Der Vorwurf von Betrug, Untreue und Bilanzmanipulation schwebt bereits seit einem Jahr über dem insolventen Leuchtenhersteller Hess. In einem zivilrechtlichen Prozess wegen Insolvenzanfechtung musste der Insolvenzverwalter Volker Grub nun eine Niederlage einstecken: Das Landgericht Konstanz wies seine Klage gegen den ehemaligen Finanzvorstand der Hess AG, Peter Ziegler, und eine Hess-Tochter wegen angeblicher Scheingeschäfte zurück. Das bestätigte das Landgericht auf Anfrage von FINANCE.
Bei der Klage ging es um ein vermeintliches Verkaufskarussell, an dem Grub ein von ihm vermutetes Scheingeschäft des Leuchtenherstellers darstellen wollte: Im Mittelpunkt standen drei Maschinen, die zwischen Tochtergesellschaften der Hess AG weiterverkauft wurden und dabei stetig an Wert gewannen. Am Ende landeten sie bei der Mutter in der Bilanz und steigerten so das Anlagevermögen der Hess AG um 231.000 Euro. Der Zeitwert der Maschinen habe mit 30.000 Euro deutlich niedriger gelegen als der Bilanzansatz auf AG-Ebene.
Ex-CFO Peter Ziegler soll Verkaufskarussell organisiert haben
Wie die Stuttgarter Nachrichten schreiben, bekam Hess unter anderem dank der Besicherung mit diesen drei Maschinen einen Kredit der Deutschen Bank über 4 Millionen Euro. „Tatsächlich haben die Maschinen in Löbau ihren Standort nie verlassen“, sagte Insolvenzverwalter Grub gegenüber FINANCE. Es handelte sich seiner Auffassung nach um ein Scheingeschäft. Die Organisation dieses Kreislaufs schreibt Grub dem Ex-CFO Peter Ziegler zu. Denn der größte Teil der angeblichen „Wertsteigerungen“ der Maschinen soll bei GIF Metallguss angefallen sein – die Firma ist damit auch einer der größten Profiteure der Geschäfte. An dieser Firma hält Hess nur 20 Prozent. Eine Gesellschaft, deren Geschäftsführer Ziegler damals war, hält 40 Prozent.
Das Landgericht Konstanz sah den Fall offenbar anders. Es gebe Rechnungen, die in den Abschlüssen der beteiligten Tochterunternehmen enthalten, bezahlt und steuerlich berücksichtigt worden seien, stellte der vorsitzende Richter Hans Störzbach nach Angaben des Schwarzwälder Boten fest. Damit sei dieser im Kreis gelaufene Verkauf also juristisch betrachtet durchaus ein realer Vorgang, der nicht den Tatbestand eines Scheingeschäfts erfülle. Der Wertgewinn der drei Maschinen sei nicht Grundlage der juristischen Betrachtung.
Gegenüber FINANCE kritisierte Grub dieses Urteil scharf: „Das Landgericht hat sich auf einen völlig formalen Standpunkt zurückgezogen.“ Er kündigte an, beim Oberlandesgericht in Karlsruhe in Berufung gehen zu wollen: „Würde das Urteil des Landgerichts Konstanz rechtens sein, so würde dies jeglichem Missbrauch Tor und Tür öffnen. Das Landgericht hätte würdigen müssen, für welchen Zweck die Rechnungen erstellt wurden.“
Die strafrechtlichen Ermittlungen der Mannheimer Staatsanwaltschaft wegen Bilanzmanipulation sind von dem Urteil nicht berührt. Der Fall Hess wird die Gerichte noch eine Weile beschäftigen.