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Groupon bekommt die Bilanzierung nicht in den Griff

Es geht auch mit Understatement: Auf die Unternehmenszentrale von Groupon weist nur ein kleines Schild hin. Quelle: Getty Images

Ende März musst das Gutscheinportal Groupon zähneknirschend seine Zahlen für das vierte Quartal 2011 korrigieren: Der Umsatz fiel um 14,3 Millionen Dollar geringer aus als gedacht, der Nettoverlust sprang von ursprünglich 43 auf 65,6 Millionen Dollar. Es hätten nach dem Weihnachtsgeschäft mehr Kunden als erwartet ihre Gutscheine zurückgegeben, außerdem hätte sich der Produktmix verändert, rechtfertigt sich das Unternehmen. Aktionäre haben jetzt eine Sammellage gegen das Unternehmen eingereicht. Der Vorwurf: Das Management und die Investmentbanken, die den IPO im letzten November begleitet haben, sollen bewusst falsche Ergebnisse publiziert und ungenaue Prognosen ausgegeben haben, um den Aktienkurs in die Höhe zu treiben.

Auch das öffentliche Echo auf die Bilanz-Panne  ist hart: Das Management hätte sich die Situation schön gerechnet, um den Investoren nach dem fulminanten, ambitioniert bepreisten Börsengang Fortschritte beim Weg in die Gewinnzone zu zeigen. Groupon gibt sich in der offiziellen Mitteilung einsichtig: Man habe erhebliche Schwächen bei der Führung der Bücher festgestellt, und die Finanzabteilung solle jetzt auch personell aufgestockt werden.
 
Wahrscheinlich ist, dass Groupon zum Opfer auch seiner eigenen Wachstumsstrategie geworden ist. Denn das Portal bietet nicht mehr nur Schnäppchen im Restaurant oder beim Friseur an, im Sortiment finden sich inzwischen auch Laseroperationen an den Augen und teure Reisen. Außerdem erstattet das Unternehmen seinen Gutscheinkunden einen Teil des Kaufpreises, wenn diese etwas an der Leistung des direkten Anbieters auszusetzen hatten. Folge: Die im Q4-Abschluss vorgenommenen Rückstellungen für die Retouren waren viel zu niedrig.

Ins Blaue geschätzt

Das Problem: Die US-GAAP-Bilanzierungsvorschriften helfen dem Konzern nicht weiter – dort heißt es auch nur, dass Rückstellungen nach dem Vorsichtsprinzip gebildet werden müssen. Auch Unternehmen mit vergleichbaren Geschäftsmodellen gibt es nicht. Dass die grobe Schätzung zugunsten der ausgewiesenen Gewinne ausfiel, kann Zufall sein. Dass die Investoren das anders sehen, daran hat Groupon selbst Schuld: Mit einer gewissen Kreativität bei der Buchführung hat Groupon bereits mehrfach die US-Börsenaufsicht SEC auf den Plan gerufen.
 
Einmal stand die Finanzabteilung in der Kritik, weil sie Marketingkosten nicht aus einer Gewinnkennzahl im Börsenprospekt heraus gerechnet hatte, ein anderes Mal musste der Umsatz neu definiert werden. CFO Jason Child hatte ursprünglich die Brutto-Umsätze ausgewiesen, die auch die Provisionen an die Partner einbeziehen. Gleichwohl existieren keine klaren Vorgaben für die Branche, die zwingend den Ausweis des Netto-Umsatzes vorschreiben.
 
Immerhin: Groupon gelobt Besserung und hat jetzt neben Ernst & Young auch KPMG an Bord geholt, um die Buchhaltung auf Vordermann zu bringen, in der vieles bis heute manuell gebucht wird. Ansonsten hält das Unternehmen seine Anleger und die Öffentlichkeit mit sehr vagen Ankündigungen hin: Wie genau die personelle Aufrüstung aussehen soll, bleibt im Dunkeln, auf FINANCE-Anfrage wollte Groupon sich dazu nicht äußern. Bei der Präsentation der Q1-Ergebnisse Mitte Mai wird das einstige Startup tiefergehende Erklärungen abliefern müssen. Sonst könnten die Investoren dem Internet-Star schon nach wenigen Monaten endgültig die kalte Schulter zeigen.

sarah.nitsche(*)finance-magazin(.)de

Info

Das Unternehmen

Groupon wurde 2008 in Chicago von Andrew Mason als Start-up gegründet. Mittlerweile ist das Unternehmen in 48 Ländern auf drei verschiedenen Kontinenten aktiv. Ende 2010 bot Google für eine Übernahme 6 Milliarden Dollar. Beim IPO im vergangenen November lag der Ausgabepreis der Aktie bei 20 Dollar. Noch am ersten Handelstag machte die Aktie einen Sprung auf über 26 Dollar, der Börsenwert wurde auf 13 Milliarden Dollar taxiert. Aktuell notiert das Papier noch bei knapp über 13 Dollar. Der Börsenwert liegt damit immer noch bei rund 8,3 Milliarden Dollar.