Joint Venture in der Krise

Joint Ventures bieten den beteiligten Unternehmen in der Regel zahlreiche Vorteile. Doch kommt einer der Partner in wirtschaftliche Schwierigkeiten, sollten die übrigen schnell reagieren.

Joint Ventures in Schönwetterzeiten bieten enorme Vorteile: Die Partner erzielen Geschwindigkeitsvorteile im Wettbewerb und erweitern quantensprungsprunghaft ihren Markt bei geteilten Forschungsaufwendungen und Risiken. Auch Synergien, Technologietransfer und eine Portfoliodiversifikation sind strategische Vorteile eines Joint Ventures.

Das Management eines solchen Unternehmens ist dennoch schon im Alltag eine Herausforderung – die JV-Partner bleiben rechtlich und wirtschaftlich unabhängig. Noch problematischer wird es, wenn einer der Joint-Venture-Partner in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät.

Wirtschaftliche Schwierigkeiten eines Joint-Venture-Partners wirken sich unvermeidbar auf das Unternehmen aus. Der betroffene Partner mag wegen anderweitig ausgelasteter Managementkapazitäten der Geschäftsentwicklung des Gemeinschaftsunternehmens nicht die nötige Aufmerksamkeit widmen. Er mag finanzielle Mittel, die er dem Joint Venture zugesagt hat, nicht rechtzeitig oder nur in deutlich geringerem Umfang aufbringen können. Oder er kann einen Käufer für seine Beteiligung an dem Joint Venture suchen, um sich dauerhaft seiner konsortialvertraglichen Pflichten zu entledigen und – im Idealfall – einen hohen Kaufpreis für seine Beteiligung an dem Gemeinschaftsunternehmen zu erzielen.

Schon dann, wenn dem Gemeinschaftsunternehmen zugesagte finanzielle Mittel nur noch spärlich fließen, spätestens aber bei Verkaufsbestrebungen stellt sich für die übrigen Joint-Venture-Partner die entscheidende „Was nun?“-Frage.

Risikofaktor Insolvenz

Ist die Insolvenz des wirtschaftlich strauchelnden Geschäftspartners nicht auszuschließen, besteht das greifbare Risiko, dass bald ein Insolvenzverwalter mit am Tisch der Joint-Venture-Gesellschafter Platz nimmt. Die Beteiligung an einem Joint Venture fällt zweifelsohne in die Insolvenzmasse, die von einem Insolvenzverwalter in Beschlag genommen und verwaltet wird.

Im Rahmen des Joint Ventures übt der Insolvenzverwalter sämtliche Rechte aus, die dem dann insolventen Partner aufgrund Konsortialvertrags, Satzung der Gesellschaft und Gesetzes zustehen. Da das Interesse des Insolvenzverwalters auf Befriedigung der Gläubiger ausgerichtet ist, kann seine Agenda aber deutlich von der des nunmehr insolventen Partners abweichen.

Noch greifbarer wird dieses Risiko, wenn der Insolvenzverwalter Verwertungsüberlegungen für den Joint-Venture-Anteil anstellt. Er könnte nämlich, ohne an Vinkulierungsklauseln in der Satzung gebunden zu sein, den Anteil an einen Käufer veräußern, der den übrigen Partnern nicht genehm ist. Auch etwaigen Veräußerungsbeschränkungen, die im Konsortialvertrag der Joint-Venture-Partner festgelegt sind, könnte der Insolvenzverwalter voraussichtlich erfolgreich entgegenhalten, dass dem Verwertungsinteresse der Insolvenzgläubiger der Vorrang zukommen muss.

In einem solchen Szenario würden sich die übrigen Partner nur auf solche Vertragsklauseln verlassen können, die den Ausschluss des insolventen Partners gegen Zahlung einer grundsätzlich vollwertigen Abfindung für seinen Anteil vorsehen. Abgesehen davon, dass nicht alle Satzungen und Konsortialverträge für diesen Fall hinreichend Vorsorge treffen, ist jedoch die Liquiditätsbelastung für die Abfindung der Insolvenzmasse durch das Joint Venture und/oder seine Partner zu stemmen.

Bei der Frage „Was nun?“ müssen die Joint-Venture-Partner also zwei Szenarien abwägen: „Was kostet uns die Unterstützung unseres strauchelnden Partners?“ in Szenario 1 versus „Welche Risiken gehen wir ein, wenn ein Insolvenzverwalter eine neue Agenda verfolgt und wir ihn gegebenenfalls herauskaufen müssen?“ in Szenario 2. Dabei kommen sowohl wirtschaftliche als auch rechtliche und zeitliche Aspekte zusammen. Bringt ein Joint Venture schon im geschäftlichen Alltag Herausforderungen mit sich, potenzieren diese sich, sobald ein Partner seinerseits in wirtschaftlich unruhiges Fahrwasser gerät.

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