Viele Jahre lang hatte die Bilanzpolizei DPR (Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung) die Bilanzierung von Goodwill verstärkt im Fokus. Nun zeigt die Veröffentlichung der neuen Prüfungsschwerpunkte für 2015, dass sich CFOs auf einige Änderungen einstellen müssen. Hinzu kommt: Stärker denn je tritt der europäische Einfluss zutage. Erstmals hat die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde Esma ebenfalls Prüfungsschwerpunkte vorgelegt, die neben den nationalen Schwerpunkten der DPR zu berücksichtigen sind.
So wird sich die DPR bei ihrer nächsten Prüfung in besonderem Maße mit der Bilanzierung von Joint Arrangements (Gemeinsame Vereinbarungen) beschäftigen. Darunter fallen die Rechnungslegungsstandards IFRS 10, 11 und 12. Diese müssen seit Januar 2014 erstmals angewendet werden. Es ist nicht das erste Mal, dass die erstmalige Anwendung neuer Bilanzierungsstandards anschließend im Fokus der Bilanzpolizei steht.
Für viele CFOs sind IFRS 10, 11 und 12 ein zentrales Thema, da sie regeln, wie der Umsatz von Töchtern und Gemeinschaftsunternehmen ausgewiesen werden soll. Einige Unternehmen mussten im Zuge der Einführung bereits erhebliche Umsatzeinbußen hinnehmen. „Die Unternehmen sollten die Anteilsbesitzliste durchgehen und die Kriterien der neuen IFRS für jede Beteiligung genau überprüfen“, sagt Michael Herr, Enforcement-Experte bei PwC. „Insbesondere sollten die relevanten Aktivitäten und der Unternehmen analysiert werden.“
DRP blickt auch auf latente Steuern
Ein weiterer Schwerpunkt werden Ansatz und Bewertung von latenten Steueransprüchen sein (IAS 12). Zwar waren latente Steuern auch in den vergangenen Jahren ein favorisierter Prüfaspekt der DPR. Jetzt könnte zusätzlich noch die nachlassende Konjunkturdynamik zum Tragen kommen, da sie dazu führen kann, dass viele europäische Unternehmen Verlustvorträge aufbauen, vermutet Michael Herr. Das Thema dürfte für deutsche Unternehmen aber nicht ganz so relevant sein wie für europäische Unternehmen, die stark unter der Krise in anderen Staaten des Euro-Raums leiden.
Zusätzlich zu diesen internationalen Prüfungsschwerpunkten hat die DPR zwei nationale Schwerpunkte festgelegt: Zum einen will sich die Bilanzpolizei genauer mit der Abbildung von Rechtsstreitigkeiten und den damit verbundenen Prozessrisiken beschäftigen (IAS 37 und DRS 20). Darunter fallen unter anderem die Rückstellungen für Prozessrisiken und die Berichterstattung über Prozessrisiken im Konzernlagebericht. „Aus dem Anhang muss deutlich hervorgehen, für welche Risiken Rückstellungen gebildet und für welche Risiken Eventualverbindlichkeiten angegeben wurden“, rät Bernd Kliem, Enforcement-Experte bei PwC.
Unternehmen sind besser auf die DPR-Prüfer vorbereitet
Dieser Aspekt könnte zum Beispiel für CFOs von Finanzdienstleistern oder Pharmaunternehmen von Relevanz sein, vermutet Michael Herr. Gerade Pharmaunternehmen könnten durch Klagen aus den USA vermehrt von Prozessrisiken betroffen sein. Als letzten Punkt will die DPR auch auf die Berichterstattung über die bedeutsamsten finanziellen und nicht-finanziellen Leistungsindikatoren im Konzernlagebericht genauer schauen (DRS 20 und DRS 17).
Traditionell orientieren sich die Prüfungsschwerpunkte der DPR an den gängigsten Fehlern in der Rechnungslegung der Unternehmen. Im vergangenen Jahr hatte die DPR ihren Fokus unter anderem auf Goodwill und Pensionsverpflichtungen gelegt. Ihr anschließender Tätigkeitsbericht fiel positiv aus: Insgesamt wurden 110 Prüfungen untersucht, die Fehlerquote sank von 16 Prozent auf 14 Prozent. Im Jahr 2011 hatte sie noch bei 25 Prozent gelegen – die Unternehmen scheinen inzwischen besser auf die Nachprüfungen durch die DPR vorbereitet zu sein.