Nach dem ersten Halbjahr 2016 zieht Wirecard trotz der massiven Hedgefonds-Attacken durch Zatarra ein versöhnliches Resümee: Der Verkauf der Anteile an Visa Europe spült dem Unternehmen 91,7 Millionen Euro in die Taschen. Damit kletterte das Ergebnis nach Steuern im ersten Halbjahr auf fast 167 Millionen Euro.
Bereinigt um den Erlös der Anteile aus dem Verkauf bleibt ein Ergebnis nach Steuern von rund 77 Millionen Euro. Zum Vergleich: Im ersten Halbjahr 2015 hatte Wirecard ein Ergebnis nach Steuern von knapp 61 Millionen Euro erzielt. Der Konzernumsatz von Wirecard stieg im ersten Halbjahr um 32,8 Prozent auf rund 452 Millionen Euro. Das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) lag im ersten Halbjahr bei 132,4 Millionen Euro. Für das Gesamtjahr erwartet der Vorstand ein Ebitda von 290 bis 310 Millionen Euro.
Der Geldregen der Visa-Europe-Transaktion war schon seit längerem absehbar: Im November 2015 hatte Visa angekündigt, sein vor Jahren abgespaltenes Europageschäft zurückkaufen zu wollen. Den Erlös teilten sich mehrere verkaufende Banken aus ganz Europa, darunter auch Wirecard. Bis zu 21,2 Milliarden Euro plante Visa insgesamt für den Zukauf ein, davon 16,5 Milliarden Euro in bar und in Aktien sowie bis zu 4,7 Milliarden Euro an zusätzlichen Earn-outs, abhängig vom Erreichen definierter Vertragsziele. Gemessen am Gesamtvolumen ist der Anteil Wirecards an der Milliardentransaktion damit noch recht bescheiden.
Wirecard bekommt Barzahlung von fast 72 Millionen Euro
Mit dem Closing der Transaktion am 21. Juni dieses Jahres hat Wirecard nun Sicherheit über seinen erreichten Anteil: CFO Burkhard Ley verbucht einen Ertrag von 91,7 Millionen Euro. Ende 2015 war Wirecard auf Grundlage von Berechnungen durch Visa Europe noch von einem Gegenwert von insgesamt 80,4 Millionen Euro ohne Earn-Out-Komponenten ausgegangen.
Der nun verbuchte Erlös setzt sich aus mehreren Bestandteilen zusammen: Auf der einen Seite erhält Wirecard eine Barzahlung in Höhe von 71,8 Millionen Euro. Hinzu kommen Vorzugsaktien im Wert von 14 Millionen Euro (Nennwert 25,6 Millionen Euro), die das Unternehmen in „Class A Common Stock“ von Visa Inc. wandeln kann. Darüber hinaus gibt es eine nachträgliche Barzahlung über 5,7 Millionen Euro, die in drei Jahren fällig wird.
Die Anzahl der Vorzugsaktien kann sich dem Halbjahresbericht zufolge abhängig vom Eintreten bestimmter Faktoren noch verändern, welche Faktoren dies sind wurde nicht näher definiert. Zudem sind die Papiere noch mit einer Veräußerungssperre belegt. Wegen der fehlenden Handelbarkeit sind die Vorzugsaktien mit einem Abschlag auf die Visa A Shares versehen.
Wirecard prüft weiterhin M&A-Chancen
Einen Teil der Mittel könnte Wirecard in weitere Zukäufe stecken. Zwar setzt das Unternehmen nach eigener Maßgabe vorwiegend auf organisches Wachstum, um das Netz an Service- und Technikstandorten seien aber auch Zukäufe im Rahmen einer „konservativen M&A-Strategie“ möglich.
Das Unternehmen war in der Vergangenheit auch wegen seiner Zukäufe in die Kritik geraten: Wirecard werde dadurch zu komplex, zudem seien die Bewertungen für die zugekauften Firmen hoch, monierten Kritiker. Umstritten war insbesondere der bislang größte Zukauf von Wirecard in Asien, die Übernahme der indischen Great Indian Retail Group für einen Kaufpreis von 230 Millionen Euro, der sich mit Earn-out-Zahlungen auf bis zu 340 Millionen Euro erhöhen kann. Das Management verteidigte den Deal mit den Wachstumsperspektiven in Indien.
Wirecard will daher auch weiterhin Akquisitionschancen prüfen, heißt es im Geschäftsbericht. Erst vor wenigen Wochen hat sich das Unternehmen über die Übernahme von Citi Prepaid den Eintritt in den amerikanischen Markt gesichert.
Info
Wie Wirecard den Zatarra-Vorwürfen begegnet ist und wie die M&A-Strategie im Detail aussieht, lesen Sie im Interview mit CFO Burkhard Ley in der FINANCE-Ausgabe 3-2016, die Sie hier als e-Paper beziehen können.
Weitere Hintergründe zum Werdegang des Wirecard-CFOs lesen Sie im FINANCE-Köpfe-Profil von Burkhard Ley.