Während viele CFOs sich jetzt in die stressige Zeit der Jahresabschlusserstellung 2015 stürzen, denkt die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) schon ein Jahr weiter: Sie hat jetzt die Prüfungsschwerpunkte für die Abschlüsse 2016 veröffentlicht. Fünf große Themen sind es, die die CFOs im nächsten Jahr besonders im Fokus haben müssen, wenn sie ihre Abschlüsse erstellen.
Ein Novum stellt schon direkt der erste Schwerpunkt dar: Die DPR wird genau prüfen, welchen Einfluss die derzeitigen Finanzmarktkonditionen auf den Abschluss haben werden. Konkret gemeint sind damit die Auswirkungen der Niedrigzinsen in Europa. Wie wirken sich die schwankenden Wechselkurse, die Länderrisiken oder Restriktionen beim Kapitaltransfer auf wesentliche Annahmen oder Schätzungen bei der Bilanzierung aus?
Betroffen sind davon unter anderem die Bilanzierungsstandards IAS 36 (Werthaltigkeitstest), IAS 37 (Bewertung langfristiger Rückstellungen) sowie IAS 19 (Pensionsrückstellungen). Gerade mit hohen Pensionsrückstellungen haben Unternehmen derzeit zu kämpfen, sie verhageln vielen die Bilanz – kein Wunder also, dass die Bilanzpolizei genau prüfen will, ob diese richtig dargestellt sind. Schließlich gibt es eine Reihe von Unternehmen, deren Bilanzen bei einer nochmaligen Höherbewertung der Pensionsrückstellungen aus dem Lot zu geraten drohen.
Bilanzpolizei DPR nimmt Fair Value unter die Lupe
Der zweite Schwerpunkt betrifft die Kapitalflussrechnung und die dazu gehörigen Angaben im Anhang. Wo weist man beispielsweise Cashflows aus, die im Zusammenhang mit der Kontrollerlangung beziehungsweise mit dem Kontrollverlust über ein Tochterunternehmen entstanden sind (IAS 7.39)? Unternehmen, die 2016 mit solchen Vorfällen konfrontiert sein werden, sollten hier besonders sorgfältig sein.
Der dritte Schwerpunkt bezieht sich auf das schwierige Thema Fair Value und die dazugehörigen Anhangangaben. Geprüft wird unter anderem, wie Unternehmen ihre Prämissen bei der Bemessung des Fair Value bei nicht-finanziellen Posten offenlegen. Dass das Thema Anhang so präsent ist, verwundert nicht: Fehler im Anhang und im Lagebericht gehörten zu den häufigsten Fehlerfeststellungen des vergangenen Jahres, zumindest in Deutschland. Schuld daran ist häufig eine Mischung aus Unwissen, Leichtsinn und schlechtem Zeitmanagement.
Diese drei genannten Schwerpunkte stammen von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde Esma. Seit dem vergangenen Jahr legt sie Schwerpunkte fest, die die DPR berücksichtigen muss. Der europäische Einfluss auf die deutsche Rechnungslegung zeigt sich hier immer stärker.
IFRS 15 ist zum ersten Mal Thema
Neben diesen drei vorgegebenen Schwerpunkten hat die DPR noch zwei weitere auf ihrer Liste: Zum einen das neue Thema Umsatzerlöse, das in den vergangenen Jahren noch nicht im Fokus stand. Relevante Themen sind unter anderem die Ertragsrealisierung (IAS 18) und die Prognose der künftigen Umsatzerlöse im Konzernlagebericht (DRS 20). Der Konzernlagebericht ist auch für die jetzt anstehenden Jahresabschlüsse ein Schwerpunktthema.
Zum allerersten Mal hingegen schaut die DPR 2016 danach, wie Unternehmen die möglichen Auswirkungen von IFRS 15 (Erlöse aus Verträgen mit Kunden) im Anhang darstellen. Dieser Standard hatte in den vergangenen Jahren hohe Wellen geschlagen, der Erstanwendungszeitpunkt wurde daraufhin auf das Jahr 2018 verschoben. CFOs sollten sich darauf einstellen, dass IFRS 15 von nun an öfter auf der Agenda der Bilanzpolizei stehen wird.
Bilanzierung bei M&A-Deals bleibt relevant
Der letzte Prüfungsschwerpunkt betrifft einen Klassiker: Das Thema Unternehmenszusammenschlüsse (IFRS 3) war auch schon unter den Schwerpunkten 2014 und 2012 zu finden. Bilanzierungsfehler bei M&A-Deals gehören ebenfalls zu den häufigsten Beanstandungen der DPR – kein Wunder, gelten die Bilanzierungsvorschriften in diesem Bereich doch als besonders komplex. Hier wird die DPR insbesondere auf Kaufpreisallokation und Impairment-Tests schauen.
CFOs, die sich von diesen Schwerpunkten nicht betroffen fühlen, sind gut beraten, sich dennoch nicht zurückzulehnen: Unabhängig von den gewählten Prüfungsschwerpunkten steht es der DPR frei, sich auch andere Themen genauer anzusehen. Wie die Unternehmen mit den Schwerpunkten im Jahr 2015 zurechtkamen, wird sich zu Beginn des neuen Jahres zeigen – dann nämlich veröffentlicht die DPR ihren neuen Tätigkeitsbericht.
Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.