Deutschlands größter Immobilienkonzern Vonovia (ehemals Deutsche Annington) will die Nummer Zwei der Branche, Deutsche Wohnen, übernehmen – notfalls auch feindlich. Dazu bieten die Bochumer den Aktionären der Deutschen Wohnen ein Gesamtpaket im Wert von rund 9,92 Milliarden Euro. Inklusive der Nettofinanzschulden der Deutschen Wohnen und einer Übernahmeprämie legt Vonovia nach eigenen Angaben für den Deal 14 Milliarden Euro auf den Tisch.
Für je elf Deutsche-Wohnen-Aktien sollen die Aktionäre 83,14 Euro in bar, plus sieben neue Vonovia-Aktien erhalten. Die Prämie liegt damit bei 11 Prozent, gemessen am Durchschnittskurs beider Aktien in den drei Monaten bis zum 8. Oktober 2015.
Finanzieren will Vonovia-CFO Stefan Kirsten den Deal über eine gemischte Kapitalerhöhung, über die das Grundkapital von rund 466 Millionen Euro um rund 245,2 Millionen Euro auf rund 711,2 Millionen Euro angehoben werden soll. Den Vollzug erwartet Vonovia Anfang nächsten Jahres. Die Deutsche Wohnen wollte das zunächst nicht kommentieren.
Vonovia grätscht bei LEG-Übernahme dazwischen
Mit dem Deal torpediert Vonovia die geplante Übernahme der LEG durch die Deutsche Wohnen. „Wir sind nach eingehender Analyse davon überzeugt, dass wir eine im Vergleich zur angekündigten Übernahmeofferte der Deutsche Wohnen für die LEG Immobilien attraktivere und strategisch sinnvollere Alternative bieten können“, sagt Vonovia-Chef Rolf Buch.
Gänzlich überraschend dürfte die Offerte für das Deutsche-Wohnen-Management nicht kommen, kursierten doch bereits seit Längerem Spekulationen über einen Zusammenschluss der beiden großen Wohnungsgesellschaften unter dem Dach eines Dax-Konzerns. Laut CFO A. Stefan Kirsten haben seit längerem auf Management-Ebene Gespräche über einen Zusammenschluss stattgefunden, die sich jedoch verlaufen haben. „Wir waren schon ein wenig überrascht von dem Übernahmeangebot der Deutsche Wohnen für die LEG“, sagt Kirsten gegenüber FINANCE.
Entscheidung fiel gestern Nacht
Die LEG-Übernahme kann im Nachhinein auch als Defense Move gedeutet werden, wodurch sich Vonovia nun zum Handeln gezwungen sah: „Unser Zeitplan ist durch die Ankündigung der Deutsche Wohnen zur Übernahme der LEG Immobilien AG von außen bestimmt worden“, räumt Buch ein. Die endgültige Entscheidung über das Kaufangebot fiel laut Kirsten dann gestern Nacht, beziehungsweise heute Morgen.
Vonovia sieht sich nach einem veritablen Übernahmemarathon – die Integration von Gagfah und Südewo ist noch nicht vollständig abgeschlossen – aber dennoch in der Lage, die Integration von Deutsche Wohnen sofort anzugehen. Im Falle einer Übernahme würde ein klarer Marktführer in Deutschland entstehen, der insgesamt rund 510.000 Wohnen im Portfolio hätte. Zudem erhofft sich Vonovia innerhalb von zwei Jahren nach dem Deal-Vollzug Synergien von jährlich rund 84 Millionen Euro.
So kann der Deal noch scheitern
Zum Showdown dürfte es am 28. Oktober kommen: Dann entscheiden die Deutsche-Wohnen-Aktionäre auf einer außerordentlichen Hauptversammlung, ob sie lieber 19x Ebitda für die LEG auf den Tisch legen wollen – oder sich mit der Vonovia zusammen schließen, an der sie nach dem Deal 34,4 Prozent halten würden.
Denn wenn die Deutsche-Wohnen-Aktionäre dem LEG-Deal und der damit verbundenen geplante Kapitalerhöhung zustimmen, will Vonovia den Deal nicht machen, was CFO Kirsten gegenüber FINANCE nochmals bekräftigte: „Eine Übernahme inklusive LEG kommt nicht in Frage, da deren Geschäftsstrategie nicht zu uns passt und wir in NRW bereits sehr präsent sind“. Lukrativ sei laut Kristen vor allem der Berliner Markt, den die Deutsche Wohnen der Vonovia erschließen würde.
Der Deal würde auch abgeblasen werden, sollte die Deutsche Wohnen wesentliche Vermögensgegenstände kaufen. Sollte das Deutsche-Wohnen-Management die Übernahme abwehren wollen, müssten sie ihre Aktionäre folglich von dem LEG-Deal überzeugen. Diese ließen im Zuge der Ankündigung den Aktienkurs der Deutschen Wohnen aber erst mal um rund 1,5 Prozent auf rund 24,50 Euro klettern. Das Vonovia-Papier büßte dagegen mehr als 4 Prozent ein und steht aktuell bei rund 28 Euro.
Darüber hinaus müsste auch das Kartellamt dem Deal zustimmen – die Übernahme steht also noch auf sehr wackeligen Füßen.