Die Transformation zu mehr Nachhaltigkeit ist von zentraler Bedeutung, um die Wettbewerbsposition der Realwirtschaft langfristig zu sichern. Massive Investitionen sind notwendig, damit Unternehmen Geschäftsmodelle und Produktionsprozesse zukunftsfähig machen und von den Chancen der nachhaltigen Entwicklung profitieren können. Ein nachhaltiger Strukturwandel kann jedoch nur gelingen, wenn Unternehmen vorhandenes strategisches Know-how und Wertschöpfung nicht nur erhalten, sondern auch auf- und ausbauen.
Der Finanzsektor spielt als Finanzierungspartner eine Schlüsselrolle: Er unterstützt viele Sektoren und Industrien bei ihrer Transformation zu mehr Nachhaltigkeit. In den vergangenen Jahren wurde ein breites Spektrum an nachhaltigkeitsorientierten (Re-)Finanzierungsinstrumenten entwickelt, um bedarfsgerecht zugeschnittene Finanzierungslösungen zu ermöglichen.
Zweckgebundene Formen
Bei zweckgebundenen Instrumenten, sogenannten Use-of-Proceeds-Strukturen, werden die Emissionserlöse oder die Kreditsumme anteilig oder vollständig für die (Re-)Finanzierung geeigneter nachhaltiger Projekte verwendet. Dabei kann es sich um neue oder bestehende Projekte handeln.
Zweckgebundene Instrumente ermöglichen es Unternehmen, den Schwerpunkt der Finanzierung auf ausschließlich ökologische oder soziale Projekte oder einen Mix aus beidem zu legen. Bei ihrer Strukturierung müssen diverse Anforderungen hinsichtlich der Mittelverwendung, des Prozesses der Projektbewertung und Projektauswahl, des Managements der Emissionserlöse sowie der Berichterstattung berücksichtigt werden.
So muss der Emittent beziehungsweise der Kreditnehmer beispielsweise bei der Berichterstattung jederzeit aktuelle Informationen über die Verwendung der Emissionslöse oder des Kredits bereitstellen (Allokationsreporting) und mindestens einmal im Jahr über deren Nachhaltigkeitsauswirkungen berichten (Impact-Reporting). Eine Orientierungshilfe geben die freiwilligen Richtlinien der International Capital Markets Association (ICMA) und der Loan Market Association (LMA).
Anforderungen an nachhaltige Finanzierungen am Beispiel von Anleihen
Instrument | Green Bond | Social Bond | Sustainability Bond | Sustainability-linked Bond | Sustainability-linked Bond |
Konzept | zweckgebunden | zweckgebunden | zweckgebunden | nicht zweckgebunden | nicht zweckgebunden |
Zweckbindung | ökologisch | sozial | ökologisch und sozial | N/A | N/A |
Target-linked-Form | N/A | N/A | N/A | KPI-linked: ökologisch und / oder sozial | Rating-linked (Nachhaltigkeitsrating) |
Freiwillige Richtlinien | ICMA GBP / EU Taxonomie + EU GBS | ICMA SBP | ICMA SBG | ICMA SLBP | ICMA SLBP |
Rahmenwerk (Framework) | Best Market Practice | Best Market Practice | Best Market Practice | Best Market Practice | N/A |
Externe Verifizierung | Best Market Practice: SPO | Best Market Practice: SPO | Best Market Practice: SPO | Best Market Practice: SPO | N/A |
SDG-Mapping | empfohlen | empfohlen | empfohlen | empfohlen | N/A |
Berichterstattung | Allokation + Impact | Allokation + Impact | Allokation + Impact | Performance + Zielerreichung | Performance + Zielerreichung |
Externe Verifizierung der Berichterstattung | Best Market Practice | Best Market Practice | Best Market Practice | Best Market Practice | Best Market Practice |
Nicht zweckgebundene Formen
Nicht zweckgebundene Strukturen, sogenannte Target-linked-Strukturen, sind Finanzierungsinstrumente, bei denen finanzielle oder strukturelle Merkmale an vordefinierte Nachhaltigkeitsziele geknüpft sind. Sie stellen die nachhaltige Transformation des Emittenten beziehungsweise des Kreditnehmers als Ganzes in den Mittelpunkt. Dieser verpflichtet sich explizit, die Nachhaltigkeitskriterien innerhalb eines vordefinierten Zeitrahmens zu verbessern. Target-linked-Strukturen stehen für die allgemeine Unternehmensfinanzierung zur Verfügung und öffnen somit auch Unternehmen das Tor zu nachhaltigen Finanzierungen, die nur wenige oder keine expliziten nachhaltigen Projekte oder Assets haben.
„Eine Orientierungshilfe geben ICMA und LMA.“
Die Nachhaltigkeitsentwicklung wird dabei durch vordefinierte Kennzahlen (KPIs) gemessen und anhand von Nachhaltigkeitszielen (SPTs) bewertet. Es ist auch möglich, die Finanzierungskonditionen an die Entwicklung eines Nachhaltigkeitsratings zu koppeln.
Um die Transparenz und Glaubwürdigkeit einer solchen nachhaltigen Finanzierungslösung zu erhöhen, sollten Unternehmen bei der Auswahl der KPIs sowie der Festlegung der SPTs bestimmte Kriterien berücksichtigen: Die KPIs sollten relevant, messbar, extern verifizierbar und vergleichbar sein. Die SPTs sollten ambitioniert sein, also eine wesentliche Verbesserung der jeweiligen Nachhaltigkeits-Performance darstellen und über einen „Business as usual“-Ansatz hinausgehen. Eine Orientierungshilfe geben auch hier die freiwilligen Richtlinien der ICMA und der LMA.
Autor
Marcus Pratsch ist Head of Sustainable Bonds & Finance bei der DZ BANK AG in Frankfurt am Main.
Kontakt: marcus.pratsch[at]dzbank.de