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Warum M&A-Deals in den USA jetzt attraktiv sind

Durch die Steuerreform sind M&A-Deals in den USA viel günstiger geworden.
Getty Images

Bescherung für deutsche CFOs und M&A-Chefs: Die US-Steuerreform sorgt dafür, dass M&A-Deals in den USA viel günstiger geworden sind. Die Reform selbst, nicht unumstritten und initiiert von US-Präsident Trump, trat zwar bereits Anfang 2018 in Kraft. Allerdings sehen Experten ihre anfänglichen Annahmen erst jetzt in der Praxis bestätigt. Immer klarer zeichnet sich ab, dass deutsche Finanzverantwortliche bei Zukäufen in den Vereinigten Staaten mit erheblichen Einsparungen rechnen können.

Doch welche Änderungen im amerikanischen Steuerrecht sorgen konkret dafür, dass die USA zu einem verlockenden M&A-Ziel geworden sind? FINANCE hat untersucht, wie man die steuerlichen Vergünstigungspotentiale hebt – und worauf man bei US-Beteiligungen achten muss.

Niedrige Körperschaftssteuer vergünstigt US-Deals

Änderung Nummer Eins: Die US-Körperschaftssteuer wurde im Zuge der Reform von 35 auf nur noch 21 Prozent gesenkt. „Was von Trump ursprünglich und primär als Anreiz gedacht war, Gewinne von US-Unternehmen in das eigene Land zurückzuführen, lädt nun auch deutsche CFOs geradezu ein, günstig in den US-Markt einzusteigen“, findet Stephan Ebner, Rechtsanwalt bei der Kanzlei von Seelstrang & Partner.

Technisch funktioniert das grob vereinfacht so: Tätigt ein Unternehmen in den Staaten einen Asset Deal, gründet es auch nach US-Recht in aller Regel automatisch eine Betriebsstätte. Gewinne dieser Betriebsstätte werden nach dem neuen, niedrigeren Satz besteuert. So bleibt deutschen Unternehmen unter dem Strich mehr Cash übrig. Kurios ist, wie weit auch das US-Recht Betriebsstätten definiert: „Sogar ein Server, der Daten auf US-Territorium lagert, kann theoretisch als Betriebsstätte zählen– und führt dann demnach zu einer Besteuerung“, erörtert Ebner.

US-Steuerreform erlaubt Sofortabschreibungen

Die Absenkung der Körperschaftssteuer zeigt schon deutliche Auswirkungen auf den US-M&A-Markt: „In der Praxis beobachten wir, dass sogar Käufer, die die USA nicht zwangsläufig auf der Agenda hatten, plötzlich in den Staaten aktiv werden.“ Zu dem Anstieg der Transaktionszahlen dürfte allerdings auch die zweite Änderung beitragen: Im ersten Jahr nach dem Zukauf können bestimmte Wirtschaftsgüter gleich als Sofortabschreibung steuerrechtlich geltend gemacht werden.

„Vor der Reform durften Betriebsausgaben lediglich längerfristig und zu festen Beträgen abgeschrieben werden“, erklärt der Rechtsanwalt. In der Praxis ist nun zu beobachten, dass Wirtschaftsgüter wie Fertigungsmaschinen, Hardware oder auch Büromobiliar unter gewissen Voraussetzungen direkt und vollumfänglich abgeschrieben werden. Die Abschreibung erfolgt dabei zu den Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten zum Datum des jeweiligen Kaufvertrages des Guts mit dem Transaktionszeitpunkt beginnend.

Noch ein weiterer Aspekt spielt deutschen CFOs in die Karten, weiß Ebner: „Zusätzlich zu den Sofortabschreibungen können auch in den ersten Jahren weitere Folgeinvestitionen großzügig steuerlich abgesetzt werden.“ Das mache nicht nur einen Einstieg, sondern vor allem langfristige US-Investments attraktiver.

