Für viele Finanzabteilungen stellt sich die Frage, ob und auf welche Weise Konzernfinanzierungen mit den Nachhaltigkeitszielen des eigenen Unternehmens verbunden werden können. Bei dieser Suche stoßen sie unweigerlich auf ein Produkt, das seit 2017 am Markt ist und seitdem einen unvergleichlichen Boom erlebt hat: Sustainability-linked Loans (SSL), die manchmal auch als ESG-linked, SDG-linked oder Positive Incentive Loans bezeichnet werden.
Bei ihnen sind die Zinsmarge und eine etwaige Bereitstellungsprovision an die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen des Unternehmens gekoppelt. Erreicht ein Unternehmen bestimmte ESG-Ziele, reduziert sich die Zinsmarge; werden diese verfehlt, erhöht sie sich in der Regel. Einige Verträge sehen im Fall einer Verfehlung der Nachhaltigkeitsziele die Zahlung an eine gemeinnützige Organisation vor.
Durch dieses Bonus-Malus-System wird für den Kreditnehmer ein Anreiz geschaffen, vorab festgelegte Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Im Gegensatz zu Green Loans ist bei SSLs die Mittelverwendung nicht zweckgebunden und macht diese Kreditart zu einem äußerst flexiblen und attraktiven Instrument. So können zum Beispiel syndizierte Finanzierungen mit reinem Backup Charakter in Form eines SSLs ausgestaltet werden.
So kann man Nachhaltigkeit messen
Die Messung der Nachhaltigkeitsleistung des Unternehmens kann entweder durch ein ESG-Rating einer externen ESG-Ratingagentur oder durch selbstgewählte Nachhaltigkeitskennzahlen (Key Performance Indicators – KPIs) erfolgen.
Bei der Messung durch eine externe Ratinggesellschaft werden in manchen Fällen die Ratings von mindestens zwei Gesellschaften herangezogen, da ESG-Ratings eine eher uneinheitliche Ratingmethodik aufweisen, die häufig verändert wird. Die kreditgebenden Banken erhalten in der Regel von den Unternehmen sowohl das Ergebnis des ESG-Ratings oder den dazugehörigen Score als auch den gesamten ESG-Report.
Die Festlegung von auf das Unternehmen zu geschnitten KPIs zählt zu den herausforderndsten Aufgaben bei der Erstellung von SSLs. Die im Mai dieses Jahres aktualisierten Sustainabilitylinked Loans Principles (SLLP) der Loan Market Association sehen vor, dass ein Unternehmen KPIs aus wählen sollte, die wesentlich für die Nachhaltigkeits- und Geschäftsstrategie des Kreditnehmers sind. Explizit sollen die KPIs relevante klimabezogene, soziale und/oder Governance-Herausforderungen des Industriesektors ansprechen sowie der Kontrolle des Managements unterliegen, das heißt relevant, mess- oder quantifizierbar sowie gleichzeitig vergleichbar sein.
Dominierten anfänglich noch umweltbezogene KPIs, rücken nun immer mehr auch sozial oder Corporate-Governance-bezogene Kriterien in den Vordergrund. Unternehmen wählen in der Regel zwei bis drei geeignete KPIs aus, die gemäß der neusten Version der SLLPs von einer externen Partei in Form einer Second Party Opinion validiert werden können.
Ersparnis von Finanzierungskosten spielen untergeordnete Rolle
Bei der Ersparnis von Finanzierungskosten spielen SSLs bislang nur eine untergeordnete Rolle. Ein potentieller Zinsvorteil bewegt sich im Normalfall im Bereich von wenigen Basispunkten. Hauptmotiv für den Abschluss eines SSLs ist eher, dass das Unternehmen gegenüber seinen internen und externen Stakeholdern glaubwürdig das eigene ESG-Engagement darlegen kann.
Zudem haben viele Banken damit begonnen, ESG-Faktoren in ihren Kreditprozessen zu verankern. Dabei ist empirisch belegt, dass Kunden mit einem vorteilhaften ESG-Profil über eine bessere Bonität verfügen und somit bei der Kreditvergabe bevorzugt behandelt werden.
Autor
Andreas Meyer ist Managing Director im Bereich Global Client Coverage der BBVA in Frankfurt am Main.
Kontakt: andreas.meyer[at]bbva.com
Jasmin Rehne ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die Themen Controlling, Gehalt und Personal. Sie hat in Marburg Sprache und Kommunikation studiert. Neben ihrem Studium arbeitete Jasmin Rehne bereits als studentische Hilfskraft bei FINANCE.