Die Laborkette Synlab sitzt auf mehr als 400 Millionen Euro Cash: 250 Millionen hat das Unternehmen über eine Kapitalerhöhung eingespielt, weitere 165 ergeben sich aus der Differenz zwischen einem jüngst begebenen High-Yield-Bond und den Anleihen, die damit abgelöst wurden. Mit dem Geld will Gründer und Chef Bartl Wimmer den Wachstumskurs fortsetzen und weitere Labore einsammeln, kündigt er im Interview mit FINANCE an.
Laborarzt Wimmer gründete Synlab in den 1990er-Jahren als einzelne Filiale. Im Jahr 2010 stieg der Finanzinvestor BC Partners ein und fügte die Kette mit zwei Wettbewerbern zusammen. Vor knapp zwei Jahren ging Synlab nach sage und schreibe 63 Übernahmen für 1,85 Milliarden Euro mehrheitlich an Cinven, ebenfalls ein Private-Equity-Haus. Cinven führte Synlab mit dem französischen Wettbewerber Labco zusammen. Neben Cinven sind noch der institutionelle Investor Ontario Teachers‘ Pension Plan und der dänische Pharmakonzern Novo Nordisk an Synlab beteiligt.
Bartl Wimmer: „Kleine Labore aufkaufen ist laufendes Geschäft“
Novo zeichnete die 250-Millionen-Euro Kapitalerhöhung im April alleine und kommt dadurch jetzt auf ein Fünftel der Anteile. Nach FINANCE-Informationen handelt es sich für Novo bei Synlab um ein Finanzinvestment, nicht um eine strategische Beteiligung.
Im laufenden Jahr hat Synlab laut Wimmer bereits eine niedrige zweistellige Anzahl an Laborpraxen gekauft, nach 34 im letzten Jahr. „Die Unternehmensbewertung der meisten Zukäufe liegt im einstelligen oder niedrigen zweistelligen Millionenbereich“, so der CEO. „Wir fürchten uns nicht vor dem Mehraufwand, auch kleine Labore aufzukaufen, das ist für uns längst laufendes Geschäft.“
Kleine Labore sind am M&A-Markt billig zu haben
Die Tatsache, dass Synlab als Milliardenkonzern derart kleine Wettbewerber ins Visier nimmt, ermöglicht der Kette, trotz rasant gestiegener Preise am Healthcare-M&A-Markt zu moderaten Bewertungen zu wachsen, führt Wimmer aus. „In den Größenordnungen, in denen Private-Equity-Investoren mitbieten, geht die Preisentwicklung stark nach oben. Bei kleinen Laboren aber gibt es wenig oder gar keinen Preisauftrieb.“
Das frisch aufgenommene Geld dient aber auch dem organischen Wachstum, sagt Wimmer, wenngleich der Schwerpunkt nach wie vor auf M&A liege. Die beiden Arten des Wachstums würden oft zusammengehen, indem Synlab wir Labore übernehme und anschließend die Kapazitäten pro Labor erweitere, beschreibt der Chef der Kette, die mittlerweile samt Schulden geschätzte 4,4 Milliarden Euro wert ist. „Aber organisches Wachstum kann zum Beispiel auch bedeuten, neue IT-Services für die Gruppe zu entwickeln.“
Bartl Wimmer: Synlab kann sich „jede Akquisition leisten“
Die Logik der Branche begünstige eine Plattformstrategie wie diejenige Synlabs: „In Europa gibt es immer noch mehr als 25.000 Laborbetreiber“, stellt Wimmer fest. „Die werden mit Sicherheit weiter konsolidieren, egal, wie man als Beobachter dazu stehen mag.“
Das liege erstens am demographischen Wandel, der dazu führe, dass oft die Nachfolger fehlen. „Zweitens ist die Diagnostik ein relativ innovatives Feld, in dem sich das Wissen alle drei bis vier Jahre verdoppelt. Große Einheiten können Innovationen besser einführen und auch hochspezifische Leistungen anbieten, zum Beispiel maßgeschneiderte Bluttests in der Krebsdiagnostik.“
Um in diesem Wettlauf an der Spitze zu bleiben, würde Wimmer auch vor großen Deals nicht zurückschrecken, wie er betont. „Synlab kann sich nach wie vor jede Akquisition in Europa leisten. Aber wir haben keinen Druck. Wir müssen uns nicht beeilen, weil klar ist, dass es noch sehr, sehr viele Möglichkeiten gibt.“