Käufer werden bei Deal mit US-Steuerrecht konfrontiert

Wer plant, langfristig in den USA zu bleiben, dem kommt auch noch eine dritte Neuregelung zugute, erklärt Ebner: „Verluste können nach der Reform zwar nicht mehr zurück-, aber dafür nun zeitlich unbegrenzt vorgetragen werden. Davor sah das US-Steuerrecht noch vor, dass Verluste maximal zwei Jahre zurückgetragen werden durften – und höchstens 20 Jahre in die Zukunft. Gerade die Erweiterung der Vortragsfähigkeit von Verlusten bietet nun weiteren Raum für Gestaltungen.“

Allerdings hat dieser Aspekt zwei Haken: Erstens stellt sich die Frage, ob tatsächlich viele Unternehmen davon Gebrauch machen, ihre Verluste über 20 Jahre lang vorzutragen. In der Regel lassen sich Verluste, etwa bedingt durch den Zukauf, innerhalb weniger Jahre ausgleichen.

Zweitens besteht sogar noch ein Risiko, warnt Stephan Ebner: „Man sollte jederzeit bedenken, dass man im Rahmen eines Share Deals im Gegensatz zum Asset Deal generell voll in die Gesellschafterstellung des Verkäufers eintritt. CFOs müssen sich deshalb bei einem Share Deal auch darüber im Klaren sein, dass daraus noch erhebliche Pflichten beziehungsweise Haftungsrisiken aus der Vergangenheit resultieren können. Diese können zum Beispiel dem US-Steuerrecht geschuldet sein. Zwangsläufig müsste man sich dann intensiv mit dem US-Recht befassen, was Beratungsfolgekosten für Unternehmen nach sich ziehen kann.“

M&A-Risiko US-Kartellrecht bleibt

So verlockend die steuerlichen Erleichterungen klingen mögen – man darf vor seinem US-Investment zwei Dinge aber nicht außer Acht lassen: „Wer durch seinen M&A-Deal zu große Einsparungen macht, dem könnte das deutsche Außensteuergesetz gefährlich werden“, warnt Ebner. „Denn das sieht vor, dass in bestimmten Konstellationen Steuerhinzurechnungen erfolgen, was im Endergebnis zu erheblichen Steuermehrzahlungen in Deutschland führen kann.“

Eine wichtige Größe sei hier der Körperschaftsteuersatz des jeweiligen Bundesstaats in den USA, in dem die Betriebsstätte liegt. Dieser darf nicht unter 5,06 Prozent liegen. Die Gefahr, mit seinen Einsparungen insgesamt unter dem entsprechenden Schwellenwert zu landen, sei in Bundesstaaten am höchsten, die keine eigene Steuer erheben. Das betrifft unter anderem Florida, South Dakota und Tennessee.

Zweitens begibt man sich mit einen US-Zukauf in die Hände des US-Kartellrechts, das nicht nur extrem komplex, sondern auch beinhart ist, wie zuletzt beispielsweise der Prothesenhersteller Ottobock zu spüren bekam. Ebner: „Anders als in Deutschland drohen in den USA für Compliance-Verletzungen – wie beispielsweise Kartellrechtsverstößen – Geldsanktionen in ungeahnter Höhe. Das US-Antikorruptionsrecht sieht gar Strafgeldzahlungen in unbegrenztem Umfang vor. Zudem können nicht nur natürliche Personen, sondern auch Unternehmen in den Staaten strafrechtlich sanktioniert werden.“

Doch eine gewisse Eile ist geboten, sollten CFOs wirklich darauf angewiesen sein, mit Hilfe der neuen Steuererleichterungen einen Zukauf wertschöpfend zu machen. Denn angesichts des aufgeheizten politischen Klimas in Washington gibt es keine Gewähr, dass eine neue US-Regierung unter Führung der Demokraten, die schon Ende nächsten Jahres antreten könnte, Trumps Steuerreform nicht wieder einkassiert. Allerdings müssten diesem Schritt sowohl der Kongress als auch der Senat mehrheitlich zustimmen – eine nicht gerade kleine politische Hürde.

olivia.harder[at]finance-magazin.de

Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.

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