Sustainable Finance ist in den vergangenen Jahren in jeglicher Form stark gewachsen. In der Finanzierung sind insbesondere Sustainability linked-Formate in den Fokus gerückt. Diese haben den großen Vorteil, dass nicht spezielle grüne Projekte finanziert werden müssen, sondern die Mittel dem Unternehmen zur freien Verfügung stehen. Zudem erlaubt der Nachhaltigkeits-Link, dass auch nicht genutzte Kreditlinien oder andere Finanzinstrumente eine Nachhaltigkeitskomponente bekommen können.
Drei Varianten für einen Nachhaltigkeits-Link
Grundsätzlich stehen für den Nachhaltigkeits-Link spezifische KPIs, wie die Verringerung von Treibhausgasemissionen, ESG-Ratings oder eine Kombination aus beidem zur Verfügung. Sowohl ESG-KPIs als auch ein Link zum ESG-Rating eines Unternehmens sind akzeptiert und verbreitet, wobei bei einem Schuldschein der ESG-Rating-Link häufiger zur Anwendung kommt.
ESG-Ratings haben den Vorteil für Finanzinstitute und Investoren, dass sie eine unabhängige Einschätzung der Nachhaltigkeits-Performance des Unternehmens anzeigen. Dies kann auch für das Unternehmen nützlich sein, da sich somit Befürchtungen von Greenwashing leichter ausräumen lassen.
Falls sich das Unternehmen eine neue Nachhaltigkeitsstrategie gibt, können auch veränderte Schwerpunkte das Rating positiv beeinflussen. Das Unternehmen bleibt also flexibler. Zudem ist der Prozess einfach und schnell, falls das Unternehmen bereits von der ESG-Ratingagentur beurteilt wird.
Nachteile des Rating-Links
Aber es gibt auch Nachteile des Rating-Links. Zum einen kann das Unternehmen das Rating nur wenig beeinflussen, da die Ratingagentur die Methodik festlegt. Zum anderen ist der Prozess für das Unternehmen aufwendiger als die Orientierung an KPIs, falls noch kein ESG-Rating existiert. In diesem Fall oder falls das Unternehmen mit dem bisherigen ESG-Rating nicht zufrieden ist, was insbesondere bei unaufgefordert erstellten Ratings häufiger zutrifft, stellt sich die Frage, welche ESG-Ratingagentur beauftragt werden soll. Laut einer von der EU-Kommission in Auftrag gegebenen Studie gibt es alleine in der EU 30 bis 40 solcher Agenturen.
„In der EU gibt es 30 bis 40 ESG-Ratingagenturen.“
Für eine Finanzierung ist es empfehlenswert, eine international anerkannte Agentur mit einer entsprechend starken Methodik, wie sie unter anderem MSCI, ISS ESG, Sustainalytics oder ecovadis aufweisen, zu nutzen. Die Auswahl der Agentur sollte dabei den weiteren Nutzen in der Kommunikation, zum Beispiel für Investoren oder Kunden, aber auch die branchenspezifische Methodik und die Schwerpunkte, die das Unternehmen für sich sieht, berücksichtigen. So ist in vielen Branchen bei ISS ESG ein stärkerer Fokus auf die Umweltfaktoren zu sehen, während Sustainalytics häufiger einen Schwerpunkt auf Governance setzt.
Für den Ratingprozess sollte ein Unternehmen im Regelfall zwei Monate einplanen, wobei die aktive Beteiligung des Unternehmens am Prozess kürzer ist. Die Kosten für das Rating und die Lizenzierung für ein Finanzinstrument sind abhängig von der Ratingagentur, liegen jedoch unter den Kosten eines Kreditratings.
Nachdem die Ratingagentur die öffentlich verfügbaren Informationen des Unternehmens und externe Quellen in einem Entwurf verarbeitet hat, ist es dem Unternehmen möglich, das Rating im Detail zu kommentieren. Mit einem guten und zielgerichteten Feedback kann das Unternehmen sein Rating in diesem Rahmen verbessern. Banken unterstützen ihre Firmenkunden, so beispielsweise die Raiffeisen Bank International den Nahrungsmittel und Industriegüterkonzern Agrana, im Rahmen einer Finanztransaktion als Sustainability Structurer bei der Auswahl des Ratings und auch im weiteren Prozess.
Autor
Benjamin Wohnhaas arbeitet im Sustainable-Finance-Team bei der Raiffeisen Bank International AG in Wien.
Jasmin Rehne ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die Themen Controlling, Gehalt und Personal. Sie hat in Marburg Sprache und Kommunikation studiert. Neben ihrem Studium arbeitete Jasmin Rehne bereits als studentische Hilfskraft bei FINANCE.