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Jahresabschluss: Deutsche CFOs werden immer langsamer

Kein Grund zur Eile: Lanxess ist im Dax das Schlusslicht im Reporting.
Lanxess

Schnelligkeit ist keine Stärke deutscher CFOs – zumindest wenn es um das Reporting geht: Die Dax-30-Konzerne benötigten im Schnitt 58,7 Tage, um ihre Jahresabschlüsse für 2014 vorzulegen. Alle in den deutschen Indizes gelisteten Unternehmen brauchten im Schnitt gar 72 Tage. Das geht aus einer Auswertung der Unternehmensberatung ifb hervor, in der weltweit das Reporting von gut 1.000 börsennotierten Unternehmen verglichen wurde und die FINANCE exklusiv vorliegt.

In der abgelaufenen Berichtssaison waren deutsche CFOs damit erneut deutlich langsamer als ihre internationalen Kollegen: Der globale Durchschnitt liegt wie im Vorjahr bei 51,2 Tagen. Die deutschen Konzerne haben sich dagegen um einen Tag verschlechtert, im Zehnjahresvergleich sogar um vier Tage. „Die Diskrepanz liegt vor allem daran, dass deutsche Unternehmen auf den letzten Meter Zeit verlieren“, sagt ifb-Direktor Jan Noeske. „Nach Einholung des Testats benötigen sie im Durchschnitt noch 12 Tage, um ihren Jahresabschluss durch den Aufsichtsrat und andere Gremien zu schleusen und druckfertig aufzubereiten.“ International erfolgt die Veröffentlichung dagegen in der Regel am darauffolgenden Tag.

Reporting im Dax: SAP top, Lanxess flop

Spitzenplätze bei der Reporting-Geschwindigkeit belegen vor allem angelsächsische Konzerne: In den USA sind Großunternehmen dazu verpflichtet, der US-Börsenaufsicht SEC nach 60 Tagen umfassend Auskunft über ihre finanzielle Situation zu erteilen – eine Vorgabe, die 76 Prozent aller in den Dax-Indizes geleisteten Konzerne derzeit nicht einhalten würden. „Dieser Druck fehlt in Deutschland völlig“, kritisiert Noeske. Er hat festgestellt, dass einige CFOs gar nicht den Willen haben, den Veröffentlichungsprozess zu beschleunigen: „Solange Investoren die Langsamkeit tolerieren, sehen einige keinen Bedarf, schneller zu werden.“

Anders ist das bei SAP: CFO Luka Mucic konnte die Zahlen für 2014 bereits nach 20 Tagen vorlegen. Damit ist er noch einmal einen Tag schneller als sein Vorgänger Werner Brandt im Geschäftsjahr 2013. Der Softwarekonzern ist erneut Spitzenreiter in Deutschland – für einen Global Player bei ERP-Systemen, der noch dazu auch an der New Yorker Börse notiert ist, offenbar eine Selbstverständlichkeit.

Die größte Verbesserung legte der Konsumgüterkonzern Beiersdorf hin: Bei seinem letzten Jahresabschluss vor dem Ruhestand verkürzte der langjährige CFO Ulrich Schmidt den Reporting-Zeitraum um 19 auf 44 Tage. Schlusslicht im Dax ist dagegen der Spezialchemiekonzern Lanxess: Ex-CFO Bernhard Düttmann benötigte 78 Tage.

Finanzverantwortliche unzufrieden mit Reporting

Viele Finanzverantwortliche hadern selbst mit der Erstellung des Konzernabschlusses: Nur 5 Prozent der Konzerne sind mit dem Zusammenspiel der einzelnen Prozessschritte – Datenerfassung, Einzelabschluss, Konsolidierung, Reporting – vollkommen zufrieden. Das geht aus einer weiteren Studie hervor, die FINANCE exklusiv vorliegt. Die Unternehmensberatung Horváth & Partners hat dafür gemeinsam mit der Deutschen Telekom 118 Unternehmen befragt. „Zahlreiche Unternehmen stellen derzeit ihr Group Reporting auf den Prüfstand“, sagt Markus Kirchmann, Partner bei der Unternehmensberatung. „Sie streben unter anderem eine höhere Standardisierung für die Steuerung und das Reporting an.“ 70 Prozent der Befragten haben außerdem Maßnahmen eingeleitet, um die Integration zwischen den Konzerneinheiten und dem Gesamtkonzern zu steigern.

Den wichtigsten Hebel zur Verbesserung sehen die Befragten allerdings in der Automatisierung der Schnittstellen, damit Daten schneller erfasst und weitergeleitet werden können. Das klingt weitaus einfacher, als es in der Praxis tatsächlich ist: „Viele Konzerne kämpfen derzeit noch mit heterogenen Prozessen, Stammdatenstrukturen und IT-Landschaften in den operativen Gesellschaften, so dass die Automatisierung teilweise sehr aufwendig ist“, erklärt Studienautor Florian Werner von Horváth & Partners.

Konzerne wollen IT-Landschaft und Reporting-Inhalte vereinheitlichen

Ziel ist daher bei vielen Konzernen vielmehr, die ERP-Landschaft zu harmonisieren – ein Projekt, das sich die Deutsche Telekom gerade auf die Fahnen geschrieben hat: „Wir wollen so die Basis schaffen, um unter anderem das interne und externe Reporting stärker zu integrieren und das Zusammenspiel zwischen Konzern, Segmenten und Gesellschaften zu verbessern“, sagt Jürgen Wittland, Geschäftsführer bei der Deutschen Telekom Accounting GmbH. „Hierdurch sollen Qualität und Effizienz in der Finanzberichterstattung weiter gesteigert werden.“ Ist die IT vereinheitlicht, fällt es leichter, auch Inhalte und Prozesse beim Reporting zu standardisieren.

Diese vertikale Integration – die inhaltliche Verzahnung zwischen Einheiten und Konzern – halten beinahe 90 Prozent der Befragten für eine wichtige Stellschraube, um das Group Reporting zu verbessern. Die Kombination von externer und interner Sicht kann laut Studie ebenfalls eine geeignete Maßnahme sein: 86 Prozent der Befragten, die beide Sichten integriert haben, geben an, mit ihrem Reporting zufrieden oder sogar sehr zufrieden zu sein. Bei Konzerne, die diese Perspektiven trennen, sind es dagegen nur 68 Prozent.

desiree.backhaus[at]finance-magazin.de