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Übernahmegerüchte treiben Bilfinger-Aktie erneut an

Was ist an den Übernahmegerüchten dran?: Bilfinger
Bilfinger

Steht Bilfinger vor der Übernahme durch Finanzinvestoren? Am Markt sorgte die Fantasie um einen möglichen M&A-Deal zumindest für einen Run auf die Papiere des SDax-Unternehmens. Im frühen Handel schnellten die Titel zeitweise um 16 Prozent auf 20,20 Euro nach oben. Seit Anfang des Jahres hat die Aktie aber 44 Prozent an Wert eingebüßt. Von den Höchstständen – über 90 Euro im Jahr 2014 – sind die Papiere des gebeutelten Industriedienstleisters weit entfernt.

Die niedrige Bewertung scheint das Interesse von Finanzinvestoren geweckt zu haben. Wie die Nachrichtenagentur Reuters mit Verweis auf Insider berichtet, soll sich der Infrastrukturkonzern selbst zum Verkauf gestellt haben, nachdem mehrere Private-Equity-Häuser an die Mannheimer herangetreten sein. Unter den Kaufinteressenten soll sich unter anderem die US-Beteiligungsgesellschaft Clayton Dubilier & Rice (CD & R) befinden, hieß es. Dem Medienbericht zufolge soll Bilfinger bereits die Bank Perella Weinberg als Berater mandatiert haben.

Die Informationen decken sich mit einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg. Diese hatte bereits im Oktober über Transaktionsaktionsgespräche in einem sehr frühen Stadium berichtet, was ebenfalls zu Kursausschlägen geführt hatte. Allerdings fielen die Papiere kurz darauf schon wieder – bis jetzt. Auf FINANCE-Nachfrage wollte Bilfinger die Marktgerüchte nicht kommentieren.

Bilfinger macht nicht nur Corona zu schaffen

Laut Bloomberg sollen in den Gesprächen die Themen Finanzierung und Corona-Risiken eine entscheidende Rolle spielen. Im Fokus dabei: die Geschäftsbereiche Öl- und Gas. Der Infrastrukturkonzern leidet derzeit unter Coronavirus-Pandemie und dem Ölpreisverfall. Aufgrund dessen brach der Umsatz im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahresquartal um 31 Prozent auf 793 Millionen Euro ein. Zudem betrug der Konzernverlust 60 Millionen Euro, während im Vorjahreszeitraum ein Minus von 6 Millionen Euro ausgewiesen wurde.

Auch operativ lief es nicht rund: So betrug das bereinigte Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebita) 35 Millionen Euro, hier hatte im Vorjahr noch ein Gewinn von 17 Millionen Euro gestanden. Für das Gesamtjahr rechnet das Bilfinger-Management mit einem Umsatzrückgang von 20 Prozent. 2019 setzte der Industriedienstleister 4,3 Milliarden Euro um.

Bilfinger war schon vor Corona viele Jahre lang in schwierigem Fahrwasser. Der britische CEO Tom Blades hatte nach seinem Amtsantritt 2016 das lukrative Geschäft mit Immobiliendienstleistungen veräußert und das Unternehmen auf Restrukturierungskurs gesetzt. Seitdem wurden massive Kosteneinsparungen bei Vertrieb und Verwaltung samt Stellenabbau umgesetzt, auch Randgeschäfte wurden verkauft. Bilfinger tritt mittlerweile als reiner Industriedienstleister mit zwei Geschäftsbereichen auf: Neben der Wartung und Instandhaltung entwickeln die Mannheimer auch Komplettlösungen für Industrieanlagen, die Planung, Finanzierung und Betrieb beinhalten.

Bilfinger auf Ramschniveau

Der Ende 2018 als Nachfolgerin für Klaus Patzak angetretenen, schwedischen CFOChristina Johansson ist es bislang nicht gelungen, das Unternehmen ins Investmentgrade zurückzuführen, im Gegenteil: In ihrer Amtszeit rutschte das Rating von S&P von „BB“ auf „BB-“ noch weiter ab und befindet sich damit immer noch auf Ramschniveau.

Positiv liefen hingegen die juristischen Auseinandersetzungen: So konnte Bilfinger den Rechtsstreit mit seinen D&O-Versicherern um mögliche Pflichtverletzungen früherer Vorstände mit einem Vergleich beilegen. Und auch mit der Stadt Köln kam ein Vergleich im Kontext mit dem eingestürzten Stadtarchiv im Rahmen der U-Bahn-Bauarbeiten zustande.

martin.barwitzki[at]finance-magazin.de

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