Auf der Zielgerade muss die Übernahme des schwäbischen Caravanherstellers Hymer an den US-Wettbewerber Thor Industries nochmal aufgeschnürt werden: Wegen einer laufenden Untersuchung bei der Nordamerika-Tochter von Hymer verhandeln die beiden Parteien nun über einen Abschluss des Deals ohne das Nordamerika-Geschäft. Die Amerikaner hatten im September 2018 verkündet, das Familienunternehmen für 2,3 Milliarden Euro übernehmen zu wollen.
Der Grund für die Nachverhandlungen: Erste Untersuchungen hätten bei der Erwin Hymer Group North America Unregelmäßigkeiten im Berichtswesen ergeben, wie Hymer mitteilt. Daraufhin habe der Konzern einen umfassenden Audit durch externe Wirtschaftsprüfer eingeleitet.
Im Verlauf der Untersuchungen wurden mehrere Manager der Nordamerika-Tochter suspendiert, heißt es weiter. Andere Hymer-Manager wurden damit beauftragt, das Geschäft und die Untersuchungen bei der Sparte zu unterstützen. Weitere Details will Hymer dazu nicht bekanntgeben.
Thor Industries setzt auf baldigen Abschluss des Deals
Thor Industries gibt sich weiterhin optimistisch, dass der Deal bald abgeschlossen werden kann, wie aus einer Mitteilung des US-Konzerns hervorgeht. Der US-Konzern erwartet, dass der Kauf im dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahres, was am 30. April endet, abgeschlossen werde. Alle regulatorischen Freigaben für den Deal lägen bereits vor.
FINANCE-Köpfe
Aus Sicht der US-Amerikaner sind die US-Aktivitäten der Schwaben verzichtbar, sind sie doch selbst in diesem Markt heimisch und dominierend. „Die europäischen Aktivitäten waren und sind die treibende strategische Motivation für die Übernahme“, schreibt Thor in seiner Mitteilung.
Hymer dagegen hatte darauf gesetzt, mit Thor Industries die „vergleichsweise jungen Aktivitäten im attraktiven nordamerikanischen Markt beschleunigt“ auszubauen. Das Unternehmen gründete die Nordamerika-Sparte 2016 mit der Übernahme von Roadtreck Motorhomes. Hymer macht einem Bericht des „Handelsblatts“ zufolge rund 300 Millionen Euro Umsatz in den USA – bei einem Gesamtumsatz von 2,5 Milliarden Euro.
Genaue Auswirkungen auf Hymer-Thor-Deal noch unklar
Wie der Ausschluss des Nordamerikageschäfts den Deal konkret verändert wird, ist noch offen. Thor Industries hat allerdings schon bekanntgegeben, welche Teile der Vereinbarung angepasst werden. Der US-Konzern erwartet unter anderem Änderungen beim Kaufpreis und den Verbindlichkeiten, die Thor im Zuge des Deals übernehmen wird. Was sich hingegen nicht ändern soll, ist die Vereinbarung über die 2,3 Millionen Aktien, die die Hymer-Gesellschafter im Zuge des Deals erhalten sollen.
Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.