt der CEO.

Öffentliche Auktionsverfahren vermeidet er daher. „Die PE-Investoren zahlen dort Preise, bei denen wir nicht mitgehen wollen.“ Sein Ziel lautet aber unabhängig davon, Surteco aus eigener Kraft möglichst bald wieder in den SDax zu führen. Dafür wird Surteco den Investoren zunächst einmal die versprochenen Synergien liefern müssen. 

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