Unternehmensfinanzierungen, deren Konditionen an ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) gebunden sind, gewinnen immer mehr an Bedeutung. Banken kommt dabei eine Schlüsselaufgabe zu. Sie haben die Möglichkeit, mit der Ausrichtung ihrer Kreditvergabe den Wandel hin zu einer nachhaltig ausgerichteten Volkswirtschaft positiv zu beeinflussen. Hohe Priorität besitzen die Pariser Klimaschutzziele, insbesondere die Reduzierung der Erderwärmung auf weniger als 2 Grad Celsius. Banken können im Idealfall also ein wichtiger Treiber des nachhaltigen Wandels sein.
Aber ihr Aufgabenspektrum – und damit verbunden ihre gesellschaftliche Relevanz in diesem Bereich – gehen weit darüber hinaus. Denn sobald sich ein Unternehmen tatsächlich entschließt, einen ESG-gekoppelten Kreditvertrag abzuschließen, beginnt für die Banken die eigentliche Arbeit erst: Sie werden zum Geldgeber, Moderator, Berater und Gestalter in einem.
„Banken können ein wichtiger Treiber des nachhaltigen Wandels sein.“
Dann geht es darum, im engen Dialog zwischen Kreditgeber und -nehmer unternehmerische und gesellschaftliche Verantwortung strukturell miteinander zu verknüpfen und den Kreditvertrag entsprechend auszugestalten.Banken können dafür insbesondere auf die „Sustainability Linked Loan Principles“ zurückgreifen, in denen die Kernprinzipien für eine solche Kreditvergabe definiert werden. Insbesondere geht es dabei um eine Zielarchitektur, die dafür sorgt, dass kurzfristige Ziele sinnvoll mit den langfristigen korrespondieren und Laufzeit sowie Ausrichtung der Finanzierung angemessen berücksichtigt werden.
Der vertrauensvolle Austausch bildet dafür die entscheidende Voraussetzung. So wurde es zum Beispiel im Falle des Energiedienstleisters Ista bei der Vorbereitung seiner ESG-gekoppelten Kreditlinie im Sommer 2020 gehandhabt. Ista besitzt für die Energiewende im Immobiliensektor eine große Bedeutung, ist also für einen an ESG-Kriterien ausgerichteten Kreditvertrag geradezu prädestiniert. Insgesamt elf internationale Banken beteiligen sich an der syndizierten Kreditlinie. Die als Lead ESG-Koordinator beauftragte Bank stattete die Ista mit aktuellem Marktwissen über Nachhaltigkeits-KPIs aus und gab Empfehlungen, welches nach ihrer Erfahrung geeignete KPIs für den Energiedienstleister sein könnten. Damit solche Ziele ausreichend ambitioniert sind, kommt es grundsätzlich darauf an, dass die vereinbarten KPIs über bestehende gesetzliche Regelungen und Vorschriften hinausgehen.
KPIs nach dem SMART-Prinzip
Auf dieser Grundlage erarbeitete Ista einen Vorschlag mit konkreten KPI-Vorschlägen. Diese KPIs waren auf Empfehlung des Lead-ESG-Koordinators bereits nach dem SMART-Prinzip (spezifisch, messbar, ambitioniert, realistisch und termingebunden) definiert. Gemeinsam wurde anschließend erörtert, wie der gesamte KPI-Rahmen aufgestellt werden soll, und der Mechanismus ausgehandelt, der in die Darlehensdokumentation aufgenommen werden soll. Die Ista legte dabei strenge Maßnahmen fest, um das Erreichen der Nachhaltigkeitsziele sicherzustellen. Anschließend legte der Lead-ESG-Koordinator diesen Vorschlag den anderen beteiligten Banken vor und stimmte ihn mit diesen ab. Der starke, gemeinsam von Bank und Kreditnehmer definierte Nachhaltigkeits-KPI-Rahmen leistete einen wesentlichen Beitrag dafür, dass die Transaktion vom Kapitalmarkt sehr gut aufgenommen wurde.
Autor
Dr. Roland Mees ist Director Sustainable Finance bei der ING in Amsterdam.
Kontakt: roland.mees[at]ing.com
Marc van der Hooft ist Head of International Clients bei der ING in Frankfurt am Main.
Kontakt: marc.vanderhooft[at]ing.de